Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing soll als Generalsekretär die FDP wieder sichtbarer machen. Er steht für einen klaren marktliberalen Kurs – aber er weiß auch, wie man mit SPD und Grünen regiert.

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Linda Teuteberg hat dieser Posten keinerlei Glück gebracht: Beim FDP-Parteitag am Wochenende wird sich die Generalsekretärin nach nur 17 Monaten aus dem Amt zurückziehen. Doch für viele ihrer Vorgänger war der Posten ein Sprungbrett für höhere Aufgaben: Dirk Niebel und Irmgard Schwätzer wurden später Bundesminister, Guido Westerwelle sogar Vizekanzler. Und auch der heutige Parteichef Christian Lindner war einmal Generalsekretär. Wer weiß, wo das Amt Volker Wissing noch hinführen wird.

Wenn es gemäß dem Tagesspiegel nach Christian Lindner geht, soll der 50-jährige Jurist Wissing am Wochenende zum neuen FDP-Generalsekretär gewählt werden. Seine Vorgängerin Teuteberg hätte gerne weitergemacht, musste sich aber auf Druck von Lindner zurückziehen.

Der Parteichef soll mit der eher ruhigen Art der Generalsekretärin nicht zufrieden gewesen sein, hieß es in den Medien. Von Volker Wissing erwartet er nun offenbar, dass er die Liberalen wieder sicht- und hörbarer macht. Außerdem ist er als Finanz- und Wirtschaftsexperte bekannt – und als geschliffener Redner.

Architekt einer Ampel-Koalition

Berlin ist für den gebürtigen Pfälzer und ehemaligen Richter kein unbekanntes Pflaster. Seit 2013 ist er Beisitzer im FDP-Präsidium, 2004 bis 2013 saß er für die Liberalen im Bundestag, war finanzpolitischer Sprecher und stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Als die Liberalen 2013 aber den Wiedereinzug in den Bundestag verpassten, ging er zurück in seine Heimat Rheinland-Pfalz und arbeitete zunächst als Anwalt.

Bei der Landtagswahl 2016 führte Wissing als Spitzenkandidat die FDP dort zurück in den Landtag und dann auch noch in eine ungewöhnliche Regierungskonstellation: Mit SPD und Grünen schmiedete er eine Ampel-Koalition, die derzeit einzige in einem deutschen Bundesland. Wissing, der in einem Winzerbetrieb aufgewachsen ist, wurde Stellvertreter von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau.

Trotz der politischen Unterschiede loben die Regierungspartner die Stimmung in der Ampel-Regierung. Jede Partei hat ihr Betätigungsfeld: Die FDP gibt Geld für den Straßenbau aus, die Grünen setzen eine offene Flüchtlingspolitik um. Trotzdem soll es Wissing schon länger nach Berlin gezogen haben. Der Liberale habe in dem ungewöhnlichen Bündnis einen respektablen Wirtschaftsminister abgegeben, schreibt die FAZ über ihn: "Doch vermochte es Wissing nicht, eine gewisse Unterkühltheit abzulegen und Begeisterung für die Landespolitik zu versprühen. Die Herzen der Menschen habe der Minister nie erreicht, heißt es in Mainz."

Doppelbelastung bis zur Landtagswahl

In Rheinland-Pfalz versteht sich Wissing als Partner der Wirtschaft. Bei Auftritten in Unternehmen sagt er gerne, man könne sich jederzeit bei ihm melden, wenn es Probleme gebe. Auch als Generalsekretär wird er wohl für einen klaren marktliberalen, wirtschaftsfreundlichen Kurs stehen.

Doch Wissing schlägt bisweilen auch Töne an, die eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen auch auf Bundesebene möglich erscheinen lassen. Auf Twitter schrieb er im August, Freiheit lasse sich nicht auf Marktwirtschaft und Steuern reduzieren. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" machte er in dieser Woche klar, dass Klimaschutz auch für die FDP ein Thema sei. Und dann ist da noch ein Tweet, den er ausgerechnet am Tag seiner Nominierung absetzte: "Die CDU nach so langer Zeit abzulösen, könnte ein wichtiges Signal des Aufbruchs für unser Land sein."

Ob eine Ampel-Koalition auf Bundesebene wirklich eine Option ist, hängt aber auch davon ab, ob die FDP den Wiedereinzug in den Bundestag schafft. Derzeit verorten Umfragen sie nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. Volker Wissing wird sich jedenfalls auf einen sehr vollen Terminkalender in den kommenden Monaten einstellen müssen. Bis zum Ende der Legislaturperiode in Rheinland-Pfalz im März 2021 will er parallel zum Amt des Generalsekretärs auch Wirtschaftsminister in Mainz bleiben.

Verwendete Quellen:

  • Twitter-Account von Volker Wissing https://twitter.com/Wissing
  • FAZ.net: Kein Politiker der Herzen
  • Süddeutsche.de: „Klimaschutz ist ein Freiheitsthema“
  • Tagesspiegel.de: Christian Lindner und die Führungsfrage
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