Mit dem Sieg im Swing State Florida sichert sich Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl in den USA wichtige Stimmen von 29 Wahlleuten. Noch ist unklar, ob Trump im Amt bleibt – auf jeden Fall aber schneidet er besser ab als zuletzt erwartet. Und dazu haben – gerade in Florida – die Einwanderer aus spanischsprachigen Ländern, die Hispanics, ihren Anteil beigetragen. Wie kommt es, dass auch Menschen Trump wählen, von denen der Präsident seit Jahren immer wieder ein schlechtes Bild zeichnet?
Insgesamt sind in diesem Jahr 32 Millionen Latinos in den USA wahlberechtigt. Sie spielen vor allem in Staaten wie Florida, Texas, Nevada und Arizona eine wichtige Rolle. Ihre Bedeutung als Wähler ist in den vergangenen 20 Jahren enorm gestiegen: Die Zahl aller Wahlberechtigten in den USA ist nach Angaben des Pew Research Center zwischen 2000 und 2018 um 40,3 Millionen Menschen gewachsen – 39 Prozent davon sind Hispanics.
Ihr Anteil an allen Wahlberechtigten liegt aktuell bei 13,3 Prozent, jedoch beteiligen sie sich im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen traditionell eher schwächer an Wahlen, 2016 mit 48 Prozent.
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Viele Anhänger der Demokraten
Fast zwei Drittel (63 Prozent) der eingetragenen Wahlberechtigten unter den Hispanics haben sich als Anhänger der Demokraten registrieren lassen. Das sind allerdings weniger als unter Schwarzen (83 Prozent) und Asiaten (72 Prozent).
"Eine Mehrheit dieser Gruppe tendiert zwar zu den Demokraten, doch
Sowohl die Republikaner als auch die Demokraten haben sich mit spanischer Wahlwerbung an die Latinos gerichtet. Klar ist: Die Stimmen der Hispanics sind in den USA hart umkämpft. Und die Latinos sind keine homogene Gruppe, sondern Menschen mit völlig unterschiedlichen Biografien und politischen Ansichten.
Sozialismus als Wahlkampfthema
Das Pew Research Center fand 2018 etwa heraus, dass sich Wahlberechtigte puertoricanischer und mexikanischer Abstammung eher mit den Demokraten identifizieren, während eine Mehrheit der kubanischen Wahlberechtigten den Republikanern nahesteht.
"Es hat sich für
Gerade Exil-Kubaner bilden einen großen Teil der Hispanics in Florida – darunter viele Menschen, die wegen des Sozialismus ihr Heimatland verlassen haben.
Trump punktet mit konservativer Haltung
Trotzdem bleibt die Frage: Warum unterstützen von Rassismus betroffene Menschen einen Präsidenten, der immer wieder rassistisch auffällt? "Es gibt darauf keine einfache Antwort", schreibt die "New York Times".
Nicht nur die kubanischen und venezolanischen Exilanten in Südflorida unterstützen ihn, sondern auch evangelikale Latinos oder strenggläubige Katholiken mit hispanischen Wurzeln.
Auch wenn sie mit seiner Einwanderungspolitik nicht unbedingt einverstanden sind, so ist ihnen beispielsweise die konservative Haltung der Republikaner in der Abtreibungspolitik oder zur gleichgeschlechtlichen Ehe wichtig.
US-Wahl: Wirtschaft als wichtiger Faktor
Doch auch viele Hispanic-Männer, die zu keiner dieser Gruppen gehören, sprechen sich für Donald Trump aus. Aus Sicht einiger Demokraten könnte "Machismo-Kultur" ein Grund sein, traditionelle Geschlechterrollen und das Männlichkeitsbild, das Trump verkörpert.
Doch Meinungsforscher sehen einen anderen Grund: Diesen Männern seien Arbeitsplätze und Wirtschaft am wichtigsten – weit wichtiger als die Themen Einwanderung und Rassismus.
"Viele hispanische Männer konzentrieren sich einzig und allein darauf, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen, den sie an ihre Kinder weitergeben können", schreibt die New York Times.
Und vor der Corona-Krise ging es der US-amerikanischen Wirtschaft unter Trump vergleichsweise gut. Sein Stimmenanteil unter männlichen Latinos konnte er 2020 den ersten Umfragen zufolge von 32 (2016) auf 35 Prozent steigern. Doch auch unter den hispanischen Frauen legte er demnach von 25 auf 28 Prozent zu.
Biden gewinnt Arizona
In mehreren Staaten mit vielen mexikanischen Einwanderern setzte sich indes Joe Biden durch: in New Mexico und Kalifornien, aber auch in Arizona, das traditionell republikanisch war. Vor vier Jahren war der Bau einer Grenzmauer zu Mexiko Donald Trumps zentrales Wahlkampfthema.
Noch im Januar twitterte Trump seine Freude darüber, dass seine Umfragewerte bei Hispanics von 19 auf 50 Prozent gestiegen seien. "Das liegt daran, dass sie das Problem an der Grenze besser kennen als irgendjemand sonst. Und sie wollen Sicherheit, die nur mit einer Mauer erreicht werden kann."
Dem Pew Research Center zufolge fand aber 2018 die Hälfte der Latinos, ihre Situation habe sich seit Trumps Amtsantritt verschlechtert. Viele von ihnen machten sich Sorgen um drohende Abschiebungen von Verwandten und Freunden.
Joe Biden indes hatte im letzten Fernsehduell des aktuellen Wahlkampfes versprochen, sich für die Einbürgerung von elf Millionen Einwanderern ohne Papiere einzusetzen.
Nicht ausreichend mobilisiert?
Doch möglicherweise hat sein Engagement nicht gereicht: Schon im Mai sagten mehr als 20 Latino-Politiker, Gesetzgeber und Aktivisten, dass sie keine Strategie erkennen können, mit der Biden hispanische Wähler mobilisieren wird.
Und Alexandria Ocasio-Cortez, demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus mit puertoricanischen Wurzeln, äußerte sich am frühen Morgen auf Twitter: Sie habe schon lange davor gewarnt, dass die Demokraten bei diesem Thema verwundbar sind.
Alle weiteren Informationen zur US-Wahl finden Sie in unserem Live-Ticker.
Verwendete Quellen:
- Beitrag von Sarah Wagner auf dem Atlantischem Blog: "Augen auf dem Wahlabend"
- FAZ: "Retten die Latinos Trump?"
- Gespräch mit Sarah Wagner
- Pew Research Center: "The Changing Racial and Ethnic Composition of the U.S. Electorat"
- Pew Research Center: "More Latinos have serious concerns about their place in America unter Trump"
- Politico: "Biden´s Latino outreach is under fire: I can't tell what their strategy is"
- The New York Times: "The Macho Appeal of Donald Trump"
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