• Die alten Grünen-Chefs sind nun Minister und müssen die Parteiführung abgeben.
  • Neu gewählt sind die linke Sozialpolitikerin Ricarda Lang und der Realo-Außenpolitiker Omid Nouripour.
  • Das Duo unterstreicht beim Parteitag den Machtanspruch seiner Partei.

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Führungswechsel bei den Grünen: Nach der Bildung der Ampel-Bundesregierung hat die Partei einen neuen Vorstand gewählt. Das Vorsitzenden-Duo bilden nun Ricarda Lang und Omid Nouripour. Die beiden Bundestagsabgeordneten wurden bei einem Online-Parteitag am Samstag zu Nachfolgern von Annalena Baerbock und Robert Habeck als Parteivorsitzende gekürt. Lang erhielt nach Parteiangaben 75,93 Prozent der Stimmen, Nouripour kam auf 82,58 Prozent.

Die digitalen Voten müssen nun noch formal per Briefwahl bestätigt werden, was bis zum 14. Februar geschehen soll. Erst danach sind die Neuen auch formell im Amt.

Nouripour setzt sich gegen zwei Mitbewerber um Parteivorsitz durch

Die beiden bisherigen Parteichefs Baerbock und Habeck sind nun Minister in der neuen Regierung aus SPD, Grünen und FDP. Die jetzige Außenministerin und der Wirtschafts- und Klimaschutzminister hatten die Grünen im Tandem vier Jahre lang geführt und konnten nach den Regeln der Partei als Minister nicht Parteivorsitzende bleiben.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf Twitter mit Blick auf die neuen Grünen-Vorsitzenden, er freue sich darauf, gemeinsam am Fortschritt für Deutschland zu arbeiten. Lang trat ohne Gegenkandidatin an. Laut Satzung muss dem Führungsduo der Grünen mindestens eine Frau angehören. Um den zweiten Posten bewarben sich neben Nouripour auch Mathias Ilka aus Hessen, der 17 Stimmen erhielt, sowie Torsten Kirschke aus Berlin - er kam auf 60 Stimmen.

Das bislang beste Ergebnis bei einer Vorsitzendenwahl seit der Fusion von Bündnis 90/Die Grünen im Jahr 1993 hatte Annalena Baerbock bei ihrer Wiederwahl im November 2019 mit 97,1 Prozent eingefahren.

Neue Grünen-Chefin Lang: "Regieren ist doch kein Strafe"

Lang konnte wegen einer Corona-Infektion nicht auf der Bühne im Berliner Velodrom sprechen, wo ein überschaubarer Kreis von Spitzen-Grünen versammelt war. Die mehreren Hundert Delegierten waren online zugeschaltet. Lang wird dem linken Flügel der Partei zugerechnet. Sie war bisher Vizechefin. In ihrer Bewerbungsrede betonte sie, die Regierungsbeteiligung sei für die Grünen eine riesige Chance, auch wenn dabei Kompromisse notwendig seien. "Regieren ist doch keine Strafe, das ist eine riesengroße Chance", sagte sie. Die Verbindung von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit müsse zur Grundlage der Grünen-Politik gemacht werden.

Nouripour ist ein profilierter Außenpolitiker und sitzt seit 2006 als Abgeordneter aus Frankfurt am Main im Bundestag. Er wurde im Iran geboren und kam im Alter von 13 Jahren mit seiner Familie nach Deutschland. Er ordnet sich dem Realo-Flügel zu. In seiner Bewerbungsrede sagte er, sein Ziel sei es, die Partei voranzubringen, um "wieder in der K-Frage mitspielen zu können". Mit seiner Kandidatur wolle er Menschen mit Migrationsgeschichte motivieren, sich politisch zu engagieren.

Habeck und Baerbock in Parteirat der Grünen gewählt

Baerbock und Habeck wurden in den Parteirat der Grünen gewählt. Baerbock erhielt in einem Wahlgang zur Besetzung der für Frauen reservierten Plätze im Parteirat eine Zustimmung von 68,31 Prozent von 688 Delegierten. Habeck erzielte eine Zustimmung von 71,71 Prozent der 707 Delegierten, die sich am relevanten Wahlgang beteiligten.

Zur neuen Politischen Bundesgeschäftsführerin wurde Emily Büning gewählt. Die 36-Jährige wird Nachfolgerin von Michael Kellner, der mittlerweile Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium ist.

Der Parteirat berät den Bundesvorstand und koordiniert die Arbeit zwischen den Gremien der Bundespartei, den Fraktionen und den Landesverbänden. Von den 16 Mitgliedern werden 13 auf dem Parteitag gewählt. Die beiden Bundesvorsitzenden sowie die Politische Bundesgeschäftsführerin gehören dem Gremium aufgrund ihres Amtes an.

Bundesschatzmeister Urbatsch räumt Fehler bei Genehmigung von Corona-Boni ein

Der im Amt bestätigte Bundesschatzmeister Marc Urbatsch räumte im Rückblick Fehler bei der Genehmigung von Corona-Boni von 1500 Euro durch den Parteivorstand an sich selbst ein. "Klar ist: Mit dem Wissen von heute würden wir solch einen Beschluss nicht mehr fassen", sagte Urbatsch. "Parteiinterne Kritik daran ist nachvollziehbar und berechtigt." Wegen Anfangsverdachts der Untreue ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen den bisherigen Vorstand. Der Vorstand hat die Boni inzwischen zurückgezahlt, die Regeln wurden geändert.

Zur neuen stellvertretenden Vorsitzenden wurde Pegah Edalatian aus Nordrhein-Westfalen gewählt, zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden Heiko Knopf aus Thüringen.

Vor den Vorstandswahlen hatten die Grünen über die Rolle der Basis gestritten. In der Nacht zum Samstag entschieden die Delegierten allerdings, nicht zu einer bis 2003 geltenden Regel zurückkehren, die eine noch striktere Trennung von Parteiamt und Mandat vorsah als heute. (mt/dpa)

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