Drei Bewerber wollen CDU-Vorsitzender werden, doch wegen der Coronakrise ruht der interne Wahlkampf vorerst. Das Land habe andere Sorgen, meint auch die scheidende Chefin. Schon kommen Vorschläge, den Dreikampf zwischen Laschet, Merz und Röttgen ganz abzublasen.

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Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre Nachfolge-Bewerber Norbert Röttgen und Friedrich Merz kritisiert und deren Kanzlerfähigkeit indirekt infrage gestellt.

Röttgen hatte am Donnerstag seinen Vorschlag für einen Mitgliederentscheid über den Parteivorsitz erneuert. Merz machte am Freitag die Benennung der Leiterin seiner Bewerbungskampagne, der hessischen CDU-Bundestagsabgeordneten Patricia Lips, bekannt.

AKK-Kritik: "Wäre nicht meine Priorität"

"Die Kandidaten, die sich für den Parteivorsitz bewerben, werden auch unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, ob sie kanzlerfähig sind", sagte Kramp-Karrenbauer der "Welt am Sonntag". "Jeder muss selbst entscheiden, welchen Fragen er Priorität einräumt."

Dann fügte sie hinzu: "In einer Lage, in der das gesamte Land gezwungen ist, seine Schulen zu schließen, als allererstes daran zu denken, wie die CDU jetzt schnellstmöglich die Kandidatenfrage löst oder Kampagnen-Managerinnen vorzustellen, mag eine Priorität sein. Meine wäre es nicht." Nun müsse gelten: "Erst das Land, dann die Partei und dann die Person."

Um den CDU-Vorsitz bewirbt sich neben Ex-Umweltminister Röttgen und und Ex-Unionsfraktionschef Merz noch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet. Merz gilt als Favorit des Wirtschaftsflügels und vieler konservativer Christdemokraten.

AKK hätte auf Corona-Krise Rücksicht genommen

Wann der CDU-Parteitag mit der Wahl ihres Nachfolgers stattfinde, sei gegenwärtig von geringer Bedeutung, sagte Kramp-Karrenbauer.

"Angesichts der Corona-Lage ist das eine Frage, die die Menschen nicht interessiert. Ich führe meine Partei als Vorsitzende mit ganzer Kraft, bis der Nachfolger oder die Nachfolgerin gewählt ist."

Sie verneinte die Frage, ob sie ihren Rückzug auch dann angekündigt hätte, wenn sie gewusst hätte, wie heftig die Corona-Krise wird: "Nein. Ich hätte damit gewartet."

Söder warnt vor zu scharfem Rechtskurs im Wahlkampf

CSU-Chef Markus Söder warnte die Schwesterpartei davor, die politische Mitte zu verlieren. "Wenn man Kanzler werden will, muss man in NRW und in Bayern gut abschneiden. Es geht um eine klare Abgrenzung zur AfD, dabei darf man vor allem die Mitte nicht verlieren", sagte der bayerische Ministerpräsident der Funke-Mediengruppe.

Er erinnerte an den bayerischen Landtagswahlkampf 2018, als die CSU versucht hatte, mit einem scharfen Rechtskurs der AfD Boden zu entziehen. "Wir haben festgestellt, dass man in der Mitte mehr verliert, als man rechts zu gewinnen hofft." Er fügte aber auch hinzu: "Die Bindekraft der Union muss immer tief in der Mitte verortet sein, aber auch das konservativ-patriotische Spektrum einbinden."

Söder erklärte, an der Frage der künftigen Einigkeit werde die Führungsfähigkeit des neuen CDU-Chefs gemessen werden. "Wenn uns das nicht gelingt, gehen wir den Weg der SPD. Die wählt Vorsitzende und demontiert sie wenig später."

Röttgen: "Meine Kampagne hat Pause"

Mit der Absage des CDU-Parteitags infolge der Corona-Epidemie am Donnerstag hatten auch die drei Vorsitzbewerber ihre parteiinternen Kampagnen vorerst ausgesetzt, wie es hieß.

Röttgen sagte: "Bei aller Bedeutung, die die Zukunft der CDU für die Zukunft des Landes hat, müssen jetzt alle Fragen des Wohls einer Partei zurückstehen gegenüber dem Wohl des Landes. Meine Kampagne hat deshalb Pause."

Der "Bild am Sonntag" sagte er weiter: "Auf Deutschland kommt eine Dreifach-Krise zu. Die Corona-Epidemie trifft mit einem Wirtschaftsschock und einem ungelösten Flüchtlingsdrama zusammen. Eine solche Ballung von Problemen hat es in unserem Land seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht gegeben." Es gebe jetzt neue Prioritäten. "Ein parteiinterner Wettbewerb zählt nicht mehr dazu."

"Die Kandidaten müssen jetzt eigene Interessen zurückstellen"

Die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU und CSU (KPV) forderte eine gütliche Einigung der Bewerber. Nach einer außerordentlichen Sitzung des Bundesvorstandes mit den Kandidaten ermunterte die Vereinigung die Beteiligten nachdrücklich, das Bewerberverfahren gänzlich zu beenden und sich zu verständigen.

Der KPV-Bundesvorsitzende Christian Haase sagte: "Angesichts der Auswirkungen des Coronavirus auf das Leben der Menschen und die Wirtschaft in unserem Land versteht niemand langwierige Personaldiskussionen." Jetzt sei Gemeinschaft und Solidarität gefragt, auch in der CDU.

"Die Kandidaten müssen jetzt eigene Interessen zurückstellen", verlangte er. Die formelle Wahl könne dann regulär im Dezember stattfinden. "Die Beteiligten müssen sich unter der Moderation der Vorsitzenden von CDU und CSU zusammensetzen, bis weißer Rauch aufsteigt."

(hub/dpa)

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