Eine Koalition mit der Linken: In ostdeutschen Bundesländern ist das nichts Ungewöhnliches. Auch für Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther wäre eine Zusammenarbeit eine Option. Mit seinem Vorstoß tritt er so einiges los.

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Über Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther ist am Wochenende eine innerparteiliche Welle der Entrüstung losgebrochen. Ausgelöst haben das Gedankenspiele des CDU-Politikers zu Kooperationen mit der Linkspartei in Ostdeutschland.

Dort sei die Parteienlandschaft eben eine andere als im Westen, sagte Günther der "Rheinischen Post". "Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisch sein."

Günther: Wäre gut, auf Scheuklappen zu verzichten

Und weiter: "Wenn da vernünftige Menschen in der Linkspartei am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftigen Lösungen zu suchen", sagte Günther weiter.

Es wäre gut, auf Scheuklappen zu verzichten. Bei der AfD hingegen sei er skeptisch. "Mir fallen aus jedem Bundesland Äußerungen von führenden AfD-Politikern ein, wo jedes Gespräch vollkommen unmöglich ist."

Beifall wurde dem 45-jährigen moderaten Pragmatiker dafür von keiner Seite zuteil. In den eigenen Reihen reichten die Reaktionen von kühler Distanz bis hin zur Fassungslosigkeit.

Einer, der es besonders eilig hatte, war Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). CDU und Linkspartei trennten Welten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Deshalb ist das für die Union und erst recht für die CDU Hessen keine Option."

Günthers Wortmeldungen kann der Chef einer schwarz-grünen Koalition gar nicht gebrauchen, rund zwei Monate vor der hessischen Landtagswahl am 28. Oktober.

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Friedrich: "Teile der CSU scheinen politische Orientierung zu verlieren"

Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich meinte, "Teile der CDU scheinen völlig die politische Orientierung zu verlieren". In Bayern wird am 14. Oktober gewählt - allerdings ist die CSU einer Koalition mit der Linken gänzlich unverdächtig.

Der Chef der CDU-Jugendorganisation, Paul Ziemiak, kündigte an: "Die Junge Union wird alles dafür tun, dass es niemals eine Koalition der UNION mit den Linken geben wird. Koalitionen sind nicht nur eine Frage von rechnerischen Mehrheiten, sondern von Grundüberzeugungen."

Kritik auch von Kramp-Karrenbauer

Als die Diskussion voll entflammt war, schaltete sich auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ein. "Wir lehnen eine Zusammenarbeit mit Linken und AfD weiterhin klar ab. Es reicht nicht, wenn da der eine oder andere pragmatische Kopf dabei ist."

Günther, der eine geräuschlos arbeitende Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP führt, wurde offenbar unwohl: Er zog sich auf ein entschiedenes "Ja, aber" zurück.

"Eine Koalition mit der Linkspartei lehne ich entschieden ab", ließ er am späten Samstagnachmittag wissen. Seine Äußerungen hätten sich auf die konkrete Diskussion in der Union für den Fall bezogen, dass nach einer Landtagswahl keine Mehrheiten gegen Linke und AfD möglich seien.

Eine solche Situation sei der CDU vor zwei Jahren in Sachsen-Anhalt knapp erspart geblieben, so Günther. Wegen der Schwäche der SPD insbesondere im Osten sei die Gefahr dieses Szenarios weiter vorhanden. "Hier habe ich Verständnis für die Position von CDU-Politikern, die aufgeschlossen sind für Gespräche über eine inhaltliche Zusammenarbeit in Sachfragen, um Länder nicht unregierbar zu machen", führte er aus.

Die Linke ist in Ostdeutschland stark, war mittlerweile in allen ostdeutschen Bundesländern außer Sachsen schon Teil der Regierung - allerdings nie gemeinsam mit der CDU.

Andere Ausgangslage im Osten Deutschlands

Hinzu kommt: In Ostdeutschland liegt die SPD in vielen Regionen hinter der AfD. Der frühere Parteichef der Sozialdemokraten, Oskar Lafontaine (Linke), ätzte in der "Welt am Sonntag": "Blicken Sie nach Ostdeutschland: Dort ist die AfD mittlerweile die Partei der Arbeiter und der Arbeitslosen."

Da die Grünen zudem in den ostdeutschen Ländern (bis auf Berlin) nur knapp über der Fünf-Prozent-Marke liegen, bleiben der Union kaum potenzielle Regierungspartner.

Doch selbst im Osten fand Günther mit seinen Überlegungen keinen Zuspruch. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte die Positionen von CDU und Linken für "unvereinbar". Alexander Dierks, Generalsekretär der sächsischen CDU, sagte: Man habe eine Zusammenarbeit mit der Fortsetzungspartei der SED in den letzten fast 30 Jahren immer abgelehnt.

Der CDU-Chef in Mecklenburg-Vorpommern, Vincent Kokert, reagierte bedächtiger. Zwar fehlten für eine Koalition derzeit die politischen Schnittmengen. Er erlebe die Linke im Osten aber als relativ pragmatische Partei. "Viele ihrer Verantwortungsträger haben keinen Bezug mehr zum DDR-Unrecht."

Bei der Linken selbst hielt sich die Begeisterung in Grenzen. Linksfraktionschef Dietmar Bartsch erklärte: "Demokratische Parteien müssen prinzipiell gesprächsbereit sein, aber Union und Linke trennen in zentralen Fragen politische Welten."

Stegner und Lindner halten Günther Beliebigkeit vor

SPD-Vize Ralf Stegner und FDP-Chef Christian Lindner hielten Günther inhaltliche Beliebigkeit vor. "Früher rote Socken-Kampagnen gegen die SPD veranstalten, heute aus purem Machterhalt inhaltliche Beliebigkeit bis zum Abwinken sowie gerade im Osten Kapitulation vor den elenden Rechtspopulisten", twitterte Stegner.

Lindner sagte: "Wenn die Partei von Adenauer und Kohl mit der Partei des "demokratischen Sozialismus" koaliert, verliert sie ihre Seele. Und wer mit der FDP koaliert und zugleich mit der Linken liebäugelt, erreicht den Gipfel der Beliebigkeit."

Der brandenburgische CDU-Chef Senftleben, auf den Günther sich bezog, wollte sich zu der Debatte am Wochenende nicht äußern. Im Frühjahr hatte er sich offen für eine Koalition mit der Linken gezeigt, die auch aktuell an der Regierung in dem Bundesland beteiligt ist, wenn auch mit der SPD.

Seine Ankündigung, Gespräche mit der AfD zu führen, bekräftigte er im rbb nun mit Verweis auf den Wählerwillen. Koalieren wolle er mit der Partei aber nicht.  © dpa

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