Fast täglich kommen neue Details zu Verbindungen zwischen Mitarbeitern beziehungsweise Politikern der AfD und Ländern wie Russland und China zutage. Besonders die Europawahlkandidaten Krah und Bystron stehen im Fokus.

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Der wegen mutmaßlicher Spionage für China verhaftete Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah hat vor einigen Jahren versucht, für den Bundesnachrichtendienst (BND) zu arbeiten. Der Auslandsnachrichtendienst lehnte eine Zusammenarbeit mit Jian Guo nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur damals jedoch ab. Später wurde der Mann dem Vernehmen nach auch noch beim sächsischen Verfassungsschutz vorstellig, wo er aber ebenfalls nicht zum Zuge kam – auch weil man ihn für nicht zuverlässig hielt. Über die erfolglosen Bewerbungen von Guo, von dem sich Krah inzwischen getrennt hat, hatte zuvor die ARD berichtet.

Krah-Mitarbeiter Guo bewarb sich mehrfach bei deutschen Geheimdiensten

Der Generalbundesanwalt wirft dem am Montagabend in Dresden festgenommenen Guo Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall vor. Der Deutsche chinesischer Herkunft soll Informationen aus dem EU-Parlament weitergegeben und chinesische Dissidenten in Deutschland ausgespäht haben. Krah ist Mitglied in den Ausschüssen für internationalen Handel sowie in den Unterausschüssen für Menschenrechte sowie Sicherheit und Verteidigung. Außerdem ist er Teil der Delegation für Beziehungen zu den USA.

Guo, den er bereits seit vielen Jahren kannte, arbeitete ab 2019 in seinem Büro. Die AfD hat sich trotz des Vorfalls dazu entschlossen, mit Krah als Spitzenkandidat in den Europawahlkampf zu ziehen.

Abgeordnete genießen sowohl im Europäischen Parlament als auch im Bundestag große Freiheit bei der Auswahl ihrer Mitarbeiter. Eine Sicherheitsüberprüfung, in die auch der Verfassungsschutz einbezogen wird, gibt es für Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten nur dann, wenn sie in Ausschüssen Zugang zu Informationen erhalten sollen, die als Verschlusssache eingestuft sind. An dieser Hürde ist nach Informationen der "Welt am Sonntag" in der Vergangenheit eine Referentin des Arbeitskreises Auswärtiges der AfD-Bundestagsfraktion gescheitert. Sie darf daher nicht an Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses teilnehmen und sicherheitsrelevante Dokumente lesen.

Verfassungsschutz warnt regelmäßig

Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt deutsche Abgeordnete immer wieder vor Risiken der Spionage und Einflussnahme. Im Juli 2023 gab es etwa einen Hinweis des Inlandsgeheimdienstes an Politik und Verwaltung, in dem es um Methoden der Kommunistischen Partei Chinas zur Beeinflussung und Informationsbeschaffung ging.

Offiziell wollte sich der BND nicht zu der vergeblichen Bewerbung des mutmaßlichen Spions Guo als Mitarbeiter äußern. Ein Sprecher sagte, man nehme zu Angelegenheiten, die etwaige nachrichtendienstliche Erkenntnisse oder Tätigkeiten betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung. Der Bundesnachrichtendienst berichte zu entsprechenden Themen insbesondere der Bundesregierung und den zuständigen, geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden prüft in Zusammenhang mit möglichen Zahlungen aus Russland und China Ermittlungen gegen Krah. Die Vorermittlungen dienen der Prüfung, ob sich überhaupt ein Anfangsverdacht wegen eines strafbaren Verhaltens einer Abgeordnetenbestechung ergibt. Sollte sich ein Anfangsverdacht erhärten, könnte in der Folge ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass das EU-Parlament, dem Krah angehört, zuvor dessen Immunität aufhebt. Krah selbst bestreitet jedes Fehlverhalten.

Krah ist aber nicht der einzige AfD-Politiker, dem Verbindungen zu Russland oder China vorgeworfen wird. Dem AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, der auf Platz 2 der EU-Wahlliste der AfD steht, wird vorgeworfen, Verbindungen zu prorussischen Netzwerken zu pflegen und mögliche Geldzahlungen erhalten zu haben. Die Parteispitze steht weiter hinter den beiden Europawahlkandidaten.

Kreml hat Manifest zur AfD verfasst

Viel brisanter dürften jetzt allerdings Enthüllungen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" sein. Demnach hat sich die russische Regierung vor eineinhalb Jahren in einem Strategietreffen mit der Zukunft der AfD beschäftigt und im Anschluss ein "Manifest" mit Thesen zur deutschen Innenpolitik verfasst. Bei dem Treffen Anfang September 2022 im Kreml sei es darum gegangen, "ein neues Konzept für die Partei Alternative für Deutschland zu entwickeln", zitiert der "Spiegel" mit Verweis auf einen Vermerk eines westlichen Nachrichtendienstes.

Petr Bystron
Dem Europawahlkandidaten der AfD, Petr Bystron, wird Beziehungen zu prorussischem Netzwerk vorgeworfen. © picture alliance/dts-Agentur

In dem "Manifest" wurde dem Bericht zufolge ein düsteres Bild Deutschlands, insbesondere der wirtschaftlichen und sozialen Lage, gezeichnet und von einer zunehmenden Spaltung des Landes gesprochen. Ziel sei es gewesen, die Umfragewerte der AfD zu steigern "und bei Wahlen auf allen Ebenen eine Mehrheit zu erreichen", berichtet der "Spiegel" weiter. Den Auftrag habe den Erkenntnissen des nicht namentlich genannten Nachrichtendienstes zufolge einer der engsten Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin erteilt.

Der heutige AfD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Thüringen, Björn Höcke, habe im Oktober 2022 eine Rede in Gera gehalten, in der sich "bisweilen fast wortgleich" Inhalte aus dem "Manifest" wiedergefunden hätten, heißt es in dem "Spiegel"-Bericht. Demnach antwortete Höcke dem Magazin auf eine Anfrage: "Dasselbe ist nicht das Gleiche." Die AfD äußerte sich nicht dazu.

Bystron soll von prorussischem Manager Geschenke bekommen haben

Indes wurden auch weitere Details im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Geldannahme aus Russland gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Bystron bekannt. Dieser soll gegenüber dem Parteivorstand zugegeben haben, "kleine Pakete von dem prorussischen Medienmanager Artem Martschewskyj angenommen zu haben", berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf Teilnehmer des Gesprächs.

Martschewskyj soll für die Inhalte der russlandfreundlichen Plattform "Voice of Europe" verantwortlich gewesen sein und die Kontakte zu europäischen Politikern unterhalten haben. Bystron hat laut "Spiegel" gesagt, dass in den Paketen kein Geld gewesen sei – was aber Inhalt der Päckchen war, sagte er demnach nicht. Auf Anfrage des "Spiegel" sprach Bystron von einer "Kampagne", die bis zur Wahl von Medien "am Leben gehalten" werden solle. (afp/dpa/the)

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