Friedrich Merz besucht zum ersten Mal seit dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas Israel. Er wird von hochrangigen Gesprächspartnern empfangen – und sendet ein deutliches Signal. Indes wächst die internationale Kritik an Israels Vorgehen.
Unionsfraktionschef
Die Zivilbevölkerung werde von der Hamas als Schutzschild missbraucht, um die Bekämpfung des Terrors zu erschweren. "Insofern liegt es jetzt auch bei der Hamas, dafür zu sorgen, dass hier nicht noch mehr zivile Opfer zu beklagen sind", ergänzte Merz.
Merz gratuliert Netanjahu
Merz habe
Er habe mit Netanjahu auch über die humanitäre Lage der Menschen im Gazastreifen gesprochen. Hilfsorganisationen sprechen von einer katastrophalen Situation in dem Küstenstreifen und warnen vor dem Verlust weiterer Menschenleben, sollte Israel wie angekündigt in die Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten vordringen.
Angriffe auf Rafah dienen der "Bekämpfung des Terrorismus"
Die palästinensische Zivilbevölkerung werde vor militärischen Einsätzen gewarnt und per Telefon sowie Flugblatt aufgefordert, jene Gebiete zu verlassen, in denen dann militärische Aktionen stattfänden, sagte Merz. "Aber wahr ist auch: Es gibt zivile Opfer. Es wird auch weiter zivile Opfer geben." Zugleich betonte er: "Das Ziel, den Hamas-Terror endgültig zu besiegen, ist, glaube ich, ein sehr verständliches Ziel." Dem Nachrichtensender ntv sagte Merz: "Das ist kein Angriff auf Rafah. Sondern das ist eine weitere Bekämpfung des Terrorismus in dieser Region." Netanjahu habe ihm sehr glaubwürdig versichert, dass Israel alles tun werde, um die Zivilbevölkerung zu schützen.
Netanjahu habe sich zudem für die Unterstützung aus Deutschland und die klare Haltung der Unionsfraktion sowie der CDU bedankt, sagte Merz. Er habe Netanjahu bestätigt: "Wir stehen als Bundestagsfraktion und auch als Partei hinter dem Staat Israel, auch hinter der Regierung, die darum bemüht ist, diesen Konflikt jetzt wirklich zu beenden."
Netanjahu dankt Merz und Deutschland für die Unterstützung
Die Pressestelle der israelischen Regierung teilte mit, Netanjahu habe Merz für dessen unerschütterliche Unterstützung Israels und dessen Recht auf Selbstverteidigung sowie für das historische Bekenntnis Deutschlands zu Israel gedankt.
Am Nachmittag traf Merz Staatspräsident Izchak Herzog sowie Außenminister Israel Katz. Zudem waren während der zweitägigen Israelreise Gespräche von Merz mit Oppositionsführer Jair Lapid sowie Benny Gantz geplant. Gantz gehört dem israelischen Kriegskabinett an.
CDU-Chef: UNRWA muss Terrorbeteiligung widerlegen
Dem Nachrichtensender ntv sagte Merz mit Blick auf die Vorwürfe einer Zusammenarbeit von Mitarbeitern des UN-Palästinenserhilfswerks mit der Hamas, wenn UNRWA "nicht in der Lage ist, wirklich klar und deutlich jede Beteiligung an diesem Terror zu widerlegen, dann muss es andere Institutionen der Vereinten Nationen oder der internationalen Völkergemeinschaft geben, die die humanitäre Hilfe für diese Region in Zukunft leisten".
Das israelische Militär hatte nach eigenen Angaben kürzlich einen Hamas-Tunnel entdeckt, der unter dem Hauptquartier des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA in der Stadt Gaza verlaufen soll.
Merz besucht Krankenhaus in Jerusalem
Bei seinem ersten Besuch nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober besuchte der deutsche Oppositionsführer auch das größte Krankenhaus in Jerusalem. Der Fraktionschef wurde dort über die Arbeit des Krankenhauses nach dem Angriff der Hamas informiert.
Merz sagte anschließend, er habe auch mit einem Patienten gesprochen, der bei dem Militäreinsatz im Gazastreifen schwer verletzt worden sei. Zudem habe er die Mutter einer Familie mit vier kleinen Kindern getroffen, die bis heute darauf warte, dass ihr Mann aus der Geiselhaft der Terroristen der Hamas entlassen oder befreit werde. Bei den sehr persönlichen Gesprächen sei "die ganze Dimension dieses Konfliktes deutlich" geworden, sagte der CDU-Politiker.
Internationale Kritik an Israel wächst
Indes hat Großbritannien an Israel appelliert und vor einer möglichen Rafah-Offensive zum "seriösen Nachdenken" aufgefordert. "Wir sind sehr besorgt über das, was in Rafah geschieht", erklärte am Montag Außenminister David Cameron vor Journalisten. "Die Menschen, die sich dort befinden, sind oft bereits vier, fünf oder sechs Mal vertrieben worden. Sie können nirgends hin."
Auch das UN-Menschenrechtsbüro betrachtet die Lage in Rafah mit größter Sorge. "Mir fallen eigentlich keine Worte mehr ein, wie man die Situation zurzeit beschreiben kann", sagte UN-Hochkommissar Volker Türk am Montag im Ö1-Morgenjournal. In Rafah lebten heute 1,4 Millionen Menschen, vor Beginn der israelischen Angriffe seien es 300.000 gewesen. Die Menschen hätten dort nicht genügend zu essen und viele hätten erlebt, dass Familienangehörige getötet wurden. "In so einer Situation noch einen Angriff zu führen, da frage ich mich schon: Was muss noch passieren?", sagte Türk. "Ich habe sehr schwerwiegende Bedenken, dass das, was sich vor unseren Augen abspielt, noch verhältnismäßig ist."
Ankara kommentiert Israels Vorgehen mit deutlichen Worten
Die Türkei wirft Israel unterdessen erneut eine gezielte Vertreibung von Palästinensern vor. "Wir betrachten diese Operation als Teil eines Plans zur Vertreibung der Menschen in Gaza aus ihrem eigenen Land", teilte das Außenministerium in Ankara am Montag mit.
Man sei ebenfalls "äußerst besorgt" über die zunehmenden Angriffe in der Region Rafah. Damit werde die humanitäre Tragödie in Gaza noch verschärft und Bemühungen um einen dauerhaften Waffenstillstand in der Region untergraben.
Israel hat als Reaktion auf den Angriff der Hamas deren Vernichtung angekündigt. Bei dem massiven Militäreinsatz im Gazastreifen sind nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 28.300 Menschen getötet worden. Derzeit bereitet Israel in Rafah eine Militäroffensive vor. In dem Bereich suchen Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge Schutz. (AFP/dpa/lag)
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