Sandra Maischberger diskutierte am Dienstagabend mit ihren Gästen über die Politik der Ampel-Koalition mit Blick auf den kommenden Winter: "Reichen die Maßnahmen für den kommenden Winter?", wollte sie wissen und hatte zur Beantwortung der Frage auch Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) im Studio. Während Journalist Weimer dem Kanzler Scholz ein desaströses Zeugnis ausstellte, verpasste Moderatorin Maischberger es, an einer entscheidenden Stelle nachzuhaken.

Eine Kritik
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Nach mehr als 20 Stunden Verhandlungen kommt das dritte Entlastungspaket: Mit einem Volumen von 65 Milliarden Euro ist es doppelt so schwer wie die ersten beiden Pakete zusammen.

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Neben Einmalzahlungen für Rentner und Studierende enthält es auch einen Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger, Kindergelderhöhung und eine Strompreisbremse. Nach dem Lieferstopp von Gas durch die Pipeline Nordstream 1 hat Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) außerdem angekündigt, zwei Atomkraftwerke als Notreserve bereitzuhalten.

Das ist das Thema bei "Maischberger"

Maischberger stellte am Dienstagabend die Politik der Ampel auf den Prüfstand. "Reichen die Pläne der Ampel-Regierung, um Deutschland gut über den Winter zu bringen?", wollte sie von ihren Gästen wissen. Dabei ging es nicht nur um das dritte Entlastungspaket, sondern auch um die Atomkraftwerke als Notreserve, bevormundende Dusch-Tipps und den Mittelstand, der sich im Stich gelassen fühlt.

Das sind die Gäste

  • Robert Habeck (Die Grünen): "Als ich beim letzten Mal hier saß, hatte ich einen Kloß im Hals", gab der Vize-Kanzler zu. Zuletzt war er am 23. Februar, dem Vorabend des Kriegsbeginns, zu Gast gewesen. Amerikanische Geheimdienstler hätten ihm kurz zuvor einen Umschlag übergeben, in dem deutliche Hinweise auf den Angriffskrieg gewesen seien. Nun sagte er: Es wird ein harter Winter. Es wird ohne Frage politisch anspruchsvoll werden. Es werde mindestens preisliche Zumutungen für die deutsche Bevölkerung geben. Es müsse keine Insolvenzwelle geben, aber: "Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Unternehmen im Winter aufhören zu produzieren", sagte er.
  • Christian Wulff (CDU): Der frühere Bundespräsident sagte: "Spätestens seit dem Angriff der Russen beweist Selenskyj jeden Tag, dass er Diener seines Volkes ist." In Deutschland sei nun gar nicht so schwierig zu entscheiden, was politisch getan werden müsse, "sondern die Mehrheit im Volk dafür zu behalten", so Wulff. Mit allen Möglichkeiten müssten die Ukrainer unterstützt werden – mit Ausbildung, militärischer und finanzieller Unterstützung. Man müsse auch auf Xi Jinping zugehen, damit es zu Verhandlungen komme.
  • Petra Gerster: "Man muss sich immer wieder bewusst machen, warum das passiert", sagt die ZDF-Journalistin über die Krisenerscheinungen wie steigende Preise. Sie erinnerte: "Wenn wir jetzt etwas Wohlstandsverlust hinnehmen müssen, können wir damit auch zeigen, dass wir solidarisch sind mit den Ukrainern und dass wir auch gelernt haben, dass Freiheit einen Preis hat." Die deutsche Politik und ihre Entlastungspakete zeigen Putin: "So einfach wird es nicht, uns in die Knie zu zwingen."
  • Wolfram Weimer: Über das Entlastungspaket sagte der Journalist: "Es ist eine Mogelpackung, die 65 Milliarden sind keine Entlastung." Die Steuereinnahmen würden eskalieren, der Staat sei bislang der größte Übergewinner. "Es ist ein Umverteilungspaket von der rechten in die linke Tasche. Es wäre einfacher gewesen, die Steuern zu senken", sagte er.
  • Melanie Amann: "Das ist ein fauler Kompromiss", kommentierte die "Spiegel"-Journalistin die Weiternutzung von zwei Atomkraftwerken. Es sei die teuerste Lösung beim geringsten Ertrag. "Warum sagt man nicht, wir ziehen es durch und machen es ein Jahr lang? Aber für zwei Monate?", fragte sie.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Es war der Moment der Sendung, weil Wulff damit noch einmal aufzeigte, warum der Krieg in der Ukraine auch uns betrifft. Er sagte: "Der Revisionismus, dieses Infragestellen von Grenzen, dieses Rückabwickeln von Dingen, die man schon einmal vereinbart hat – wenn das Schule macht, führt das zu Krieg in der ganzen Welt. In Afrika sind alle Grenzen willkürlich gezogen. Wenn da gesagt wird, wir wollen aber wieder etwas korrigieren, dann haben wir ganz Afrika in Flammen. Wir müssen dem Einhalt gebieten."

Wulff war sich sicher: "Das Jahr 2022 wird später in den Geschichtsbüchern eine zentrale Bedeutung darin spielen, wie die Welt darauf reagiert und wo sie nachgibt und wo sie steht."

Geheimdienstexperten: Mangel an Aufklärungsdrohnen schränkt Militär ein

Mitteilung auf Twitter "Angesichts von Verlusten auf dem Schlachtfeld ist es wahrscheinlich, dass Russland Schwierigkeiten hat, seine Bestände an unbemannten Luftfahrzeugen aufrechtzuerhalten." (Teaserbild: dpa / Kostiantyn Liberov/AP/dpa)

Das ist das Rede-Duell des Abends

Beim Rede-Duell des Abends stritten die Journalisten Weimer, Gerster und Amann über die Performance des Kanzlers Olaf Scholz (SPD). Weimer hatte Scholz als "den schlechtesten Kanzler aller Zeiten" bezeichnet und erläuterte: "Wir hatten immer zur richtigen Zeit die richtige Figur." Es seien große Figuren gewesen – Adenauer, Brandt, Kohl. "Die haben wichtige historische Weichenstellungen gehabt."

Schmidt, Schröder und Merkel hätten Krise besonders gut gekonnt. "Wenn ich jetzt diese Regierung beobachte und diesen Kanzler, dann frage ich mich: Wie sortiert sie sich da ein?" Er fühle sich an Kurt-Georg Kiesinger erinnert, der sei ein Übergangskanzler gewesen. "Mich überzeugt das Krisenmanagement der Regierung weder außenpolitisch noch wirtschaftspolitisch", bilanzierte er.

Da hakte Gerster ein: "Aber es ist doch viel zu früh, um so ein Urteil zu fällen. Ich finde das wahnsinnig ungerecht." Weimer entgegnete: Die große Mehrheit der Deutschen hat das Urteil auch schon gefällt!" Amann pflichtete ihr bei: "Ich finde das Urteil auch ein bisschen früh. Nach einem halben Jahr zu sagen: 'Der ist der größte Looser', weiß ich nicht..." Scholz sei allerdings mit der Haltung in das Amt gegangen: "Ich bin der am besten vorbereitete Kanzler, den es jemals gab." Dann sei in der Außenpolitik die größte Krise gekommen.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Gemische Bilanz für Maischberger: Ihr gelang die richtige Mischung an Fragen: Eine persönliche Note brachten Fragen wie "Wie groß ist Ihre Sorge?" in Richtung Journalistin Gerster. Die Debatte voran brachten hingegen Fragen wie "Wie kalt kann es im Winter in deutschen Wohnungen werden?"

Außerdem wollte Maischberger von Habeck wissen: "Wo sind wir jetzt in der Phase dieses Kriegsgeschehens?" und "Verstehen Sie, dass die Menschen sich über diese Art der Bevormundung ärgern?" als es um Energiespartipps ging. An einer entscheidenden Stelle verpasste Maischberger aber, nachzufragen. Nämlich als Habeck sagte, es werde im Winter mindestens "preisliche Zumutungen" für die deutsche Bevölkerung geben. "Was heißt mindestens?" hätte sicherlich viele interessiert.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Die zu Beginn der Sendung aufgeworfene Frage, ob die Maßnahmen der Ampel-Koalition für den Winter ausreichen, konnte das Studio nicht eindeutig beantworten. Deutlich wurde aber, dass die Variablen, von denen es abhängt, die folgenden sind: Politische Kommunikation – die Regierung muss ihre Maßnahmen immer wieder erklären. Solidarität – die Bevölkerung darf nicht aus den Augen verlieren, wofür es die Einschränkungen in Kauf nimmt. Energiesparmaßnahmen – noch immer zählt jede Kilowattstunde und nach diesem Winter wird es einfacher.

Verwendete Quelle:

ARD: Sendung "Sandra Maischberger" vom 06.09.2022


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