Bei "Hart aber fair" ging es am Montagabend um die Lehren aus den drei Wahlen in Ostdeutschland und den Blick in die Zukunft: Wie geht es nun weiter? Während die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sich mehrmals mit Soziologin Katharina Warda in die Haare kriegte, sorgte eine Fleischereifachverkäuferin aus Ostdeutschland für den Moment der Sendung.

Eine Kritik
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Bei der Wahl in Brandenburg hat es die SPD vor die AfD geschafft. Die CDU fährt ein historisch schlechtes Ergebnis ein, das BSW wird aus dem Stand drittstärkste Kraft. Kommt man beim Regieren künftig nicht mehr an Wagenknecht vorbei? Eine der Fragen bei "Hart aber fair".

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Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

Die drei Wahlen in Ostdeutschland sind gelaufen, in allen drei Bundesländern hat die AfD starke Ergebnisse eingefahren, alle drei Bundesländer stehen vor schwierigen Koalitionsbildungen. "Wie zerrissen ist unser Land?", fragte Moderator Louis Klamroth daher. Im Fokus standen dabei mögliche Koalitionsoptionen, das schlechte Ansehen der Ampel und die Frage, was gegen den Frust der Bevölkerung getan werden kann.

Das sind die Gäste

  • Kevin Kühnert (SPD): "Die Schwankungen von Wahl zu Wahl werden immer stärker. Ausschläge wie Personen, strategische Aspekte und einzelne programmatische Aspekte werden wichtiger in der Wahlentscheidung", analysierte der Generalsekretär.
  • Sahra Wagenknecht (BSW): "Wenn man jemanden, der sagt, wir müssen die unkontrollierte Migration stoppen und die Zahlen der Zuwanderung regulieren, als Rassisten diffamiert, dann diffamiert man den größten Teil der Bevölkerung als Rassisten", so die Parteivorsitzende. Natürlich gebe es in der AfD Rassisten, Höcke sei das beste Beispiel dafür – bei sachlichen Analysen der aktuellen Überforderung sei das aber unangebracht. Diese Art der Debatte habe die AfD immer stärker gemacht.
  • Philipp Amthor (CDU): In Richtung Wagenknecht sagte er: "Als Helmut Kohl 1989 und '90 die Wiedervereinigung mit Gorbatschow verhandelt hat, da bin ich froh, dass nicht Ihr Ehemann Oskar Lafontaine aus dem Saarland gefragt wurde, das zu verhandeln. Dann hätten wir heute noch eine Mauer zwischen Ost und West." Man habe in Deutschland gute Erfahrungen damit gemacht, keine Nebenaußenpolitik aus den Landtagen heraus zu machen.
  • Juli Zeh: Die Schriftstellerin und Autorin meinte: "Die Grünen sind jetzt der Satan, auch das höre ich überall." Sie würden in der Debatte metaphorisch für einen übergriffigen Staat stehen. Viele Menschen hätten das Gefühl: "Wir bekommen nichts von euch, ihr schaut nicht auf uns, aber wenn Probleme gelöst werden sollen, dann sollen wir unsere private Sphäre ändern", beschrieb Zeh. Dieser Zweiklang erzeuge einen kreischenden Störton im Ohr und sei der Grund für viel Aggression gegen "die da oben".
  • Katharina Warda: "Es gibt im Osten zu Recht eine enorme Enttäuschung und damit eine erlernte Zukunftsangst", beschrieb die Soziologin. Soziale Probleme würden im Osten gerne seitens der Politik über rassistische Narrative erklärt. Diese Narrative hätten im Wahlkampf den Diskurs bestimmt. Versprechungen wie "Wir müssen nur den Ausländer rausbringen, dann kriegt Oma mehr Rente", seien "Quatsch".
Hart aber fair
Louis Klamroth (l.) begrüßte unter anderem Kevin Kühnert (SPD) und Katharina Warda (Soziologin und Autorin) bei "Hart aber fair". © WDR/Oliver Ziebe

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

Der Moment des Abends war gekommen, als Fleischereifachverkäuferin Doreen Lorsch zu Wort kam. Sie sagte, dass BSW und AfD die Hauptprobleme wie Migration dauerhaft angesprochen hätten. Die anderen Parteien hingegen hätten die Themen erst in den vergangenen Wochen aufgegriffen. "Ihr habt da einfach nicht hingehört oder gar nicht richtig drauf reagiert. Es wurde immer alles nur abgetan. Ihr habt euch nie damit wirklich befasst", lautete ihr hartes Urteil.

Erst in den vergangenen drei Wochen seien dann auf einmal radikale Forderungen gekommen. "Irgendwie ist das ein bisschen unglaubwürdig", befand sie. Vor allem in den sozialen Medien fand Lorsch dazu im Nachgang jede Menge Beifall. Auf der Plattform X schrieb ein User: "Mit Abstand das beste Statement, das man seit Jahren bei #HartaberFair gehört hat."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Soziologin Warda sagte: "Die Grünen werden als Feindbild gesehen." Sie stünden in den Augen vieler für ein urbanes Leben, für "Genderwahn", etwas Kosmopolitisches und Diversität Betonendes. "Das wird von vielen stark abgelehnt", sagte sie und schob hinterher: "Wir haben ein Problem mit Rassismus und rechten Narrativen."

Wagenknecht konterte: "Das macht die Welt einfach viel zu einfach, wie Sie das hier erklären." Die Menschen würden nicht erwarten, dass auf einen Schlag alle Probleme gelöst würden. "Was sie aber erwarten, dass man versucht, sie zu lösen, anstatt neue zu schaffen." Durch politische Entscheidungen hätten große Teile der Bevölkerung einen Wohlstandsverlust erlebt.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Klamroth stellte gute Fragen, etwa: "Warum kann die CDU nicht mehr Wähler rechts der Mitte mobilisieren?" An einer entscheidenden Stelle würgte er die Debatte aber komplett ab. Wagenknecht hatte gerade gesagt: "Lange war es in Deutschland so: Jeder, der das naive Narrativ der Willkommenskultur infrage gestellt hat, wurde in die rechte Ecke gestellt." Man habe den Leuten vermittelt: "Hier gibt's gar kein Problem", obwohl die Menschen die Probleme etwa auf dem Wohnungsmarkt oder in den Schulen erlebt hätten. Warda entgegnete: "Dem würde ich vehement widersprechen" – doch Klamroth startete einen Einspieler.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Der Titel der Sendung lautete: "AfD überall auf dem Vormarsch – Was jetzt?". Die Ergebnisse, die die Runde zu dieser Frage festhielt, lauteten unter anderem: Man muss darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, im aktuellen Maß über die politischen Ränder zu sprechen. Einig war sich die Runde auch, dass eine Gefahr darin besteht, wenn Parteien nur gewählt werden oder koalieren, um die AfD zu verhindern.

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