Die Kritik an der Ampelkoalition wächst weiter. Als Mitglied der Opposition forderte CDU-Politiker Jens Spahn am Donnerstag bei "Markus Lanz" eine neue Regierung - und lobte dabei seine eigene Partei in den Himmel.
Das CDU-Grundsatzprogramm sowie der Zwölf-Punkte-Plan der FDP sind in vielen Punkten deckungsgleich. Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Mit einem neuen Grundsatzprogramm machte die CDU jüngst in mehreren Punkten deutlich, wie sie die Asyl- und Migrationspolitik sowie die Wirtschaftspolitik ändern will. Einige der Punkte ähnelten dabei stark dem von der FDP vorgestellten Zwölf-Punkte-Plan. Darin machten sich die Liberalen ähnlich wie die Union dafür stark, dass Jobverweigerer künftig weniger Geld vom Staat zur Verfügung gestellt bekommen sollen. Markus Lanz nahm dies am Donnerstagabend zum Anlass, über eine mögliche Koalition von CDU und FDP zu sprechen. Dabei ließ der ZDF-Moderator auch die aktuelle Kritik an der Ampel nicht außer Acht.
Das sind die Gäste
Jens Spahn , CDU-Politiker: "Wir brauchen eine Wirtschaftswende"- Anna Lehmann, Journalistin: "Die Töne der CDU werden in den nächsten Monaten ein bisschen demütiger sein"
- Mandy Mangler, Gynäkologin: "Der §218 muss abgeschafft werden"
- Marcel Fratzscher, Ökonom: "Hier sind viele verpasste Chancen, Deutschland zukunftsfähig zu machen"
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung sprach Markus Lanz den ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf den Zwölf-Punkte-Plan der FDP und die darin versprochene Wirtschaftswende an. "Wie laut haben Sie da gejubelt?", wollte Lanz wissen. Der CDU-Politiker reagierte zurückhaltend: "Es ist ja erst mal gut, dass die Lage wahrgenommen wird, wie sie tatsächlich ist. Wir haben Rezession, die Industrie wandert ab aus Deutschland." Der Standort sei "nicht attraktiv". Spahn ergänzte, dass nun dringend etwas passieren müsse, da der Bundeswirtschaftsminister
Er wetterte weiter: "Was der Kanzler will, weiß sowieso kein Mensch. Der ist irgendwie abgetaucht oder lebt in seiner eigenen Welt. Und deswegen wollen wir jetzt mithelfen, dass aus diesen Vorschlägen auch Politik wird." Lanz stichelte lachend: "Selbstlos, wie Sie sind." Der ZDF-Moderator vermutete daraufhin, dass es zwischen der Union und der FDP Absprachen gegeben haben könnte, um den Druck auf SPD und Grüne zu erhöhen. Jens Spahn dementierte dies jedoch vehement.
Lanz hakte dennoch weiter nach: "Ist das nicht ein schöner Zufall, dass zwei Parteien zufällig plötzlich so Punkte präsentieren und die sind fast deckungsgleich?" Journalistin Anna Lehmann konterte darauf: "Ich glaube, die FDP wollte einfach mal deutlich machen, dass sie gerne in das Lager, aus dem sie ursprünglich gekommen ist, wieder hin will - nämlich das konservativ-marktliberale Lager."
Jens Spahn zeigte sich davon nicht abgeneigt und gab zu, dass es im Bundestag nicht selten vorkomme, dass FDP und Union gemeinsam klatschen. Zwar sehe sich die FDP in der Ampel als die Partei, die "Schlimmeres" verhindere, doch Spahn stellte stattdessen die Frage in den Raum, "ob sie nicht eigentlich Schlimmerem zu Mehrheit verhelfen". Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte, ob die Ampel frühzeitig auseinanderbrechen könnte. Spahn schüttelte den Kopf und erklärte, dass die "Angst vor den Neuwahlen" die Koalition noch zusammenhalte: "Stand heute würde ich vermuten: Ja, diese Koalition hält." Dies sei jedoch "verlorene Zeit für Deutschland" - ein Land, das laut Spahn "auf dem Abstiegsplatz" gelandet sei: "Wir waren wirtschaftlich bis vor drei, vier Jahren Champions League - ganz vorne mit dabei in der Welt".
Nun sei "eigentlich die Zeit, wo man den Trainer, vielleicht sogar die ganze Mannschaft, wechselt." Das Land brauche "eine andere, eine bessere Regierung". Lanz hakte nach: "Und dann wäre der neue Trainer wer?" Spahn antwortete: "Dann wäre die neue Mannschaft von der Union geführt. Und der Vorsitzende der Union ist Friedrich Merz." Als Koalitionspartner käme laut Spahn die FDP infrage, die der CDU "inhaltlich am nächsten" sei. "Und die Grünen?", so Lanz. Spahn antwortete prompt: "Die gibt's auch." Die Partei müsse sich jedoch "inhaltlich verändern, damit eine Koalition gelingen kann".
Das ist das Rede-Duell des Abends
Der selbstbewusste Auftritt von Jens Spahn irritierte unter anderem Anna Lehmann, die feststellte: "Für die paar 30 Prozent, die die Union derzeit hat, tritt sie ziemlich breitbeinig auf." Spahn verteidigte sich daraufhin energisch: "Es gibt diesen breiten Wunsch nach einer anderen Politik!" Spahn wetterte weiter, dass die Mehrheit der Bevölkerung eher "eine Mitte-Rechts-Politik" wolle, jedoch "seit über 10 Jahren Mitte-Links-Koalitionen" bekomme. "Mein Eindruck ist nicht, dass das dazu führt, dass die Akzeptanz von Politik steigt", so Spahn.
Markus Lanz machte jedoch deutlich, dass die vielen Probleme im Land nicht nur die Schuld der Ampel seien. "Sie haben auch viel mit der Lage zu tun. Das gehört ja zur Wahrheit dazu", so der ZDF-Moderator. Spahn stimmte zwar teilweise zu, sagte aber auch: "Wir hatten die längste Periode von wirtschaftlichem Wachstum an einem Stück in den 10er-Jahren unter unionsgeführter Bundesregierung. (...) Es gab mehr Wohlstand, es gab Überschuss in den öffentlichen Haushalten." Daraufhin redete sich der CDU-Mann in Rage und sagte, er akzeptiere es nicht mehr, dass immer wieder der Fokus auf eine "Vergangenheitsbewältigung" gelegt werde. Laut Spahn sei das Problem nicht "die Vergangenheitsbewältigung", sondern "das Problem ist, dass wir ein Gefühl haben, (...) das Beste läge hinter uns".
Dem widersprach Ökonom Marcel Fratzscher und merkte an: "Hier sind viele verpasste Chancen, Deutschland zukunftsfähig zu machen. Und das betrifft alle Parteien." Mit Blick auf den Fachkräftemangel ergänzte Fratzscher, dass vor allem die CDU zu wenig für die Erwerbstätigkeit von Frauen getan hätte. Spahn konterte wütend, dass Ursula von der Leyen die Ganztagsbetreuung von Kindern massiv angekurbelt habe. Auch, was die Integration von Geflüchteten im Arbeitsmarkt angehe, habe die CDU Fortschritte erzielt: "Wer als Flüchtling anerkannt ist, kann einwandfrei in Deutschland jederzeit und überall arbeiten."
Fratzscher hielt dagegen: "Da machen Sie es sich jetzt zu einfach, Herr Spahn. Sie müssen, wenn es um Integration geht, auch schauen: Was tut die Gesellschaft, den Menschen Hürden aus dem Weg zu nehmen? Das reicht nicht, zu sagen: Ihr könnt hier mal arbeiten, aber nur, wenn ihr anerkannt seid." Der Ökonom wetterte weiter: "Wenn Sie anfangen, Leistungen für Schutzsuchende zu kürzen, dann machen Sie dadurch die Integration nicht leichter, sondern schwerer."
Jens Spahn sah dies anders und schoss zurück: "Ich finde, wenn jemand arbeiten kann, erwerbsfähig ist und ein Angebot kriegt (...) und diese Angebote nicht annimmt, dann muss das finanziell einen spürbaren Unterschied machen. Und das macht es mit diesem sogenannten Bürgergeld nicht mehr." Dies sorge für "massiven Frust" bei denjenigen, die "den ganzen Laden auch am Laufen halten". Ein Argument, das bei Fratzscher weiter auf Unverständnis stieß: "Herr Spahn, wir sprechen hier über ein Prozent der Bürgergeld-Bezieher, die Totalverweigerer sind!"
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz gelang eine vielseitige Diskussionsrunde, in der vor allem CDU-Mann Jens Spahn verbal herausgefordert wurde. Zum Thema Schwangerschaftsabbruch blieb dem Moderator zum Schluss jedoch nicht mehr viel Zeit, sodass er die Sendung mit den Worten beendete: "Das Dilemma ist nicht aufgelöst und das Thema ist nicht befriedet."
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Bei "Markus Lanz" stellte sich Spahn voll und ganz hinter die Forderung der Union und der FDP, Arbeitsverweigerern weniger Geld zur Verfügung zu stellen. "Fördern ja, aber man muss schon auch ein Stück fordern, dass jemand, der kann, sich einbringt", so der Ex-Gesundheitsminister. Er warnte zudem vor einer totalen Überforderung des Asylsystems und sagte: "Wir müssen eigentlich mal ein paar Jahre Pause haben in Deutschland, was irreguläre Migration angeht." Laut Spahn bräuchte Deutschland diese "Atempause, um die Größe der Aufgabe, die wir uns bis hierhin schon gegeben haben, überhaupt auch nur ansatzweise vernünftig angehen zu können". © 1&1 Mail & Media/teleschau
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