Erst wenige Stunden im Amt, schon unterschreibt Donald Trump Dekret um Dekret und lässt dadurch erahnen, wohin der Wind wehen wird. Passend dazu fragt Louis Klamroth am Montagabend (20. Januar) bei "Hart aber fair", was da wohl mit Trump auf die Welt zukommt. Geladen hat er dafür eine wilde Mischung an Gästen und genauso wild wurde auch die Diskussion. Ein paar interessante Einschätzungen gab es trotzdem.
Seit Montag ist
Das Thema der Sendung
Was ist vom mächtigsten Mann der Welt zu erwarten? Was muss Deutschland befürchten, wird unsere Wirtschaft leiden oder profitieren? Und wie viel Trump steckt eigentlich im Bundestagswahlkampf? Diese Fragen hatte sich
Mit diesen Gästen diskutierte Louis Klamroth
Karl Lauterbach (SPD): Der Bundesgesundheitsminister stört sich nicht an der Einmischung von Milliardär Elon Musk in die Bundestagswahl, ihn besorgt etwas anderes: "Ich habe ein Problem damit, wenn man politischen Einfluss kaufen kann."- Rüdiger Lucassen (AfD): Der verteidigungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion sagt über die erneute Präsidentschaft Trumps: "Ich finde es gut für die Amerikaner und ich finde es gut für Europa und Deutschland, weil es Zeichen setzt, an denen wir uns zu orientieren haben."
Thomas Hayo : Hayo ist Creative Director und lebt in New York. Er hat einen deutschen und einen amerikanischen Pass und berichtet: "In Amerika istElon Musk für viele ein Held." Seit dessen finanzieller Unterstützung Trumps habe man ein Zweier-Team gewählt. Musk habe Trump nicht nur Geld, sondern auch einen Anstrich von Glaubwürdigkeit und Modernität gegeben.- Markus Feldenkirchen: Für den "Spiegel"-Journalisten ist Trumps Antrittsrede "aus dem Bilderbuch des Rechtspopulismus". Erst schildere Trump die Probleme des Landes "dreifach übertrieben", dann präsentiere er sich selbst als "Erlöser", sehe sich sogar "als Gottes Werkzeug".
Juli Zeh : Die Schriftstellerin sieht im aktuellen Rechtsruck "ein Problem der gesamten Hemisphäre, vielleicht sogar der gesamten Welt". Zeh meint, dass wir "mit der Analyse, die Ampelkoalition dafür verantwortlich zu machen oder die demokratieunfähigen Ostdeutschen, nicht weiterkommen".- Sarna Röser: Röser ist Prokuristin, Gesellschafterin, Unternehmenslobbyistin und sitzt im Aufsichtsrat der Fielmann Group. Man müsse sich überlegen, was Trumps Präsidentschaft bedeute und wie man damit umgehe. "Wir brauchen jetzt wirklich pragmatische Lösungen", findet Röser.
Der Schlagabtausch Abends
Klamroth lässt Lucassen vorrechnen, dass die Forderung Trumps, fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, 210 Milliarden Euro bedeuten würden. Ein Ziel, das auch AfD-Chefin Alice Weidel fordert. Woher das Geld kommen solle, schließlich sei das die Hälfte eines Haushalts, will Klamroth von Lucassen wissen. "Das Geld ist zu nehmen durch entsprechende Maßnahmen wie zum Beispiel den Rückgang der Migration und der damit verbundenen Kosten, genauso wie eben aus dem unsinnigen Klima- und Transformationsfonds", findet Lucassen.
An dieser Stelle gäbe es eine Reihe von Gründen zur Gegenrede, etwa, weil weniger Klimaschutz am Ende mehr kostet oder wie Lucassen das rechtlich und praktisch überhaupt umsetzen will. Klamroth entscheidet sich aber, den finanziellen Nutzen infrage zu stellen. "Da kommen Sie lange nicht auf die Hälfte des Haushaltes", rechnet der Moderator vor, eine Einschätzung, die Lauterbach teilt: "Diese fünf Prozent wären nie bezahlbar, das ist reiner Populismus. In der Migration gibt es nirgendwo Kosten in dieser Größenordnung."
Zeh hingegen zeigt bei Lucassens Vorschlag eine körperliche Reaktion: "Das war jetzt wegen dieser Idee, man könnte diese fünf Prozent durch die angeblichen Migrationskosten ausgleichen. Da fiel mir einfach nichts mehr ein, außer den Kopf zu schütteln", erklärt sie ihr Kopfschütteln.
Das Zitat des Abends
Ob er Trumps Handelspolitik unterstütze, auch wenn durch die Androhung der Zölle hierzulande vielleicht bis zu 300.000 Arbeitsplätze verloren gingen, will Klamroth von Lucassen wissen. "Für mich ist es entscheidend, was Deutschland macht", antwortet Lucassen und meint damit etwa die Energiekosten. "Aber nicht mit Ihren Vorschlägen, dass wir wieder russisches Gas und Öl billig kaufen", kontert Lauterbach und erklärt: "Wenn wir die Energiewende abbrechen, wie das jetzt auch in den Vereinigten Staaten diskutiert wird, dann verraten wir die nächste Generation."
Die Einschätzung des Abends
Feldenkirchen wird nach narzisstischen Anteilen Trumps befragt und will hier Versäumnisse, auch des Bundeskanzlers, im Umgang mit Trump erkennen. "Was bei Donald Trump, so primitiv und einfach es klingt, einfach funktioniert, ist: Wenn man ihn lobt. Wenn man hinfährt und sagt: Ihre Haare, die sind richtig schön. Das merkt er sich", erklärt der Journalist und ergänzt: "Dieses Schmeicheln funktioniert bei ihm unheimlich. Es klingt wie eine Infantilisierung der Außenpolitik, aber ich fürchte, komplexer wird's da auch nicht mehr", so Feldenkrichen.
Die Frage des Abends
"Was mich am meisten besorgt, ist gar nicht, was er macht, sondern was er damit erreicht, also dass das halbe Land einen Mann wählt, der so offensichtlich ein Großmaul ist und der mit symbolpolitischen und zum Teil wirklich strunzdummen Ansagen daherkommt, dass er es schafft, damit die Leute zu erreichen – das besorgt mich zutiefst", teilt Zeh ihre Einschätzung zu Trump und erklärt weiter, man müsse wie Trump die Emotionen bedienen, allerdings mit einer Gegenerzählung, um eine andere, vernünftigere Politik an die Leute zu bringen. "Wo ist das Gegengift?", fragt die Autorin und Juristin.
So schlug sich Louis Klamroth
Im Großen und Ganzen gut. Klamroth fragte immer nach, wenn er – und damit vielleicht auch die Zuschauer – etwas nicht verstanden hatte. Etwa, als er Lucassen mehrfach auf die Unstimmigkeit in seinen Aussagen aufmerksam machte. Einmal behauptete Lucassen, in der Runde werde "in die Glaskugel geschaut", man solle "Trump erstmal machen lassen". "Ein bisschen wissen Sie ja schon, was passiert", widerspricht Klamroth, schließlich habe Lucassen selbst im November geschrieben, der Sieg Trumps gebe der AfD Rückenwind. Da erklärt Lucassen, dass Trumps Antworten für sein Land auch Antworten seien, "die wir auch geben wollen für ein Deutschland". "Also wissen Sie doch schon, was passiert", entgegnet Klamroth.
Klamroth zeigte sich also sehr aufmerksam, nur an einer Stelle schoss der Moderator übers Ziel hinaus. Als es um die Vorbereitung Deutschlands aus wirtschaftlicher Sicht geht, erklärt Lauterbach: "Wir haben in der Ampel in der Wirtschaftspolitik nicht so überzeugt, wie das möglich gewesen wäre." "Das ging gegen Robert Habeck, für alle, die es nicht verstanden haben", unterstellt Klamroth sofort. Lauterbach verneint das umgehend, erklärt stattdessen: "Wir haben uns in der Finanzpolitik stranguliert. Wir hätten uns einen Industriestrompreis leisten können", doch wieder unterstellt Klamroth: "Das ging jetzt gegen Christian Lindner."
Erneut verneint Lauterbach. Zwar habe Lindner "die Hauptposition vertreten", aber "wir haben's zum Schluss gemeinsam gemacht", erklärt der Gesundheitsminister. Da hier ein Vertreter der Regierung einen Fehler eingesteht und Verantwortung übernimmt – noch dazu im Wahlkampf – wirken Klamroths Unterstellungen an dieser Stelle doch ein wenig kleinkariert.
Das Fazit
Ein Gesundheitsminister, ein Creative Director, eine Schriftstellerin und der Vertreter einer rechtsextremen Partei – die Zusammenstellung der Gäste war, sagen wir einmal: unkonventionell. Zumindest für eine Talk-Runde, in der es um die kommende US-Politik und ihre Folgen für Deutschland gehen sollte. Dementsprechend lebhaft ging es zu, vor allem zwischen Feldenkirchen, Lauterbach und Zeh.
Lucassen hingegen blieb argumentativ blass, musste zu oft die Unstimmigkeiten in seinen Beiträgen verteidigen, während Sarna Röser lediglich die Agenda gehabt zu haben schien, ihre Botschaft unterzubringen, man müsse in Deutschland pragmatischer sein und "radikale Reformen" umsetzen. Was genau sie damit meinte, verriet sie den ganzen Abend über allerdings nicht. In all dem Wirbel blieb Thomas Hayo noch am sachlichsten und schilderte in Ruhe und ohne Agenda, das, was er aus seinen Erfahrungen berichten konnte.
Möchte man ein Fazit ziehen, dann waren sich alle Demokraten unter den Gästen einig, dass Trump diesmal besser vorbereitet in seine Präsidentschaft geht, radikalere Ansichten hat und noch ergebenere Gefolgsleute, die nicht widersprechen. Gleichzeitig solle man hierzulande auf sich und auf Europa blicken, um der zweiten Amtszeit etwas entgegenzusetzen und in diesem Zusammenhang ist auch Hayos Einschätzung in Bezug auf die Auswirkungen Trumps auf die Welt interessant.
Trump habe nämlich bewiesen, dass man Grenzen verschiebt. Grenzen des Sagbaren, des Umgangs miteinander, im Wahlkampf oder "wie man an das Volk herantritt". Das sei eine Tendenz, von der Deutschland nicht ausgeschlossen sei, so Hayo. Man habe zwar ein anderes politisches System, aber, so seine Warnung: "Die Menschheit funktioniert gleich."
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