• Die Geschichte der Ukraine ist ein einziges Auf und Ab, das bereits im Mittelalter vor über 1.200 Jahren seine Anfänge fand.
  • So hat sich im Laufe der Zeit ein Verhältnis zwischen der Ukraine und Russland entwickelt.
  • Von Freundschaft war es vor allem in den letzten 100 Jahren allerdings selten geprägt - ein Überblick.

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Mitte des 8. Jahrhunderts gründeten die Waräger – aus Skandinavien stammende Händler und Krieger – die "Kiewer Rus". Dabei handelt es sich um ein Großreich, das von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer reichte und als Vorläuferstaat des heutigen Russlands, der Ukraine und Belarus angesehen wird. Aufgeteilt war die Kiewer Rus in verschiedene Fürstentümer, die Hauptstadt war Kiew.

Das 10. und 11. Jahrhundert markierte die Blütezeit der Kiewer Rus. Der Handel florierte und das Reich wuchs aufgrund erfolgreicher Feldzüge, aber auch durch eine Ausbreitung des Handelsvolkes weiter an.

Allerdings wurde die Kiewer Rus auch immer wieder von Reitervölkern angegriffen und überfallen. Von 1237 bis 1240 eroberten schließlich die Mongolen die Kiewer Rus. Während ihres Feldzugs zerstörten sie viele Städte, was eine Flucht großer Teile der Bevölkerung auslöste und die Wirtschaft in der Kiewer Rus für mehrere Jahre lahmlegte. Was blieb, waren mehrere kleine Fürstentümer.

Im 14. Jahrhundert erlangte das Fürstentum Moskau dann die Vormachtstellung im nördlichen Teil der Rus und unterwarf dort alle anderen Fürstentümer. Anschließend vertrieb das Fürstentum Moskau die Mongolen, eroberte die verloren gegangenen russischen Länder zurück und dehnte seinen Herrschaftsbereich aus. Die Ausdehnung umfasste jedoch nicht das Gebiet der heutigen Ukraine.

Das Zarentum beginnt

In den folgenden rund 300 Jahren änderten sich die politischen Machtstrukturen im Großfürstentum Moskau. Ivan IV. (1547-1584) – auch als Ivan der Schreckliche bekannt – ließ sich als “Zar und Selbstherrscher des ganzen großen Russlands” krönen und dehnte sein Reich nach Osten und Süden weiter aus. Im Zuge der aggressiven und imperialistischen Expansionspolitik des “neuen” Russlands kam es unweigerlich zu Zusammenstößen mit angrenzenden Ländern und Gebieten.

Im 17. Jahrhundert führte Russland unter der Herrschaft von Zar Peter Krieg gegen das Osmanische Reich sowie gegen Schweden und Polen-Litauen. Bei den kämpferischen Auseinandersetzungen ging es nicht nur um die Eroberung weiterer Landstücke. Die Länder verfügten über wichtige Meerzugänge (Schwarzes Meer im Süden und Ostsee im Norden), die Zar Peter für den Handel benötigte. Darüber hinaus modernisierte Zar Peter sein Reich. Er schuf Kollegien (Ministerien) und Manufakturen zur Förderung heimischer Produkte und vergrößerte sein Heer.

Baby im Supermarkt

Aldi Nord: Gut gemeinte Aktion für Ukraine mit Babynahrung kommt bei Kunden nicht gut an

Aldi Nord hat angekündigt, einen Großteil seiner Babynahrung aus dem Sortiment zu nehmen. Alle Restbestände werden an die Ukraine gespendet. Kundinnen und Kunden sind empört. (Photocredit: Getty Images/iStockphoto)

Zu diesem Zeitpunkt war das Gebiet der heutigen Ukraine aufgeteilt: Die Gebiete westlich des Dnepr gehörten zur königlichen Republik Polen-Litauen. Die Gebiete östlich davon gehörten zum russischen Zarenreich und jene südlich zum Khanat der Krimtataren.

Die Nachfolger von Zar Peter führten die kriegerische Expansionspolitik des russischen Reiches weiter fort. Nach den drei Teilungen Polens in den Jahren 1772, 1793 und 1795 wurden große Teile der westlichen Ukraine russisch. 1796 folgten die südlichen und östlichen Gebiete.

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts formierte sich auf dem Gebiet der heutigen Ukraine eine Nationalbewegung, der zahlreiche Bauern und Industriearbeiter angehörten. Diese forderten eine Unabhängigkeit ihres Landes von Russland.

Nur wenige Zeit später, im Jahr 1914, brach der Erste Weltkrieg aus. Die russischen Truppen waren dem deutlich fortschrittlicheren deutschen Heer nicht gewachsen. Niederlagen und hohe Verlustzahlen senkten die Moral russischer Soldaten. Dazu kamen Versorgungsengpässe in Russland, was 1916 zu Massenprotesten und Demonstrationen im Land führte: die Geburtsstunde der Februarrevolution im Jahr 1917.

Daraufhin wurde der Druck auf den zu diesem Zeitpunkt regierenden Zar Nikolaus II. so groß, dass er dem Thron entsagte. Das politische Machtvakuum, das zu dieser Zeit im Großreich Russland entstand, nutzte die ukrainische Nationalbewegung aus, um eine provisorische Regierung zu bilden, die Zentralna Rada. Trotz der Machtübernahme Russlands durch die kommunistischen Bolschewiki im Oktober desselben Jahres rief die Nationalbewegung die Ukrainische Volksrepublik als autonomen Staat aus. Die Bolschewiki eroberten daraufhin die Ukraine und gliederten sie 1922 in die Sowjetrepublik ein.

Die Ukraine als Teil der Sowjetunion: Schlechte Zeiten für Landwirte

Zwar war die Ukraine nun Teil der Sowjetunion. Eine richtig freundschaftliche Beziehung entwickelte sich zwischen den Ukrainern und den Sowjets allerdings nicht. Schon damals galt die Ukraine als die Kornkammer Europas. In keinem anderen europäischen Land wuchs mehr Getreide als in der Ukraine. Die Sowjets verpflichteten die ukrainischen Landwirte zu Getreideabgaben – quasi eine Form von Steuern.

Nachdem diese Abgaben innerhalb kurzer Zeit immer weiter angehoben wurden und den Landwirten selbst kaum noch etwas von ihrer Ernte blieb, regte sich starker Widerstand bei den Bauern. Sie behielten einfach einen Teil der Ernte ein, den sie eigentlich hätten abgeben müssen. Daraufhin wurde das sogenannte Ährengesetz erlassen, das den Bauern mit langen Haft und sogar der Todesstrafe drohte. Daraufhin setzte eine Landflucht ein. Zahlreiche Bauern und deren Familien zog es aus den armen ländlichen Gebieten in die Städte.

Um das zu verhindern, befahl Stalin der Geheimpolizei, die Landflüchtlinge wieder aus den Städten zu vertreiben. Viele Bauern ließen ihre Kinder jedoch in den Städten zurück, in der Hoffnung, dass sich jemand um sie kümmert. Diese Kinder wurden von einer Sondereinheit aufgeschnappt und aufs freie Feld zum Sterben gebracht. Mehrere Millionen Menschen starben auf diese Weise. Dieser Massenmord wird bei den Ukrainern heute als “Holodomor” bezeichnet.

Im Zweiten Weltkrieg besetzten deutsche Einheiten die Ukraine. In den folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Roten Armee und Partisanen starben weitere fünf bis sieben Millionen Menschen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Ukraine wieder eine Unionsrepublik der Sowjetunion.

Die Ukraine auf dem Weg zur Unabhängigkeit

Viele Jahre später, am 1. Dezember 1991, stimmten die Ukrainer in einem historischen Referendum für die Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Russlands damaliger Präsident Boris Jelzin akzeptierte diese Entscheidung. Eine Woche später wurde die Existenz der Sowjetunion offiziell für beendet erklärt. Eine vollständige Entkopplung der Ukraine von Russland gab es vorerst aber trotzdem nicht. Denn mit dem Ende der Sowjetunion gründeten Russland, die Ukraine und Belarus die Gemeinschaft unabhängiger Staaten, kurz GUS. Dieser Gemeinschaft traten am 21. Dezember 1991 die ehemaligen Sowjet-Länder Aserbaidschan, Armenien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldau, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan bei. Ziel der GUS war die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschafts- und Sicherheitsraums unter den Ländern der ehemaligen Sowjetunion.

Drei Jahre später unterzeichneten Russland, Großbritannien und die USA das sogenannte Budapester Memorandum. Dadurch verpflichteten sich die Länder, die Grenzen der Ukraine zu achten und ihre Unabhängigkeit sowie Souveränität zu respektieren. Im Gegenzug gab Kiew sein Atomwaffenarsenal aus der Sowjetzeit auf.

Am 28. Mai 1997 folgte die Unterzeichnung des russisch-ukrainischen Flottenvertrags. Dieser regelte die Aufteilung der Schwarzmeerflotte. Russland blieb im Besitz der meisten Schiffe auf der Halbinsel Krim und verpflichtete sich, die Pacht für die Nutzung des Hafens von Sewastopol in Form von Gaslieferungen an die Ukraine zu leisten.

Drei Tage später unterzeichneten Russlands Staatspräsident Boris Jelzin und der ukrainische Präsident Leonid Kutschma einen Freundschaftsvertrag, der zehn Jahre lang laufen und automatisch um weitere zehn Jahre verlängert werden soll, wenn nicht eines der beiden Länder mindestens sechs Monate vor Ablauf des Vertrags dessen Kündigung erklärte.

Nach zwei Amtsperioden durfte Präsident Kutschma im Jahr 2004 nicht ein weiteres Mal zur Wahl um den Landesvorsitz antreten. Deshalb bewarben sich der pro-westliche Wiktor Juschtschenko und der pro-russische Wiktor Janukowitsch um das Präsidentenamt in der Ukraine. Die Wahl wurde von Betrugsvorwürfen überschattet. Der Wahlsieg Janukowitschs löste mehrwöchige, friedliche Demonstrationen aus, die als “Orange Revolution” bezeichnet wurden. Die Wahl wurde daraufhin vom Obersten Gericht annulliert. Im zweiten Anlauf konnte Juschtschenko den Sieg für sich verbuchen.

Im Jahr 2007 hält Russlands Präsident Wladimir Putin eine Brandrede auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Darin warnte er die USA und Nato vor einer weiteren Osterweiterung an die Grenzen Russlands heran. Der Westen hatte diese Warnung nicht ernst genommen. Denn als Juschtschenko bereits ein Jahr später den Beitrittswunsch der Ukraine zur EU bekräftigte, stellten die Nato-Mitgliedsstaaten der Ukraine daraufhin Beitrittsperspektiven in Aussicht. Moskau reagierte empört. In der Folge kam es wiederholt zum Streit zwischen Russland und der Ukraine, vorrangig wegen russischer Gaslieferungen.

Im Jahr 2010 gelangt der pro-russische Wiktor Janukowitsch ins Amt des ukrainischen Präsidenten. Drei Jahre später löste er ein EU-Assoziierungsabkommen auf, was zu den Maidan-Protesten führte. Als diese mit rund 100 toten Demonstranten und 20 toten Polizisten im Februar 2014 ihren Höhepunkt erreichten, floh Janukowitsch aus dem Land.

Kurze Zeit später, im März des gleichen Jahres, annektierte Russland die Halbinsel Krim und löste damit auch gleich den russisch-ukrainischen Flottenvertrag auf. Darüber hinaus besetzten im April 2014 pro-russische Separatisten die Bezirke Donezk und Luhansk in der Ostukraine. Sie forderten für die beiden Städte unabhängige Volksrepubliken. Im Mai wuchsen die Zusammenstöße zu einem militärischen Konflikt heran, bei dem rund 14.000 Menschen getötet wurden.

Russland und Ukraine unterzeichnen Friedenspläne: Niemand hält sich daran

Am 25. Mai 2014 gewann der Unternehmer Petro Poroschenko die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine. Zusammen mit Vertretern der OSZE und Russlands Präsident Wladimir Putin unterzeichnete er Anfang September des gleichen Jahres das Protokoll von Minsk 1 – eine schriftliche Zusammenfassung zur Umsetzung eines Friedensplans mit Waffenstillstand in der Ostukraine. Bereits kurze Zeit später verschlechterte sich dort die Sicherheitslage wieder. Es kam zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen pro-russischen Separatisten und der Ukrainer Miliz um den Flughafen von Donezk. Daraufhin handelten Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine das zweite Minsker Abkommen aus, in dem die Teilnehmer einen konkreten Fahrplan zur Umsetzung des ersten Minsker Vertrags vereinbarten. Trotz aller Friedensbemühungen gingen die Kampfhandlungen in der Ostukraine weiter.

Am 24. September 2018 gab die Ukraine bekannt, dass der Freundschaftsvertrag mit Russland zum 31. März 2019 auslaufen sollte. Als Grund wurde Vertragsbruch durch die Annexion der Krim im Jahr 2014 genannt.

Im Januar 2022 wurde Anklage gegen Poroschenko erhoben. Dem ehemaligen Präsidenten wird Hochverrat vorgeworfen. Er soll 2014 und 2015 Verträge über Kohle-Lieferungen aus Südafrika gekündigt und neue Deals mit pro-russischen Separatisten in der Ostukraine gemacht haben. Damit soll er den Terror im Donbas unterstützt haben. Darüber hinaus sollen ehemalige ukrainische Politiker, die mit Putin verwandt sind, an diesen Kohle-Deals beteiligt gewesen sein.

Im Februar 2022, erkannte der russische Präsident Wladimir Putin Donezk und Luhansk als unabhängige Volksrepubliken an. Teile seines über 100.000 Mann starken Heeres, das sich bereits in den Wochen zuvor in den Grenzgebieten der Ukraine in Position gebracht hat, marschierten in die Ukraine ein. Aus Sicht des Westens beging Putin damit einen Bruch des Völkerrechts. Putin erklärte die Minsker Abkommen für gescheitert.

Quellen:

  • Bundeszentrale für politische Bildung: "Geschichte der Ukraine im Überblick" vom 03.08.2015
  • Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: "Geschichte der Ukraine"
  • AFP: "Gefangen zwischen Russland und dem Westen" am 23.02.2022
  • Die Welt: "Kiewer Rus: Das alte Russland ist eine Schöpfung der Wikinger" am 07.09.2015
  • Frankfurter Rundschau: "Ukraine: Geschichte und Gegenwart eines zerrütteten Landes" am 10.03.2022
  • Deutsche Welle: "Faktencheck: Putins Blick auf die Geschichte der Ukraine" am 24.02.2022
  • Auswärtiges Amt: "Politische Konfliktlösung: Minsker Abkommen und Normandie-Format" am 27.02.2017
  • Süddeutsche Zeitung: "Bitter für den Schoko-König" am 18. Januar 2022
  • Erich Donnert: Das Kiewer Russland – Kultur und Geistesleben vom 9. bis zum beginnenden 13. Jahrhundert (1. Auflage Urania-Verlag, Leipzig, 1983)
  • Gottfried Schramm: Altrusslands Anfang. Historische Schlüsse aus Namen, Wörtern und Texten zum 9. und 10. Jahrhundert (ISBN: 3-7930-9268-2)
  • Andreas Kappeler: Russland als Vielvölkerreich: Entstehung – Geschichte – Zerfall (ISBN: 3-406-47573-6)

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