- Jewgeni Prigoschin gilt als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Putin.
- Er betrieb Propaganda für Russland und soll sich in die US-Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt haben.
- Prigoschin gründete und finanziert die berüchtigte "Wagner"-Gruppe.
Zwielichtig und undurchsichtig sind die Verbindungen
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Vom Kriminellen zu "Putins Koch"
In jungen Jahren begann Prigoschin zunächst eine Karriere als Krimineller. Wegen Diebstahl und Raubüberfall saß er bis 1990 neun Jahre im Gefängnis.
Mancher Kenner der Szene geht jedoch davon aus, dass sich Prigoschin und Putin bereits länger kennen. Angeblich aus der dortigen Glückspielszene. In den 2000er Jahren gründete Prigoschin dann eine Schnellrestaurant-Kette, mit der er 2011 bereits wieder pleiteging. Er konnte sich bis dahin nur über Wasser halten, weil er genügend öffentliche Aufträge, etwa von staatlichen Schulen, bekam. Seit dieser Zeit wird er auch als "Putins Koch" bezeichnet.
Wladimir Putins Propagandist
Seit Putin Präsident ist, hat er Prigoschin eine Menge zu verdanken. Denn immer wieder wird Prigoschin auch mit Propagandaaktivitäten in Verbindung gebracht. So soll er Gründer des sogenannten "Internet-Forschungsinstituts" sein. Dieses hat wiederholt dazu beigetragen, das System Putin in sozialen Medien in einem positiven Licht erscheinen zu lassen.
Auch soll er sich in die US-Präsidentschaftswahl von 2016 eingemischt haben. Die Ermittlungen des US-Sonderermittlers Robert Mueller führten zu einer Anklage von Prigoschin in den USA. Diese blieb für ihn bisher folgenlos, doch das FBI hat für die Ergreifung von Prigoschin eine Belohnung von 250.000 Euro ausgesetzt.
Prigoschins Name wird auch immer wieder im Zusammenhang mit der Wahlbeobachterorganisation AFRIC genannt. Diese bescheinigte bereits mehrere Tage vor dem tatsächlichen Wahltag in Simbabwe im Jahr 2018 dem dortigen pro-russischen Präsidenten einen "reibungslosen Ablauf" der Wahl. Die EU-Beobachtermission hingegen sprach nach der Wahl von Einschüchterungen und Unregelmäßigkeiten, wie das ARD-Magazin Kontraste berichtete.
Jewgeni Prigoschin und die brutale Söldnertruppe
Immer wieder machte die "Wagner-Gruppe" durch besonders grausames Vorgehen in verschiedenen Kriegen von sich reden. Bereits in Afrika und Lateinamerika sollen sie aufseiten verschiedener Rebellengruppen gekämpft haben. Auch in Syrien sollen sie aktiv gewesen sein.
Prigoschin ist Chef eines Firmennetzwerkes, zu dem auch die Ölfirma Evro Polis gehört. Diese Firma soll im syrischen Bürgerkrieg dabei geholfen haben, für die Regierung von Diktator Assad mehrere Ölquellen vom IS zurückzuerobern. Dies gelang mithilfe der Kämpfer der "Wagner"-Gruppe. Zuletzt ist der Chef dieser Söldnergruppe zum Generaldirektor der Firma "Concord" aufgestiegen, die Prigoschin gehört.
Lange hat der Kreml die Existenz der "Wagner"-Gruppe abgestritten. Doch Prigoschin selbst enthüllte am Montag dieser Woche, dass er die Gruppe 2014 gegründet habe. Hauptziel sei zunächst gewesen, Kämpfer in den Donbas in der Ukraine zu schicken. Prigoschin erklärt nach Angaben des "Spiegel" weiter: "Diese Jungs, Helden, haben das syrische Volk verteidigt, andere Völker in arabischen Ländern, die Benachteiligten in Afrika und Lateinamerika. Sie sind zu einer Säule unseres Vaterlandes geworden"
Auch im aktuellen Ukraine-Krieg hat Prigoschin seine Finger im Spiel. So ist er im Sommer 2022 in russischen Gefangenenlagern aufgetaucht, um persönlich Häftlinge für den Einsatz in der Ukraine zu rekrutieren. Er stellte ihnen in Aussicht, eine Begnadigung zu erhalten, wenn sie an der Front in der Ukraine mindestens sechs Monate überleben würden. Nach Informationen der NZZ machte er ihnen jedoch auch klar: Wenn sie sich in der Ukraine gegen den Kampf entscheiden, würden sie als Deserteure erschossen werden.
Experte sieht in Prigoschin einen "Dienstleister" für Putin
Doch kann Prigoschin dem russischen Präsidenten wirklich gefährlich werden? Der Russland-Experte Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik weist darauf hin, dass weniger einzelne Personen entscheidend seien. Viel wichtiger sei "das System". Solange Putin noch liefern könne, seinem System Einnahmen und Siege beschere, sei auch der Präsident sicher. Erst wenn dies nicht mehr gegeben sei, würde sich innerhalb des Systems eine andere Person finden, so Meister.
Wer das sein könne, ist bisher nicht abzusehen. Immer wieder wird unter anderem der tschetschenische Anführer Ramsan Kadyrov als mögliche Bedrohung für Putin genannt. Doch auch hierbei warnt Meister vor voreiligen Schlüssen. Dieser stehe so ziemlich alleine da, "da der Geheimdienst und die Sicherheitsakteure ihm nicht trauen." Letztlich halte nur Putin seine schützende Hand über ihn, sagt Meister.
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Prigoschin selbst hält der Russland-Experte lediglich für einen "Dienstleister" im System Putin. Er sei "kein Akteur im Machtgefüge" – könne also Putin und seiner Herrschaft nicht gefährlich werden. Doch andersherum gilt ebenso: solange Putin an der Macht bleibt, können auch Prigoschin und seine Netzwerke weiter aktiv bleiben.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Dr. Stefan Meister, Programmleiter Internationale Ordnung und Demokratie in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)
- NTV.de: "Soll Jewgeni Prigoschin den Krieg für Putin drehen?"
- ARD: "'Putins Koch und sein Einfluss in Deutschland"
- Bild.de: "Konkurrenz für Putin: Greift dieser Radikal-Russe nach der Macht in Russland?"
- Spiegel.de: "Wladimir-Putin-Vertrauter Jewgeni Prigoschin gesteht Gründung der Wagner-Söldner"
- NZZ.ch: "Ukraine und die Gruppe Wagner: Prigoschin wirbt Gefangene an"
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