Die Ampel-Regierung ist erneut bei einem Thema unterschiedlicher Meinung. Während Teile der Grünen und FDP sowie der Opposition für eine Taurus-Lieferung an die Ukraine sind, ist der Kanzler dagegen.

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In der Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine haben CDU-Außenexperte Norbert Röttgen und Grünen-Politiker Anton Hofreiter Bundeskanzler Olaf Scholz gemeinsam heftig kritisiert. In einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" warfen sie dem SPD-Politiker "katastrophalen Defätismus" sowie "dramatisch schlechte Kommunikation" vor. Mit Blick auf Scholz' Argumente gegen eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine kritisierten sie, der Kanzler verbreite in der Bevölkerung Angst und Schrecken.

Scholz Haltung zu Taurus sei "faktisch und rechtlich falsch"

Wenn Scholz behaupte, Taurus-Lieferungen machten Deutschland zur Kriegspartei, sei "faktisch und rechtlich falsch". Zudem brüskiere dies Frankreich und Großbritannien, die bereits lieferten. Der britische Außenminister David Cameron hatte Deutschland bei der Frage zuletzt Hilfe angeboten, etwa mit einem Ringtausch, der die Bedenken des Kanzlers zerstreuen könnte. "Wenn es dann immer noch nicht geht, zeigt sich, dass alle Gründe für die Nicht-Lieferung nur vorgeschoben sind", kritisieren Röttgen und Hofreiter

In puncto Marschflugkörper stimmte Außenministerin Annalena Baerbock ihrem britischen Kollegen zu. "Das wäre eine Option", sagte die Grünen-Politikerin am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Caren Miosga". Sie ließ zugleich erkennen, dass sie auch Taurus-Lieferungen an die Ukraine befürworten würde.

Sie habe schon im Sommer sehr deutlich gesagt, dass die Ukraine mit Blick auf den Minengürtel im Osten des Landes weitreichende Waffensysteme brauche, betonte Baerbock – und ergänzte auf Nachfrage: "in Klammern: auch Taurus". Dazu zählten aber zum Beispiel auch Raketenwerfer und Panzerhaubitzen, die Deutschland bereits geliefert habe.

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Neue Abstimmung zu Taurus im Bundestag

Die Union will am Donnerstag im Bundestag erneut einen Antrag zur Abstimmung stellen, der Ukraine das Taurus-System zu liefern. Scholz lehnt die Lieferung der reichweitenstarken Raketen ab, weil er befürchtet, dass Deutschland damit in den Krieg hineingezogen werden könnte. Es gibt Anzeichen dafür, dass der Unions-Antrag auch von einzelnen Abgeordneten der FDP und Grünen unterstützt werden könnte.

Des Weiteren berät der Verteidigungsausschuss des Bundestags am frühen Montagabend in einer Sondersitzung über die russische Abhöraktion gegen Offiziere der Luftwaffe. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird erwartet. Hintergrund ist ein von Russland veröffentlichter Mitschnitt eines Gesprächs hoher deutscher Luftwaffen-Offiziere, in dem diese Einsatzszenarien für den Fall erörtern, dass Taurus-Marschflugkörper doch noch an die Ukraine geliefert würden. Die Union will auch den Widerstand des Kanzlers gegen eine Taurus-Lieferung an die Ukraine ansprechen.

"Die Sondersitzung muss Aufklärung bringen zum Widerspruch der Aussagen des Bundeskanzlers und des Inspekteurs der Luftwaffe zu den Voraussetzungen von Taurus-Lieferungen an die Ukraine", sagte Henning Otte (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, dem "Spiegel".

Florian Hahn (CSU), verteidigungspolitischer Sprecher der Union, betonte: "Ich erwarte Aufklärung über die Informationsflüsse und den Entscheidungsfindungsprozess zwischen der Luftwaffe, Pistorius und dem Kanzler." Die Union sieht sich durch den Mitschnitt in ihrer Auffassung bestätigt, dass Taurus-Marschflugkörper ohne Zutun der Bundeswehr in der Ukraine eingesetzt werden könnten.

Röttgen und Hofreiter werfen Scholz Abhängigkeit von den USA vor

"Seit zwei Jahren wird die Lieferung jeder neuen Waffengattung von mühsamen Diskussionen, Scheinargumenten und Angstrhetorik begleitet", schreiben Hofreiter und Röttgen in der "FAZ". Schon bei den Leopard-2-Panzern sei die Botschaft an Russlands Präsidenten Wladimir Putin gewesen: "Ohne die USA geht es in Deutschland nicht."

Deutschland hatte die Panzer der Ukraine zugesagt, nachdem die USA angekündigt hatten, selbst Abrams-Panzer liefern zu wollen – die Bundesregierung hatte einen Zusammenhang aber bestritten. Auf seiner jüngsten USA-Reise habe Scholz dann vermittelt: Wenn die USA als wichtigster Unterstützer ausfielen, dann sei die Ukraine verloren. "Es ist doch unser Europa. Wir müssen es verteidigen und wenn die USA ausfallen, ihre Hilfen notfalls kompensieren", mahnen Röttgen und Hofreiter.

Die Befürchtung liege nahe, dass der Krieg vor der Bundestagswahl 2025 zum Wahlkampfthema werden solle – mit der Botschaft ans Volk: "Unser Kanzler hat Euch aus dem Krieg herausgehalten." (dpa/the)

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