- Der Bundestag soll in der kommenden Woche über die Einführung einer Corona-Impfpflicht entscheiden.
- Doch selbst innerhalb der Ampel-Fraktionen gibt es noch keinen Kompromiss, eine Mehrheit für einen der Vorschläge ist nicht in Sicht.
- Wie geht es also weiter?
Seit Monaten wird in Deutschland über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen das Coronavirus diskutiert. Eine Entscheidung getroffen wurde aber immer noch nicht. Im Gegenteil: Die Fronten scheinen verhärtet, auch innerhalb der Bundesregierung gehen die Meinungen auseinander.
Laut Kanzler
Abstimmung über die Impfpflicht im Bundestag
In der kommenden Woche soll im Bundestag über eine allgemeine Impfpflicht abgestimmt werden, ohne die sonst üblichen Fraktionsvorgaben. Mehrere Vorschläge aus Reihen der Regierung und Opposition liegen vor – wobei Teile der FDP und der Linksfraktion keine Impfpflicht wollen; grundsätzlich dagegen ist auch die AfD.
Diese Vorschläge gibt es:
- Die meisten Unterstützer hatte der Entwurf einer Abgeordnetengruppe für die Impfpflicht ab 18.
- Daneben gibt es einen Entwurf einer Gruppe für eine Beratungspflicht und eine mögliche Impfpflicht ab 50 Jahren.
- Ein weiterer Gruppenantrag lehnt eine Impfpflicht ab.
- Union und AfD haben eigene Anträge vorgelegt.
Völlig offener Ausgang bei Abstimmung über Impfpflicht
Der Ausgang der Abstimmung ist völlig offen. Scholz selbst unterstützt – wie auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und große Teile der Grünen-Fraktion – den Entwurf für eine Pflicht ab 18 Jahren. Allerdings berichten "Bild"-Zeitung und der "Spiegel", dass es dafür keine Mehrheit gebe. Mehr noch: Einige Befürworter wollen demnach nun auf die Pflicht ab 50 Jahre umschwenken. Vorgeschaltet wäre hier dabei zunächst eine Beratungspflicht.
In den Berichten wird zudem darauf verwiesen, dass in Gesprächen zwischen SPD und Union vorerst keine Verständigung erreicht worden sei. Aus SPD-Kreisen hieß es, Gespräche liefen, es gebe keinen neuen Stand.
Die Pläne der Ampel-Parteien
Was den Stand der Bemühungen um einen mehrheitsfähigen Kompromiss angeht, halten sich Gesundheitspolitiker von Grünen und FDP bedeckt. "Alle demokratischen Fraktionen und Abgeordnete aus diesen Fraktionen sind im Moment dazu aufgerufen, jetzt Vorsorge zu betreiben und nach Lösungen zu suchen. Wie die aussehen können im Detail, kann ich jetzt bei den laufenden Gesprächen nicht vorwegnehmen", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Janosch Dahmen, am Freitag im ARD-"Morgenmagazin".
Der FDP-Obmann im Gesundheitsausschuss, Andrew Ullmann, sagte im Deutschlandfunk auf die Frage, ob eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren vom Tisch sei: "Also das kann ich an dieser Stelle so nicht bestätigen, sondern nur sagen, dass Gespräche momentan stattfinden." Dabei sei Stillschweigen vereinbart. "Wir diskutieren untereinander, wir diskutieren aber auch mit der Union."
Dahmen, der den Antrag für eine Impfpflicht ab 18 mitverantwortet hatte, sagte: "Also zunächst mal ist es richtig, dass bei Kompromissen in der Regel nie das beschlossen wird, was als reiner Antrag von einer Seite eingebracht wurde." Gleichzeitig müsse sich jeder Kompromiss daran messen lassen, dass er am Ende ein wirksames Gesetz auf den Weg bringe. "Und wirksam ist nur das, was rechtzeitig greift und gerade die besonders Gefährdeten mit schützt."
Der Vorschlag der Union
Anders als bei den Ampelfraktionen scheint in der Unionsfraktion Einigkeit zu herrschen. Der Vorschlag von CDU und CSU: Ein Impfregister soll aufgebaut werden, damit klar wird, wer überhaupt geimpft ist und wer gezielt angesprochen werden müsste.
Einen Impfpflichtbeschluss zum jetzigen Zeitpunkt lehnt die Union ab und spricht sich stattdessen für einen "gestuften Impfmechanismus" aus, den Bundestag und -rat bei verschärfter Pandemielage in Kraft setzen könnten. Dieser könnte dann zwar theoretisch auch eine Impfpflicht vorsehen, aber nur für bestimmte besonders gefährdete Bevölkerungs- und Berufsgruppen. "Unser Antrag ist bereits ein durchdachter, vernünftiger Kompromiss für die Bevölkerung", sagte der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger der "Augsburger Allgemeinen". "Wir werden deshalb geschlossen dabei bleiben."
Als kritisch gilt in Deutschland vor allem die im Vergleich zu anderen Ländern große Impflücke. Aktuell steht die Impfkampagne wieder nahezu still. In der Risikogruppe der 24 Millionen Menschen ab 60 Jahren haben rund elf Prozent keinen Grundschutz mit zwei Impfungen. Spätestens im Herbst könnte es auch wieder Streit über Corona-Auflagen geben. Denn das geänderte Infektionsschutzgesetz ist bis 23. September befristet. (AFP/dpa/mf)
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