Das erste TV-Duell dieses Bundestagswahlkampfs zwischen den Spitzenkandidaten der SPD und der Union ist Geschichte. Besonders leidenschaftlich wurde bei den Themen Migration und Wirtschaft gestritten. Eine Einordnung der wichtigsten Aussagen.
In ihrem ersten TV-Duell vor der Bundestagswahl haben sich Bundeskanzler
Was sagen Scholz und Merz über Migration?
Olaf Scholz spricht über Zurückweisungen
Seine Regierung habe dafür gesorgt, dass 40.000 Zurückweisungen durchgeführt worden seien.
Das sind die Fakten
Das entspricht tatsächlich den Angaben des Bundesinnenministeriums (BMI). "Es hat an den deutschen Grenzen 43.500 Zurückweisungen gegeben", sagte ein Sprecher etwa bei der Regierungspressekonferenz vom 27. Januar. "Solche Zurückweisungen finden in großem Umfang statt, seitdem es Binnengrenzkontrollen an den deutschen Grenzen gibt – seit Oktober 2023 zunächst an vier Grenzen, seit Herbst 2024 an allen deutschen Grenzen."
Irreguläre Zuwanderung begrenzt (Scholz)
"Im letzten Jahr ist die Zahl derjenigen, die irregulär (nach Deutschland) gekommen sind, um 100.000 – über ein Drittel – gesunken."
Das sind die Fakten
Auch das bestätigte Ende Januar der BMI-Sprecher. "Wir hatten 2024 im Vergleich zu 2023 111.000 Asylgesuche weniger. Das ist ein Rückgang der irregulären Migration um 34 Prozent." Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gab es 2024 insgesamt knapp 251.000 Asylanträge, im Jahr zuvor waren es fast 352.000.
Scholz äußert sich zur Anzahl der Asylsuchenden
"Im Januar 2025 gab es den niedrigsten Wert an Asylgesuchen seit 2016."
Das sind die Fakten
Hier liegt Scholz nicht richtig. Im Januar 2025 wurden nach Bamf-Angaben 16.594 Asylanträge gestellt. In seiner eigenen Regierungszeit gab es schon Monate mit weniger Anträgen, etwa im Dezember 2024 (13.716) oder im April 2022 (13.056). Doch auch während der schwarz-roten Vorgängerregierung unter
Abschiebungsrate erhöht (Scholz)
"Wir haben die Abschiebungen um 70 Prozent gesteigert, seitdem ich Kanzler bin."
Das sind die Fakten
Im Corona-Jahr 2020 gab es 10.800 Abschiebungen aus Deutschland. Im Jahr 2021 waren es 11.982 Abschiebungen. Seitdem ist die Gesamtzahl der Abschiebungen jährlich angestiegen. Für den Zeitraum von Januar bis November 2024 lag die Zahl nach BMI-Angaben bei 18.384. Das ist im Vergleich zu 2020 tatsächlich ein Anstieg um knapp 70 Prozent. Scholz hatte das Amt des Bundeskanzlers aber erst am 8. Dezember 2021 übernommen. Seit 2021 beträgt die Steigerung rund 53 Prozent.
Merz vergleicht Zuwanderung mit Abschiebung
"Wir haben immer noch in vier Tagen so viele Zuwanderer, wie in einem Monat abgeschoben werden. Das sind nach wie vor zu viele. Wir hatten im letzten Jahr 240.000."
Das sind die Fakten
Die Zahl von 240.000 entspricht in etwa den Angaben des Bamf. Demnach gab es im vergangenen Jahr knapp 230.000 Erstanträge auf Asyl. Das wären im Schnitt 629 pro Tag – also 2.516 in vier Tagen. Demgegenüber gab es in den elf Monaten von Januar bis November 18.384 Abschiebungen, also im Schnitt 1.671 pro Monat.
Zwei Millionen irreguläre Migranten während der Ampel-Regierung (Merz)
"Wir haben in den drei Jahren Ihrer Amtszeit in Deutschland weit über zwei Millionen irreguläre Migranten nach Deutschland (kommen) gesehen."
Das sind die Fakten
Was
Was sagen Scholz und Merz über die Wirtschaft?
Die Wirtschaft in Deutschland war eines der am heißesten diskutierten Themen im TV-Duell zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Eine Auswahl der Aussagen im Check:
Drei Jahre Rezession in Deutschland (Merz)
"Wir sind jetzt im dritten Jahr einer Rezession. Das hat es in Deutschland noch nie gegeben."
Das sind die Fakten
Die deutsche Wirtschaft ist zwei Jahre in Folge geschrumpft. 2024 sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Statistiker bestätigten damit eine frühere Schätzung. Bereits 2023 war das BIP um 0,3 Prozent zum Vorjahr gesunken. Es handelt sich um die längste Rezession seit mehr als 20 Jahren: Zuletzt war die deutsche Wirtschaftsleistung 2002/2003 zwei Jahre in Folge zurückgegangen.
Für das laufende Jahr gibt es noch keine abschließende Zahl. Die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognose für 2025 erst kürzlich auf 0,3 Prozent eingedampft, nachdem sie noch im Herbst ein Plus von 1,1 Prozent erwartet hatte. Der Bundesverband der Deutschen Industrie ist noch pessimistischer als die Bundesregierung und rechnet auch in diesem Jahr mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung (-0,1 Prozent). BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner sagte, für den Fall von Zöllen in den USA auf EU-Importe könnte die deutsche Wirtschaft sogar um fast 0,5 Prozent schrumpfen. Drei Rezessionsjahre in Folge wären ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik.
Hohe Zahl an Insolvenzen (Merz)
"50.000 Unternehmen sind in Ihrer Amtszeit in Deutschland in die Insolvenz gegangen."
Das sind die Fakten
Scholz hat das Amt des Bundeskanzlers am 8. Dezember 2021 übernommen. Zwischen Dezember 2021 und Oktober 2024 hat es nach Daten des Statistischen Bundesamts fast 52.000 Unternehmensinsolvenzen gegeben, davon gut 18.000 von Januar bis Oktober vergangenen Jahres.
Steigende Zahl an Erwerbstätigen (Scholz)
"Wir haben 46 Millionen Erwerbstätige in Deutschland, eine Zahl, die steigt."
Das sind die Fakten
Das Statistische Bundesamt nennt für Dezember 2024 die Zahl von rund 46 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland. Und tatsächlich ist demnach die Zahl zuletzt auch wieder gestiegen: im Dezember um 4.000, im November um 9.000 und im Oktober um 13.000. Allerdings waren es in den Monaten Juni bis September jeweils im Schnitt 20.000 Erwerbstätige weniger.
Merz kritisiert das fehlende Wachstum im Vergleich zur EU
"Woran liegt es denn, dass so viele andere Länder in der Europäischen Union längst wieder Wachstumsraten haben und wir nicht? Wir liegen auf dem letzten Platz aller europäischen Länder."
Das sind die Fakten
Die Zahlen zum Wirtschaftswachstum der einzelnen EU-Länder laufen bei der EU-Statistikbehörde Eurostat zusammen. Das jüngste Jahr, in dem ein Vergleich zwischen allen 27 Mitgliedsstaaten möglich ist, ist 2023. Denn für 2024 haben noch nicht alle Regierungen nach Brüssel gemeldet.
Den Eurostat-Zahlen zufolge lag die Wachstumsrate des realen BIP 2023 im Vergleich zum Jahr davor in der Bundesrepublik bei -0,3 Prozent. Dahinter lagen sechs Länder: Ungarn (-0,9), Österreich (-1,0), Luxemburg (-1,1), Finnland (-1,2), Estland (-3,0) und Irland (-5,5).
In der jüngsten Herbstprognose der EU-Kommission mit ihrem Ausblick auf die künftige Wirtschaftsentwicklung ist Deutschland 2025 tatsächlich Schlusslicht. Brüssel erwartet einen Anstieg des deutschen BIP um lediglich 0,7 Prozent. Kein anderes EU-Land hat einen niedrigeren Wert. Und für 2026 sieht es demnach nur für Italien noch schlechter aus. (dpa/bearbeitet von the)
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