• Das desaströse Abschneiden der CDU bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz trifft nicht nur die Verantwortlichen in den Bundesländern hart.
  • Die doppelte Pleite zum Start in Superwahljahr ist auch für die Bundespartei ein Riesenproblem, allen voran für den neuen CDU-Chef Armin Laschet.

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Es ist kein guter Start für Armin Laschet ins Superwahljahr. Natürlich hat der neue CDU-Chef wegen der Maskenaffäre geahnt, dass es beim ersten Stimmungstest wohl noch schlechter kommen dürfte, als ohnehin lange befürchtet.

Doch dass nun nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern auch in Baden-Württemberg tatsächlich eine Ampel-Koalition möglich ist, dürfte die Nervosität in der Union schlagartig erhöhen. Und den Zeitdruck, zügig einen Kanzlerkandidaten zu stellen. Denn für Grüne, SPD und FDP könnte das Wahlergebnis starker Rückenwind beim Versuch sein, die Union aus dem Kanzleramt in Berlin zu vertreiben.

Derzeit geben Umfragen eine Ampel-Koalition im Bund zwar nicht her - aber gesetzt ist ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl nichts. Das Rennen ist offen. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zeigt sich sofort bereit zum Kampf: "Es ist ein guter Tag, weil er auch zeigt, dass Regierungsbildung ohne die CDU möglich ist in Deutschland."

Mit Merkel fällt der Amtsbonus weg

Wie sehr man die Landtagswahlen allerdings bereits als Stimmungstest für die Bundestagswahl werten kann, ist ungewiss. Zumindest einen wichtigen Unterschied gibt es: In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hatten sich schon lange vor dem Wahltag Amtsinhaber-Wahlen abgezeichnet.

Die populären Regierungschefs Winfried Kretschmann (Grüne/Baden-Württemberg) und Malu Dreyer (SPD/Rheinland-Pfalz) führten die Umfragen an, es schien kaum ein Kraut gegen sie gewachsen - zumal beide auch bei der Bekämpfung der Corona-Krise eine vergleichsweise gute Figur machten.

Auch im Bund konnte die CDU bei den vergangenen Wahlen immer mit dem Kanzlerinnen-Bonus rechnen. Das wird in diesem Herbst anders sein: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will nicht mehr antreten.

Trotzdem gibt es jemanden, der sich einen Bonus ausrechnet: Scholz beansprucht bereits eine Art Vizekanzler-Vorteil für sich. Bei jeder Gelegenheit lässt der Finanzminister durchblicken, er sei wohl der einzige Kandidat mit Regierungserfahrung nicht nur auf Bundesebene, sondern etwa auch in internationalen G7- und G20-Formaten. An den aus SPD-Sicht eher enttäuschenden Umfragewerten ändert das alles allerdings bisher nichts.

Laschet trägt Mitverantwortung für Corona-Frust

In der CDU hatten sie zuletzt vorsorglich eine Brandmauer um Laschet errichtet. Eine Mitschuld daran, dass die Partei in beiden Ländern wohl das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte einfahren dürfte, sei ihm kaum zu geben - zu kurz sei der neue Chef ja erst im Amt. Vor allem in Baden-Württemberg sei die Ursache im Land selbst zu suchen - bei der Kandidatin und der verkorksten Kampagne, hieß es da.

Doch so ganz stimmt das nicht, das wissen sie auch an der CDU-Spitze: Der Frust der Bürgerinnen und Bürger über den schleppenden Impfstart und die oft als kompliziert kritisierten Bund/Länder-Beschlüsse zu Lockerungen der Corona-Maßnahmen waren sicher kein Rückenwind.

Dafür ist Laschet als NRW-Ministerpräsident und CDU-Chef mitverantwortlich. Zudem habe das "wirklich unanständige Verhalten und die Schamlosigkeit einzelner Abgeordneter" in der Maskenaffäre für straffen Gegenwind für die Wahlkämpfer gesorgt, ärgert sich Generalsekretär Paul Ziemiak.

Selbst die CSU lässt das Wahl-Desaster nicht kalt

Nicht auszuschließen ist, dass die miesen Ergebnisse vom Sonntag einen Turboeffekt auf die Entsheidung über den Kanzlerkandidaten der Union haben könnten. Zwischen Ostern und Pfingsten wollen Laschet und CSU-Chef Markus Söder klären, wer von ihnen ins Rennen geht. Der Druck für eine frühe Entscheidung wächst.

In der CDU gibt es kaum Zweifel, dass Laschet die Kanzlerkandidatur unbedingt will - zu sehr wäre er wohl beschädigt, würde er als Chef der großen schwarzen Schwester dem Bayern den Vortritt lassen. Doch schon länger gibt es ein Murren, Laschet solle stärker einen Kurs vorgeben und Inhalte mit zugkräftigen Köpfen verbinden.

Auch die CSU dürfte die Auswirkungen vom Sonntag zu spüren bekommen - auch wenn sie nirgends auf dem Wahlzettel stand. Ihre wohl größte Angst: Die Landtagswahlen könnten Auftakt für einen Stimmungswechsel sein, der am 26. September im Bund eine Regierung gegen die Union möglich machen könnte. (dpa/mcf)


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