Im MDR haben sich die Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt einen letzten Schlagabtausch geliefert. Vor allem Linken-Politikerin Eva von Angern ging den CDU-Ministerpräsidenten Reiner Haseloff an. Der AfD-Vertreter blieb dagegen blass.

Eine Kritik
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Am Sonntag wählt Sachsen-Anhalt einen neuen Landtag (hier geht's zu unserem Live-Ticker zur Landtagswahl 2021 in Sachsen-Anhalt!). Die politische Stimmung im Land ist aufgeheizt: Die AfD könnte ein Ergebnis deutlich über 20 Prozent einfahren, und die Partner der schwarz-rot-grünen Landesregierung sind sich zumindest rhetorisch in Abneigung verbunden. Auch bei der Fernsehdiskussion im MDR am Montagabend schonen sich die Spitzenkandidaten der Parteien nicht.

Das sind die Spitzenkandidaten

Reiner Haseloff (CDU): Der 67-Jährige regiert seit zehn Jahren in Magdeburg. Er verspricht unter anderem mehr Stabilität im ländlichen Raum: Die Autobahn 14 werde fertiggebaut, keine weiteren Krankenhäuser oder Schulen wolle man schließen.

Oliver Kirchner (AfD): Der Chef der größten Oppositionsfraktion kritisiert unter anderem die Corona-Politik der Landesregierung. Der Lockdown sei falsch gewesen. "Wir hätten viel eher aufmachen müssen."

Eva von Angern (Linke): "Wir brauchen ein Investitionsprogramm für den ländlichen Raum", sagt die Co-Chefin der Landtagsfraktion. Da das mittlere Einkommen in Sachsen-Anhalt mit 700 Euro unter dem Bundesschnitt liegt, will sie unter anderem die Tarifbindung stärken.

Katja Pähle (SPD): "Wir wollen Bildung zum Herzensthema der nächsten Landesregierung machen", sagt die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten. Um die Coronakrise zu lösen, setzt sie vor allem auf Impfungen: "Das ist der einzige Weg, der uns aus der Pandemie herausführen wird."

Cornelia Lüddemann (Bündnis 90/Die Grünen): Die Fraktionsvorsitzende findet zwar, dass die Autobahn 14 zu Ende gebaut werden muss. Weitere Projekte dieser Art solle die Landesregierung aber nicht angehen. "Wir wollen alles, was jetzt ansteht, unter Klimaschutz-Vorbehalt stellen."

Lydia Hüskens (FDP): Als Spitzenkandidatin will die gebürtige Rheinländerin die Liberalen zurück in den Landtag führen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließt sie kategorisch aus: "Wir wollen ein weltoffenes, modernes Bundesland sein, das innovativ ist. Dafür brauchen wir Menschen, die zu uns kommen wollen."

Koalition der Zwietracht

Derzeit regieren CDU, SPD und Grüne noch in einer sogenannten Kenia-Koalition. Sie hat seit 2016 zwar viele Aufgaben in Sachsen-Anhalt abgearbeitet, war aber alles andere als eine Liebesheirat. Das demonstrieren die Vertreter der Parteien auch in der Wahlarena.

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Vor allem Katja Pähle und Cornelia Lüddemann greifen den CDU-Ministerpräsidenten an, als säßen sie nicht in einer Koalition mit ihm. Beim Thema Lehrermangel kritisiert die Sozialdemokratin Pähle das Einstellungsmanagement des CDU-Bildungsministers als "unprofessionell". Nichts unternommen habe der Minister, um die dringend gesuchten Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen besser zu bezahlen. "Es ist nichts passiert. Das ist der Vorwurf an den Bildungsminister und indirekt auch an Sie, Herr Haseloff."

Grünen-Politikerin Lüddemann wiederum wirft dem Ministerpräsidenten vor, das eigene Bundesland im Bundesrat schlecht zu reden und den Strukturwandel über sich ergehen zu lassen. Lüddemann bezeichnet den Kohleausstieg als "Riesenchance" für Sachsen-Anhalt. "Das ist die Innovationskraft in den nächsten Jahren."

Haseloff wiederum hebt vor allem die positiven Entwicklungen hervor: Die Zahl der Menschen, die neu nach Sachsen-Anhalt ziehen, ist inzwischen größer als die der Abwanderer. Die Arbeitslosenquote habe mit 7,7 Prozent ein niedriges Niveau erreicht und sinke trotz Corona noch weiter. Seine zentrale Botschaft lautet daher unausgesprochen: Weiter so wie bisher.

Angriffslustige Linken-Politikerin

In Umfragen liefern sich CDU und AfD derzeit ein Rennen um den ersten Platz. Die Linke als frühere Volkspartei des Ostens ist ein bisschen aus dem Blickfeld geraten – und Eva von Angern setzt an diesem Abend alles daran, das zu ändern. Die Rechtsanwältin ist die Angriffslustigste in der Runde. Sie feuerte mehrere Angriffe auf Haseloff ab: Die Landesregierung habe in der Pandemie Künstler und Einzelhändler im Stich und das Landesparlament außen vor gelassen. Schwere rhetorische Geschütze fährt sie auch bei der Bildungsdebatte auf: Die Landesregierung habe sich "an den Kindern vergangen", indem sie den Lehrermangel nicht angehe. "Schauen Sie mal auf Ihre Wortwahl", sagt da ein entrüsteter Reiner Haseloff.

Weniger präsent ist AfD-Fraktionschef Oliver Kirchner. Fragen zu Zuwanderung und Integration, auf die sich die Partei gerne stürzt, hat der MDR nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Der Sender hatte zuvor in einer repräsentativen Umfrage nach den wichtigsten Themen im Land gefragt – und da hatten sich die Befragten für Coronakrise, Ländlichen Raum, Bildung und Wirtschaft entschieden. AfD-Politiker Kirchner schießt vor allem Pfeile gegen die Grünen. "Der Mittelstand will kein Erneuerbare-Energien-Gesetz", sagt er. "So etwas braucht in diesem Land kein Mensch."

Das sind Sätze, die ihm bei konservativen Zuschauern viel Applaus einbringen dürften. Allerdings gerät Kirchner bei einem anderen Thema ins Schlingern: Die AfD will, dass nur noch 25 Prozent der Schüler in Sachsen-Anhalt Abitur machen dürfen. So will sie dem Handwerk neue Arbeitskräfte verschaffen. Wie eine solche Quote aber im Kampf gegen Lehrer- und Medizinermangel helfen soll, kann er nicht überzeugend erklären.

Reiner Haseloff: "Stehe zu meinem Wort"

Am Ende bleibt die allesentscheidende Frage: Wer regiert nach der Wahl mit wem? Oliver Kirchner ärgert sich, dass keine der anderen Parteien mit der AfD zusammenarbeiten will: "Wenn man will, dass das Land demokratisch regiert wird, dann muss man auf den Wählerwillen hören." 2016 habe das Land mehrheitlich konservativ gewählt - dann aber das Bündnis aus CDU, SPD und Grünen bekommen.

"Es gibt eine klare Ansage - und die steht auch hier als Person", stellt der Ministerpräsident aber klar: Eine Zusammenarbeit mit der AfD werde es mit ihm nicht geben, so Haseloff. Damit bleibt nur ein Bündnis der politischen Mitte: Die CDU wird sich wohl aus SPD, Grünen und FDP zwei Koalitionspartner aussuchen. An den Inhalten wird das wohl nicht scheitern. Der teils laute Streit an diesem Abend verdeckt, dass sich die Spitzenkandidaten eigentlich in vielem einig sind: Mehr Lehrkräfte, mehr Investitionen in den ländlichen Raum, Industriearbeitsplätze erhalten - das wollen letztlich alle.

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