Linkenpolitiker Bodo Ramelow würde gern weiter in Thüringen regieren. Doch den Umfragen zufolge ist das unwahrscheinlich. Stattdessen könnte sich Mario Voigt von der CDU durchsetzen. Oder vielleicht auch Katja Wolf vom BSW? Die Spitzenkandidaten der Thüringenwahl im Überblick.

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In Thüringen wird wie im Nachbarland Sachsen am Sonntag kommender Woche ein neuer Landtag gewählt. In Umfragen liegt die AfD vorn, gefolgt von der CDU. Die seit fünf Jahren regierende Minderheitskoalition von Linkspartei, SPD und Grünen ist von einer Mehrheit weit entfernt.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) dürfte in Thüringen erstmals in den Landtag einziehen. Ein Überblick über die Spitzenkandidaten von Linkspartei, CDU, AfD, SPD, Grünen, FDP und BSW.

Bodo Ramelow (Linke)

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Der seit zehn Jahren als Ministerpräsident amtierende Ramelow ist in einer verfahrenen Lage: Der 68-Jährige will nicht weiter mit einer Minderheitsregierung arbeiten müssen, aber von einer Mehrheit ist Rot-Rot-Grün weit entfernt.

Andere potenzielle Partner sind nicht ernsthaft in Sicht, auch wenn Ramelow dem BSW Avancen macht, und so hält der Linkspolitiker weiter eisern an dem Ziel fest, seine Partei auch mit Hilfe seines Amtsbonus zur stärksten Kraft zu machen.

Der im niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck geborene Ramelow fand über eine Gewerkschaft den Weg in die Politik. In den 80er Jahren war der gelernte Einzelhandelskaufmann zunächst Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen, bevor er 1990 nach Thüringen ging.

Auch dort blieb er zunächst der Gewerkschaft treu, zog dann aber 1999 für die damalige PDS in den Erfurter Landtag ein, wo der angriffslustige Politiker bald Fraktionschef wurde. Nach einem Intermezzo in der Bundespolitik kehrte er nach Thüringen zurück. 2014 wurde er zum ersten Linken-Regierungschef gewählt.

Mario Voigt (CDU)

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Voigt will die CDU nach zehn Jahren zurück in Regierungsverantwortung bringen und Rot-Rot-Grün ablösen. Im Wahlkampf spitzt der 47-Jährige die Entscheidung allerdings auf das Duell zwischen CDU und AfD, zwischen ihm und AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, zu. Bundesweite Aufmerksamkeit erzielte im April ein Fernsehduell der beiden, was Voigt zumindest mehr Bekanntheit bescherte.

Die CDU liegt in Thüringen Umfragen zufolge zwischen 20 und 23 Prozent und damit deutlich über der Linken von Ramelow.

Voigt, der seit vier Jahren CDU-Fraktionschef ist und seit September 2022 auch die Landespartei führt, will Ministerpräsident werden. In den Umfragen liegt die AfD allerdings vorn, weshalb die Regierungsbildung schwierig werden kann. Ein Bündnis mit dem BSW schließt Voigt nicht aus, eines mit AfD, Linkspartei und Grünen schon.

Katja Wolf (BSW)

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Mit der früheren Linken-Politikerin Katja Wolf hat das BSW einen echten Trumpf in der Tasche. Wolf, die auch eine der beiden Landesvorsitzenden ist, gehörte bis zu ihrem Parteienwechsel zu den bekanntesten Linken-Politikern in Thüringen.

Die 48-Jährige saß von 1999 bis 2012 im Thüringer Landtag, bevor sie Oberbürgermeisterin in Eisenach wurde. Dieses Amt übte sie zwölf Jahre lang aus. Bei der Kommunalwahl im Mai trat Wolf nicht wieder an.

Umfragen sehen das BSW bei Werten zwischen 17 und 21 Prozent. Für eine mehrheitsfähige Koalition wird vermutlich kein Weg um die Partei herumführen. Aber das BSW könnte eventuell nicht nur zur Königsmacherin eines von der CDU geführten Bündnisses werden. Auch das die Politik-Senkrechtstarter in Thüringen selbst die Regierung anführen ist denkbar. Wolf traut sich das Spitzenamt im Land auf jeden Fall zu.

Björn Höcke (AfD)

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Der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestufte AfD-Spitzenkandidat Höcke träumt ebenfalls vom Einzug in die Staatskanzlei. Er will im Fall einer Machtübernahme unter anderem die Befugnisse des Verfassungsschutzes beschneiden und die Medienlandschaft umkrempeln. Der frühere Gymnasiallehrer Höcke ist seit 2013 Sprecher des AfD-Landesverbands und seit 2014 auch Fraktionschef im Landtag.

Die Thüringer AfD wurde im Jahr 2021 vom Landesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und wird beobachtet. Schlagzeilen machte Höcke zuletzt mit zwei Prozessen vor dem Landgericht Halle, in denen der 52-Jährige wegen Verwendens von NS-Vokabular jeweils zu Geldstrafen verurteilt wurde. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

In den Umfragen liegt die AfD bei rund 30 Prozent. Eine Koalition mit ihr haben alle anderen Parteien ausgeschlossen. Sollte sie ein drittel der Sitze im Landtag erobern hätte sie aber eine sogenannte Sperrminorität. Das würde der jeweiligen Regierung die Arbeit massiv erschweren.

Georg Maier (SPD)

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Der 57-jährige Maier ist seit 2020 Landeschef der SPD in Thüringen und gilt als einer ihrer profiliertesten Politiker im Freistaat. Seit 2017 ist er in der rot-rot-grünen Minderheitsregierung von Ministerpräsident Ramelow Innenminister. Maier ist ein politischer Quereinsteiger.

Der im baden-württembergischen Singen geborene Diplomkaufmann arbeitete viele Jahre im Bankensektor, bevor er den Weg in die Politik fand. Vor seinem Wechsel an die Spitze des Innenministeriums war er Staatssekretär im Thüringer Wirtschaftsministerium.

Als Ziel für die Landtagswahl gab Maier aus, "deutlich zweistellig" zu werden. Die Umfragen sprechen nicht dafür. Auch die SPD will eine stabile Mehrheitsregierung und könnte als Partner für die CDU bereitstehen.

Madeleine Henfling und Bernhard Stengele (Grüne)

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Madeleine Henfling und Bernhard Stengele sollen das Ruder für die Grünen herumreißen und sie vor dem parlamentarischen Aus in Thüringen bewahren. Ein Scheitern wäre bitter für die Grünen, die immerhin seit zehn Jahren mitregieren.

Der 61-jährige ausgebildete Schauspieler Stengele war Grünen-Landessprecher und ist seit 2023 Umweltminister. Zuvor arbeitete er an verschiedenen Theatern und als Regisseur. Die 41-jährige Henfling sitzt seit 2014 im Landtag und ist Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion.

Thomas Kemmerich (FDP)

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Auch für den 59-jährigen FDP-Landeschef und -Spitzenkandidaten Kemmerich geht es darum, die Liberalen im Landtag zu halten, was laut Umfragen schwierig werden dürfte.

Kemmerich wurde im Februar 2020 bundesweit als überraschender Kurzzeitministerpräsident bekannt. Damals wurde er mit Stimmen von CDU und AfD zum Regierungschef gewählt. Die Wahl sorgte für großen Wirbel, weil es das erste Mal war, dass die AfD einem Ministerpräsidenten an die Macht verhalf.

Bereits nach wenigen Tagen trat Kemmerich angesichts der Empörung und auf Druck der Bundespartei zurück. Das Verhältnis zwischen der Bundes-FDP und dem thüringischen Landesverband gilt seitdem als angespannt. So unterstütz sie zum Beispiel seinen Wahlkampf in Thüringen nicht. (afp/bearbeitet von thp)

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