Andrea Kimi Antonelli wird 2025 das Cockpit von Lewis Hamilton übernehmen. Die Entscheidung für den Italiener fiel in Rekordzeit. Doch warum setzen die Silberpfeile auf einen 18-Jährigen, der gerade erst seine erste Saison in der Formel 2 fährt?

Ein Porträt
Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Andreas Reiners sowie ggf. von Expertinnen oder Experten. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Toto Wolff hat fünf Minuten gebraucht, verriet er am vergangenen Rennwochenende der Formel 1 in Monza. 300 Sekunden für eine Entscheidung, die Mercedes und die Karriere eines gerade 18-Jährigen verändern wird.

Mehr News zur Formel 1

Denn als Lewis Hamilton Wolff Anfang des Jahres eröffnete, dass er zu Ferrari geht, war dem Österreicher in Rekordzeit klar, wer der Nachfolger des siebenmaligen Champions und damit Teamkollege von George Russell wird: Andrea Kimi Antonelli.

"Aber instinktiv ist das die Konstellation mit diesen beiden, die ich immer wollte."

Mercedes-Teamchef Toto Wolff über sein Fahrerduo George Russel und Andrea Kimi Antonelli

"Natürlich haben wir mit anderen Optionen diskutiert und auch die Idee mit Max (Verstappen, d. Red.) beibehalten. Wir haben es nicht komplett ausgeschlossen, wenn man bedenkt, was bei Red Bull passiert ist. Aber instinktiv ist das die Konstellation mit diesen beiden, die ich immer wollte", sagte Wolff in Monza. Und da der erste Gedanke oft der beste ist, hielt Wolff an ihm fest. Am Wochenende wurde der Deal dann offiziell.

Doch warum setzt Wolff auf einen Rohdiamanten, um einen Superstar wie Hamilton zu ersetzen? Man kann durchaus erkennen, ob ein Talent speziell ist und durch eine gezielte Förderung und die entsprechende Weiterentwicklung möglicherweise ein Ausnahmefahrer werden kann.

Dann müssen zwar immer noch viele Dinge zusammenkommen, doch natürlich hatte es Gründe, dass Antonelli bereits als Elfjähriger im Mercedes-Fokus stand. 2019 wurde der Italiener in das Junior-Programm aufgenommen. Da hatte er bereits mehrere Titel und Meisterschaften in den Junioren Kart-Kategorien errungen.

Antonelli startet früh durch

Der Erfolg im Kartsport setzte sich fort, als er sich die Titel in der WSK Euro Series und der Super-Master-Series sicherte, bevor er zweimal die FIA Kart-Europameisterschaft in der OK-Klasse gewann. Ende 2021 bekam er zum ersten Mal die Gelegenheit, Formel-4-Luft zu schnuppern, wobei er mehrere Podestplätze einfuhr. Im Jahr 2022 wechselte er für seine erste volle Saison in die Formel 4, in der er mit Prema Racing sowohl die ADAC Formel 4 Germany als auch die italienische Formel 4 gewann.

Anfang 2023 holte er den Titel in der Formula Regional Middle East Championship, Ende vergangenen Jahres zudem die Formula Regional European Championship. Daraufhin entschied Mercedes, dass er 2024 die Formel 3 überspringt und sofort in der Formel 2 antritt. Ein Sprung, der nicht ohne ist. Denn Bäume reißt er in seiner Debütsaison nicht aus. In bislang 22 Rennen blieb er elfmal ganz ohne Punkte. 99 Zähler bedeuten drei Rennwochenenden vor Schluss Gesamtplatz sechs.

"Wir folgen ihm, seit er elf Jahre alt war. Ein Baby-Kartfahrer, der stolz mit seinem Mercedes-Kit in der Garage stand."

Mercedes-Teamchef Toto Wolff über Andrea Kimi Antonelli

Ja, Antonelli ist Rookie, aber herausragend ist das nicht – könnte man meinen. Er sitze dort allerdings nicht in einem guten Auto "und war in diesem Jahr nicht in der Lage zu zeigen, was er kann", sagte Ex-Champion Nico Rosberg. Und Wolff weiß sowieso, dass eine Junioren-Karriere nie nur geradeaus verläuft.

"Wir folgen ihm, seit er elf Jahre alt war. Ein Baby-Kartfahrer, der stolz mit seinem Mercedes-Kit in der Garage stand", sagte Wolff. Für ihn ist die Förderung des "Wunderkindes" auch ein ganz persönliches Projekt, nach all den Titeln nun noch selbst einen Champion großzuziehen. Max Verstappen hatte er vor dessen Sprung in die Formel 1 kein Cockpit anbieten können – und den aktuellen Dominator so an Red Bull verloren. Das soll nicht noch einmal passieren.

Antonellis Vater ist ehemaliger Rennfahrer

Die Rennsport-Gene hat Antonelli von seinem Vater Marco geerbt, der ein ehemaliger Rennfahrer und heute Besitzer des Teams AKM Motorsport ist, das unter anderem in der italienischen Formel 4 antritt. Wenn Antonelli nicht Rennen fährt, dann arbeitet er beim Team seines Vaters. Schraubt am Auto mit, kennt die Daten, macht den Lastwagen sauber. Das sorgt dafür, dass er am Boden bleibt und die Grundlagen und Grundsätze im Fokus behält.

Parallel dazu hat Mercedes das Juwel bereits in ein Formel-1-Auto gesetzt. Und Technikchef James Allison "hatte das große Vergnügen, den Ingenieuren zuzuhören, die beschrieben haben, wie es war, mit ihm zu arbeiten". Antonelli sei ein junger, enthusiastischer Fahrer, der sehr, sehr schnell sei und konstante Zeiten fahre, sagte Allison, der in der Formel 1 einige Champions in direkter Zusammenarbeit erlebt hat, wie zum Beispiel Legende Michael Schumacher.

Antonelli hat das Auge für Details

Allison lobt Antonelli in höchsten Tönen. Der habe bei seiner ersten F1-Fahrt "nach ein, zwei Runden den Eindruck hinterlassen, als würde er dies schon seit Ewigkeiten machen. Er hat die aktuelle Fahrzeuggeneration unvoreingenommen ausprobiert und all das gefühlt, was zu erwarten war".

Antonelli überzeugt auch mit seinem Auge für Details, mit seinem technischen Verständnis: "Er sagte, welche Stärken und Schwächen er wahrnahm und ließ dann die Ingenieure ihre Arbeit machen, um das Auto zu verbessern. Er ist offensichtlich ein sehr vielversprechender junger Fahrer", erklärte Allison.

Ist Antonelli der Beste seiner Generation?

Doch bis an die Spitze ist es noch ein weiter Weg. Bei seinem Trainingseinsatz in Monza crashte er mit dem Silberpfeil. "Ein erstes freies Training, das schiefgeht, ist kein Grund, sich gegen oder für einen Fahrer zu entscheiden", sagte Wolff.

Er weiß, dass seinem Zögling diese Missgeschicke wohl auch 2025 unterlaufen werden. Das Wichtige dabei: Sie dürfen ihm unterlaufen. "Diese Momente werden passieren, die werden auch nächstes Jahr passieren", sagte Wolff, der betonte: "Aber auch viele Highlights. Wenn er ein Champion werden will, muss er damit umgehen können. Und ich bin überzeugt, dass er das auch wird."

Das erwartet auch Rosberg, der die Entscheidung als richtig, aber auch "sehr, sehr mutig" bezeichnete. Rosberg kennt Antonelli gut, denn der Youngster fuhr vor ein paar Jahren für Rosbergs Kart-Team. "Dieser Junge ist sehr, sehr speziell, das ist eine Tatsache. Mit Sicherheit ist er vom Talent her so, dass er der Beste der nächsten Generation werden kann", so Rosberg. Für Wolff ist das schon lange klar.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.