• Red Bull Racing und Helmut Marko sind für den harten Umgang mit ihren Nachwuchsfahrern bekannt.
  • Jaime Alguersuari fuhr zweieinhalb Jahre lang für Toro Rosso, wurde entlassen und ist heute als DJ unterwegs.
  • Er gibt nun zu, dass die Zeit bei dem Rennstall heftige Spuren bei ihm hinterlassen hat.

Mehr Formel-1-Themen finden Sie hier

Helmut Marko ist für seine offene und ehrliche Art bekannt, für seine harte Hand ebenfalls. Für einen jungen Fahrer kann das schmerzhaft sein. Die Red-Bull-Schule ist gefürchtet, denn Piloten werden gefordert und gefördert, aber eben auch schmucklos abserviert, wenn sie die nötige Leistung nicht mehr bringen oder das Potenzial nicht ausreicht. Jaime Alguersuari fuhr zweieinhalb Jahre lang für Toro Rosso (heute AlphaTauri) und wurde 2011 entlassen. Mehr als zehn Jahre ist das nun her, doch die Nachwirkungen der Zeit spürt der Spanier noch heute.

"Ich träume immer noch davon", gesteht Alguersuari bei "El Confidencial". Ein Hauptdarsteller in den Träumen: Red Bulls Motorsportchef Marko. "Manchmal wache ich weinend auf. Ich träume, dass ich eine gute Runde abgeliefert habe, aber Herr Marko war trotzdem verärgert", sagte Alguersuari.

Vielversprechender Start

Dabei war sein Start vielversprechend: Mit 15 Jahren wurde er in das Red-Bull-Nachwuchsprogramm aufgenommen. Als britischer Formel-3-Champion schaffte er 2009 mit 19 Jahren als damals jüngster Formel-1-Fahrer den Sprung in die Königsklasse. Doch es war kompliziert. Sportlich, aber auch menschlich.

Denn bei dem Red-Bull-Schwesterteam geht es darum, die Fahrer für das A-Team auszubilden und vorzubereiten. Wer das sportliche und persönliche Format dafür nicht hat, wird eben aussortiert. Bei Red Bull habe man nie Frieden gehabt, selbst wenn man eine gute Leistung gebracht habe, sagt Alguersuari. "Du hattest nie das Gefühl, dass der Job erledigt ist und alle zufrieden sind. Deine Gegner haben dir mehr gratuliert als dein eigenes Team", kritisierte er.

Er fühlte "Ohnmacht und Frustration, nie angekommen zu sein. Und Herr Marko, immer verärgert und schimpfend", so der Spanier. Er habe sich bei dem Rennstall wie ein Kind behandelt gefühlt. "Das hat ein Trauma bei mir verursacht", sagte er. "Ich hatte so einen Frust in mir. Der hinderte mich daran, ein normales Leben zu führen. Nicht nur gegenüber Helmut Marko und Red Bull. Gegen die gesamte Motorsport-Welt", so Alguersuari.

Psychisch und emotional ein sehr schwerer Moment

Er steigerte sich sportlich zwar, holte nach fünf Punkten in der ersten vollen Saison im zweiten Jahr 26 WM-Zähler und schlug auch seinen Teamkollegen Sebastien Buemi, doch Red Bull reichte das nicht. Ist das der Fall, wird bei Marko und Co. nicht lange gefackelt. 2011 war der Traum für ihn schon wieder beendet. Mit 21 Jahren musste er sich umorientieren, die Karriere verlor aber an Schwung. "Ich habe es nicht verstanden. Psychisch und emotional war das ein sehr schwerer Moment für mich!", sagte er.

Die bitteren Folgen: "Ich habe Therapien gemacht und nach meinem Rücktritt haben mir mehrere Psychologen versucht zu helfen", so Alguersuari, der seine Motorsport-Karriere bereits 2015 beendete und heute erfolgreich als DJ arbeitet.

Verstappen? Die typische Red-Bull-Schule

Das Red-Bull-Schema sieht man heute in der Formel 1 immer noch. "Wenn man sich anschaut, wie es bei Max Verstappen und seinem Vater läuft, dann sieht man, dass dies dasselbe Muster ist. Das ist die Red Bull-Schule, die ich erlebt habe", sagte Alguersuari. Eine Schule, die Fahrer nicht nur fahrerisch, sondern auch menschlich auf das Haifischbecken Formel 1 vorbereiten soll.

Diese Schule erleben auch andere. Pierre Gasly und Alex Albon wurden zum Beispiel in der jüngeren Vergangenheit innerhalb von zwei Saisons befördert und dann wieder degradiert, weil sie es mit Verstappen nicht aufnehmen konnten. Gasly ist noch bei AlphaTauri, Albon bei Williams. Sie haben sich mit dem harten Umgang arrangiert. Wie auch Gaslys Teamkollege Yuki Tsunoda, der 2021 nach einem Fehler öffentlich durch den Reißwolf gezogen wurde. Sein Vertrag wurde kürzlich bis Ende 2023 verlängert.

Kleine Rolle rückwärts

Nachdem sein Interview hohe Wellen schlug, ruderte Alguersuari in den sozialen Medien zuletzt ein Stück weit zurück.

So schrieb er, dass er Red Bull und Helmut Marko sehr dankbar sei. "Helmut war mein Lehrer und jemand, der mich immer aufgefordert hat, Leistung zu erbringen, um mich zu pushen und zu fördern. Das ist das System des Junior-Teams und es funktioniert", so Alguersuari. Sie hätten ihm Disziplin und harte Arbeit gezeigt. Qualitäten, die ihm auch in anderen Lebensbereichen dabei helfen würden, seine Ziele zu erreichen, sagte er: "Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ich nicht derjenige wäre, der ich bin, ohne Teil von Red Bull gewesen zu sein".

Verwendete Quellen:

  • El Confidencial: Jaime Alguersuari: "Aún me vienen sueños muy raros y extraños de la época que viví en la F1"
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.

Rennkalender soll weiter aufgebläht werden: Formel 1 plant Rekordjahr 2023

Viel USA, noch mehr Naher Osten und dazu die Rückkehr von China und Katar: Die Formel 1 bläht ihren Kalender auch im Jahr 2023 weiter auf und peilt den nächsten Rekord an. 24 Rennen sollen in der kommenden Saison stattfinden, neu dabei ist ein weiteres US-Rennen.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.