Dem deutschen Fußball droht eine erneute Erschütterung wegen des Verdachts auf Spielmanipulation. Einem Bericht zufolge stehen 17 Begegnungen im Fokus, zum Teil aus dem Profi-Bereich. Die Polizei ermittelt bereits. Der DFB äußert sich dazu.
Im deutschen Fußball stehen einem Bericht der "Hamburger Morgenpost" zufolge 17 Spiele unter Manipulationsverdacht. Demnach könnten in den vergangenen zwei Jahren - die Rede ist von einem Zeitraum seit November 2022 - Partien aus der 3. Liga, zwei Regionalligen und mehreren Oberligen zum Zweck des Wettbetrugs beeinflusst worden sein. Der Deutsche Fußball-Bund wisse laut "Mopo" von dem Verdacht und nehme diesen "sehr ernst".
Ermittlungen der Polizei im Saarland und in Hessen
Die Polizei im Saarland ermittelt bereits. Das teilte die Behörde auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Dem Hessischen Landeskriminalamt sind zudem nach eigenen Angaben zwei "auffällige" Begegnungen bekannt. Zusätzlich ist das Bundeskriminalamt "in den genannten Vorgang im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion eingebunden", teilte ein BKA-Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit
Die beiden Spiele in Hessen "werden derzeit kriminalpolizeilich bewertet", wie es hieß. Im Saarland geht es um eine Begegnung, die stattgefunden hat, wie die Polizei mitteilte. Sie führt die Ermittlungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft Saarbrücken durch. Weitere Angaben machte die Polizei zunächst nicht.
Von Verbandsseite hieß es dazu in einer ersten Stellungnahme: "Belastbare Erkenntnisse hierzu liegen uns noch nicht vor. Wir stehen allerdings bereits in Kontakt mit den zuständigen Behörden und unserem Monitoring-Partner Genius Sports", teilte der DFB auf SID-Anfrage mit: "Weitere Ausführungen sind dem DFB mit Blick auf die angelaufenen Ermittlungen nicht möglich."
Allerdings zweifle der Verband daran, dass Fußballspiele für das Eintreffen eines exakten Ergebnisses manipuliert werden können. In den betroffenen Partien soll es teilweise auffällige Fehlentscheidungen der Schiedsrichter oder schwere Patzer von Torhütern und Abwehrspielern gegeben haben. "In einer Partie wurden sogar ausschließlich Eigentore erzielt", hieß es in dem Bericht.
Verdächtige Chatverläufe
Bei den 17 Partien sollen Informationen und gar die späteren Ergebnisse über die zu erwartenden Spielergebnisse im Darknet, einem verschlüsselten Teil des Internets, mittels einer Kryptowährung verkauft worden sein. So konnten womöglich hohe Wettgewinne erzielt werden. Entsprechende Chatverläufe sollen die kriminellen Deals belegen.
Der Verdacht sei sehr plausibel, sagte Hannes Beuck, einer der Gründer von Gamesright. Das Unternehmen setzt sich nach eigenen Angaben für Verbraucher ein, die Geld bei Online-Casinos und Online-Sportwetten verloren haben. Die Verflechtung von Sport und Wetten sei ein grundsätzliches Problem, sagte Beuck.
Das Geld ist ein verlockender Anreiz
Das Potenzial für manipulierte Spiele in den Amateurligen sei dabei besonders hoch. Denn Schiedsrichter und Spieler werden laut Beuck schlecht oder gar nicht bezahlt.
Welche Spiele genau unter Verdacht stehen, soll aus Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen zunächst nicht öffentlich werden. Der "Mopo" zufolge hat der für die Überwachung von Sportwetten zuständige DFB-Partner bei Stichproben bislang keine Auffälligkeiten festgestellt. Und dies, obwohl der Fußball in der Vergangenheit beim Thema Wettmanipulation viel Geld in modernste Technik investiert hat.
Die Überwachungssysteme des DFB-Partners wurden ausgetrickst
Bei dem aktuellen Betrug sei verabredet worden, dass nur ein Maximalbetrag bei den Wettanbietern platziert werde, damit die Überwachungssysteme nicht anschlagen. Zudem sollen die 17 unter Verdacht stehenden Partien ganz bewusst nur an sehr wenige "Kunden" verkauft worden sein.
So habe "man sichergestellt, dass nicht auffällig viele Menschen auffällig hohe Beträge auf das korrekte Ergebnis setzen würden", heißt es in dem Bericht, "und die Quote nicht nur hoch, sondern die mutmaßliche Manipulation auch unter dem Radar der Überwacher bleibt".
Vorfälle in Niendorf und Sasel
Das "Hamburger Abendblatt" berichtet von zwei Vorfällen bei den Spielen des Niendorfer TSV und des TSV Sasel am 3. September. Danach erhielten beide Klubs jeweils einen Hinweis, das auf ihre Spiele Live-Wetten abgeschlossen werden sollen.
Beide Klubs entdeckten auf ihren Sportanlagen jeweils einen Datenscout, der Informationen für die Live-Wetten an einen entsprechenden Anbieter weitergab. Als die Männer von den Anlagen verwiesen worden waren, konnten im Internet keine Wetten mehr auf die beiden Spiele abgeschlossen werden. Der Niendorfer TSV schlug den SC Victoria Hamburg mit 5:2. Der TSV Sasel gewann sein Heimspiel gegen den SV Halstenbek-Rellingen mit 3:2.
Wetten auf Amateurspiele sind in Deutschland verboten
Laut Glücksspielstaatsvertrag sind Wetten auf Amateurspiele in Deutschland verboten. Bei ausländischen Anbietern sind diese Wetten aber weiter möglich.
"Der Hamburger Fußball-Verband hat sich durch seine Spielordnung und seine Partner deutlich gegen illegale Sportwetten positioniert. Den vorliegenden Fällen gehen wir gemeinsam mit dem DFB nach. Sollte sich dahingehend etwas bewahrheiten, werden wir dagegen vorgehen", erklärte Präsident Christian Okun. Der Verband kooperiert seit diesem Sommer mit Gamesright - so trägt die Oberliga den Namen "Gamesright Oberliga Hamburg".
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Regionalliga-Spiel
Im Herbst 2023 hatte die Staatsanwaltschaft Bochum Ermittlungen wegen ungewöhnlich hoher Wetteinsätze bei der Regionalliga-Partie FSV Frankfurt gegen TSV Steinbach Haiger aufgenommen. Das Match des zwölften Speiltags endete am 7. Oktober 2023 mit einem 3:0-Auswärtssieg für Steinbach Haiger. Damals hatte das Bundesinnenministerium von einem Wettanbieter Hinweise auf eine mögliche Manipulation bekommen.
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Der Fußball wurde in der Vergangenheit immer wieder von Manipulationsskandalen erschüttert. Traurige Berühmtheit erlangten in Deutschland vor allem der "Bundesliga-Skandal" von 1971, als im Abstiegskampf zahlreiche Spieler Geld dafür kassierten, Einfluss auf den Spielverlauf zu nehmen.
Der Fall Robert Hoyzer erschütterte den deutschen Fußball
Der Wettskandal mit dem damaligen DFB-Schiedsrichter Robert Hoyzer im Jahr 2005 hatte das Thema aufs Neue in den öffentlichen Fokus gestellt. Diesmal geriet die Schiedsrichter-Gilde ins Zwielicht. Später sorgten vor allem die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum gegen eine international agierende Bande für Aufsehen - Partien von der 2. Bundesliga über Champions und Europa League standen unter Verdacht, auch Profispieler in Deutschland wurden gesperrt, Betrüger zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. (dpa/sid/bearbeitet von hau)
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