Nach 40 Jahren als Funktionär beim FC Bayern gibt Uli Hoeneß sein Präsidentenamt ab und verabschiedet sich damit aus der ersten Reihe. Wir blicken zurück auf eine außergewöhnliche Karriere – als Spieler und als Verantwortlicher.
Auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München am Freitag werden wie jedes Jahr die aktuellen Geschäftszahlen präsentiert. Es ist davon auszugehen, dass der Verein dabei wieder neue Rekordzahlen bei Umsatz und Gewinn vorstellen wird.
Die Zahlen werden dieses Jahr allerdings in den Hintergrund rücken. Im Vordergrund wird – wieder mal –
Wie die im Jahr 2007: Einige werden sich noch an die Wutrede des damaligen Managers Hoeneß erinnern, in der er sich gegen Kritik der Fans, die die schlechte Stimmung in der Münchner Allianz Arena monierten, vehement wehrte.
Außerdem in Erinnerung ist noch die Jahreshauptversammlung 2013, in der Hoeneß – die Anklage wegen Steuerhinterziehung war da bereits erhoben – von den anwesenden Mitgliedern mit stehenden Ovationen gefeiert wurde.
Diese bedingungslose Unterstützung bröckelte schließlich spätestens im vergangenen Jahr, als Hoeneß von den Mitgliedern ausgepfiffen und teilweise scharf kritisiert wurde. Diese Vorkommnisse dürften in Hoeneß' Überlegungen zu seinem Rücktritt auch eine Rolle gespielt haben.
Nun spielt er also wieder die Hauptrolle. Uli Hoeneß wird nicht mehr als Präsident kandidieren und damit auch seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender aufgeben. Als Mitglied bleibt er dem Aufsichtsrat allerdings erhalten.
Unter Hoeneß entwickelt sich der FC Bayern zum mitgliederstärksten Sportverein der Welt
Die Nachfolge des scheidenden Präsidenten soll der ehemalige Adidas-Boss Herbert Hainer antreten. Der 65-Jährige ist ein Freund von Hoeneß und war bereits im Jahr 2014, nach Hoeneß' Verurteilung und Rücktritt, für einige Monate Aufsichtsratsvorsitzender beim FC Bayern.
Für Hoeneß ist nach 40 Jahren als Funktionär beim FC Bayern Schluss. 1979 musste er mit 27 Jahren seine Karriere als Fußballspieler wegen einer Knieverletzung beenden. Daraufhin wurde er zunächst Manager und 30 Jahre später Präsident.
Unter Hoeneß' Regie als Manager, Aufsichtsratschef und Präsident wuchs das Unternehmen FC Bayern von 20 auf über 1.000 Mitarbeiter. Aus zwölf Millionen Mark Umsatz wurden mehr als 650 Millionen Euro. Die Zahl der Mitglieder stieg von 6.616 auf über 290.000.
Es entstanden die Allianz Arena und der Klub-Campus. Die Fußballer holten in der Amtszeit von Hoeneß mehr als 40 Titel, darunter 16 Meisterschaften, neun DFB-Pokal-Siege und als Höhepunkt im Jahr 2013 das Triple.
Der Rückzug des langjährigen Bayern-Funktionärs wird das Gesicht des Vereins mit Sicherheit verändern. Da Hoeneß aber Teil des Aufsichtsrates bleibt und er selbst angekündigt hat, seinen FC Bayern wie eine Glucke bewachen zu wollen, darf davon ausgegangen werden, dass er weiterhin nah am Verein bleibt.
Stimmen zum Abschied von Uli Hoeneß
Der Abschied von Hoeneß aus der ersten Reihe beim deutschen Rekordmeister beschäftigt ganz Fußball-Deutschland. Wir haben einige Stimmen von ehemaligen Weggefährten gesammelt.
Gegenüber unserer Redaktion äußerte sich der ehemalige Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld zum Hoeneß-Rückzug wie folgt:
"Uli ist seit unserem gemeinsamen Auftritt bei der Olympiade (1972 in München; Anm.d.Red.) ein guter Freund geworden. Als Manager während meiner Bayern-Zeit war er ein treuer und kompetenter Begleiter auf der Bayern-Bank und in der Vereinsführung, und er hat mir auch in schwierigen Phasen den Rücken freigehalten. Auf ihn konnte ich mich immer verlassen.
"Für mich ist Hoeneß der FC Bayern schlechthin und ohne ihn hätte der FC Bayern nicht diese Vormachtstellung in Deutschland und der ganzen Fußballwelt erreichen können. Ich bin stolz, mit Uli so lange zusammengearbeitet zu haben und wünsche ihm eine entspannte und glückliche Zeit im Ruhestand."
Auch der ehemalige bayerische Ministerpräsident und Aufsichtsratsmitglied des FC Bayern, Edmund Stoiber, äußerte sich bei uns zu Hoeneß:
"Uli Hoeneß hat den FC Bayern gelebt, er war und ist die Seele des Vereins. Schon als Spieler war er einer der Größten, den der FC Bayern je hatte. Als Manager hat er den Verein in allen Bereichen professionalisiert und auf Erfolgskurs gebracht. Damit war er auch Vorbild für ganze Generationen von Fußballmanagern anderer Klubs in Deutschland.
"Uli Hoeneß hat als Spieler wie als Manager und Präsident aus einem Mittelklasseverein der Oberliga Süd in den 1950er- und 60er-Jahren einen Verein geformt, der heute zu den europäischen Top 5 zählt und der bekannteste Werbeträger für den Freistaat Bayern in der ganzen Welt ist."
Christoph Daum: "Nie artig, aber stets einzigartig"
Wie die dpa berichtet, äußerte sich auch Christoph Daum, früherer Intimfeind von Hoeneß, im Bayern-Magazin "51":
"Du bist nicht als Sieger oder als Attackierer auf die Welt gekommen, doch Dein Gerechtigkeitsgefühl, Deine Fürsorge und Dein Wille haben Dich zum Lokomotivführer des Fußballs auf und außerhalb des Spielfeldes geformt."
Daum und Hoeneß verbindet die Kokain-Affäre, die einst Daums Engagement als Bundestrainer vereitelte. Hoeneß hatte zuvor in einem Zeitungsinterview den Verdacht geäußert, Daum hätte etwas mit Drogen zu tun. Jahre später trafen sich beide zu einem Gespräch, "das mir gezeigt hat, dass Du ein äußerst nachdenklicher und verzeihender Mensch bist", schrieb Daum in dem Magazin. "Du warst nie artig, aber stets einzigartig."
Auch der viermalige Bayern-Trainer
Heynckes bescheinigte Hoeneß: "Der FC Bayern bedeutet für ihn alles. Er war und ist: Das Hirn, das Herz, die Seele dieses Vereins. Die DNA des FC Bayern ist die von Uli. Wenn er für den FC Bayern agiert, kennt er auch fast keine Freundschaft – das muss man wissen."
Willi Lemke: "Wir haben uns nicht gemocht"
Ein weiterer Fußball-Funktionär, mit dem Hoeneß oft aneinandergeriet, ist Willi Lemke. Der ehemalige Manager und Aufsichtsratsvorsitzende des SV Werder Bremen blickt mittlerweile milde auf die Vergangenheit zurück:
"Ich wurde oft gefragt, ob das Show war, fürs Geschäft – oder ob wir uns tatsächlich nicht gemocht haben. Ich antwortete immer: Wir haben uns nicht gemocht“, sagte Lemke, bedankte sich bei seinem früheren Widersacher aber für dessen karitatives Engagement. "Ich habe einen demütigen Uli kennengelernt", schrieb der 73-Jährige laut der dpa.
In einem offenen Brief bei "focus.de" verriet er auch, dass er der Richterin geschrieben habe, bevor diese Hoeneß vorzeitig aus der Haft entließ. "Ich berichtete der Richterin von den Veränderungen. Du bist als Mensch gereift, was mich sehr beeindruckt hat."
Auch einen Rat für die Zukunft hat der ehemalige Werder-Boss für Hoeneß: "Im Sinne Deiner Nachfolger, die in riesige Fußstapfen treten und ihren eigenen Weg finden müssen: Wenn etwas falsch läuft, sag' es diplomatisch unter vier Augen. Nicht volles Rohr in der Öffentlichkeit. Sonst werden sie es sehr, sehr schwer haben."
Allerdings: Ein Uli Hoeneß, der nicht regelmäßig auf den Tisch haut, wie beispielsweise zuletzt wieder per Telefon in der Fußball-Talkrunde "Doppelpass" auf Sport1, ist kaum vorstellbar.
Verwendete Quellen:
- dpa
- Br.de: 40 Jahre Macher Hoeneß: Jubiläum für den Bayern-Patriarchen
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