Er kam unter dem Radar. Nun ist er nicht mehr wegzudenken. Benjamin Pavard ist in seiner ersten Saison in München zur festen Größe geworden und glänzt nun sogar als Torjäger. Was macht den französischen Weltmeister so stark?

Steffen Meyer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Steffen Meyer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Was waren sie stolz in München, als Mitte August 2019 die Leihe von Philippe Coutinho bekannt gegeben wurde. Endlich ein Superstar. Ein weiterer Coup, nachdem man bereits im Frühjahr 2019 mit der Verpflichtung von Lucas Hernandez für 80 Millionen Euro in neue Sphären vorgedrungen war.

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Diese beiden Top-Transfers standen zum Saisonstart im Mittelpunkt. Selbst über den Zugang Michael Cuisance, das Jungtalent aus Gladbach, wurde phasenweise intensiver diskutiert als über die Ankunft von Benjamin Pavard. Schließlich hatte dieser gerade trotz stolzer Ablöse von 30 Millionen Euro eine durchwachsene Saison inklusive Abstieg mit dem VfB Stuttgart hinter sich.

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Doch im Juni 2020 hat sich das Blatt gewendet. Coutinho? Randfigur. Hernandez? Häufig verletzt. Und Cuisance? Spielt quasi keine Rolle.

Pavard hingegen hat sich auf der rechten Abwehrseite zum Dauerbrenner entwickelt. 38 Pflichtspieleinsätze hat der 24-Jährige bereits zu verzeichnen. 27 Mal stand er in der Bundesliga in der Startelf.

Dass über ihn weniger gesprochen wird als über Shootingstar Alphonso Davies auf der anderen Abwehrseite, ist nachvollziehbar. Davies spielt spektakulärer, risikofreudiger und damit auffälliger.

Doch in Sachen Effektivität muss sich Pavard nicht verstecken. Sein Treffer am Wochenende gegen Düsseldorf war bereits seine siebte Torbeteiligung in der laufenden Bundesliga-Saison - ein echtes Plus für einen Außenverteidiger. Zudem provozierte er das Eigentor von Zanka.

WM-Traumtor gegen Argentinien war kein Zufall

Pavard bewegt sich gut, wenn er bei Standardsituationen in den Strafraum aufrückt. Zudem hat er einen guten Schuss, wie er bei seiner legendären Direktabnahme aus 18 Metern für die französische Nationalmannschaft bei der WM 2018 gegen Argentinien unter Beweis stellte. Der Treffer wurde später zum Tor des Turniers gewählt.

In München konzentrierte sich Pavard zu Beginn jedoch vor allem auf die Defensive. Unter Niko Kovac sollte er vor allem die rechte Seite sichern und bei Vorstößen der offensiver ausgerichteten linken Seite eher in eine Dreierkette zurückfallen und Konter sichern. Häufig war für ihn bereits an der Mittellinie Schluss. Erst unter Flick spielte er sich zunehmend frei und wurde aktiver im Offensivspiel.

Mit einer Passquote von 92 Prozent liegt er ligaweit auf Platz acht in dieser Kategorie. Mit fast einem Torschuss pro Partie belegt er unter den Außenverteidigern ebenfalls einen Top10-Platz - Tendenz steigend. "Dass sich beide Außenverteidiger ins Offensivspiel einbringen, ist aktuell eine große Qualität von uns", lobte Hansi Flick nach der Partie gegen Düsseldorf. Und weiter: "Benji ist ein Spieler, der sehr konstant spielt. Man kann sich immer 100 Prozent auf ihn verlassen".

Flick vertraut Pavard komplett

Flick vertraut seinem Rechtsverteidiger. So wirkt die Leihe von Real Madrids Alvaro Odriozola heute etwas rätselhaft. Der war als Alternative für die rechte Abwehrseite gekommen, überzeugte aber bisher weder im Training noch im Spiel.

Und auch weitere Transfergerüchte verstummten zuletzt: Dortmunds Achraf Hakimi wurde vor einigen Monaten immer mal wieder als Objekt der Bayern-Begierde genannt. Hakimi ist an guten Tagen spektakulär, doch er lässt die Konstanz und Verlässlichkeit vermissen, die Pavard in dieser Saison auszeichnen.

Die großen Tests in der Champions League stehen für Pavard noch bevor. Wann auch immer Fußball in der Königsklasse wieder möglich ist: Dann wird sich zeigen, ob der schnörkellose, geradlinige Stil von Pavard auch den allerhöchsten Ansprüchen genügt.

Pavard: Bei Flanken kann er sich noch verbessern

Defensiv ist er sehr weit. Offensiv kann er trotz der schon gezeigten Torgefahr noch zulegen. Insbesondere bei Flanken kann er noch konstanter werden. Gleiches gilt für die Entscheidungssicherheit in Strafraumnähe.

Für den Moment kann jedoch sowohl der Club als auch Pavard selbst extrem zufrieden mit der Entwicklung sein. Pavard ist ein heimlicher Gewinner dieser Bayern-Saison. Wer hätte das noch im Sommer 2019 gedacht?

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