Der 12. Dezember 2020 war ein schlimmer Tag für Borussia Dortmund und vielleicht war es damals ganz gut, dass der Signal Iduna Park wegen der Corona-Auflagen gähnend leer war. Mit 1:5 wurde der BVB von einem Aufsteiger in seine Einzelteile zerlegt, es war die höchste Heimniederlage der Dortmunder Bundesliga-Geschichte. Keine 24 Stunden später wurde Trainer Lucien Favre entlassen.

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Während bei der Borussia etwas zu Ende ging, schien dieser Tag beim damaligen Gegner VfB Stuttgart der Beginn einer großen Entwicklung. Das 5:1 in Dortmund mit einer Mannschaft aus jungen Wilden war ein Glanzlicht und Sven Mislintat auf dem Höhepunkt seiner Popularität in Stuttgart.

Acht Startelf-Spieler hatte Mislintat selbst nach Stuttgart geholt, sie zusammen mit Trainer Pellegrino Matarazzo zu Aufsteigern und einer schlagkräftigen, entwicklungsfähigen Truppe geformt und einige von ihnen dann später für teures Geld wieder verkauft. Unter anderem Gregor Kobel zum BVB.

Dort übernahm Edin Terzic als Favres Nachfolger damals das Ruder und der könnte nun schon bald wieder auf den alten Bekannten Mislintat treffen. Nicht als Gegner, sondern als Kollege.

Sven Mislintat als Sportdirektor beim BVB im Gespräch

Im Zuge der schon bald notwendigen Umstrukturierung der sportlichen Führung rückt der verlorene Sohn nun offenbar verstärkt in den Fokus. Wie zunächst "Sky" berichtete, soll sich der BVB für die Position des Sportdirektors oder eines Technischen Direktors mit Mislintat beschäftigen. Aktuell hat Sebastian Kehl diese Stelle inne, der ehemalige BVB-Kapitän könnte aber schon bald in den Stand des Geschäftsführers Sport aufsteigen.

Nach der laufenden Saison wird Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke die sportlichen Geschicke nach und nach ab- und weitergeben an einen dritten Geschäftsführer neben Carsten Cramer (Marketing, Vertrieb, Internationalisierung und Digitalisierung) und Thomas Treß (Finanzen und Organisation). Und eine Ebene darunter ein ausgewiesener Spezialist sich in erster Linie um die Kaderplanung kümmern.

Diese Anpassung im Dortmunder Organigramm scheint wie gemacht für einen Mann mit Mislintats Fähigkeiten, dessen Expertise und dem überragenden Netzwerk. Zwischen 1998 und 2017 war Mislintat in unterschiedlichen Positionen für den BVB tätig, unter anderem als Chefscout und Direktor Profisport.

Zusammen mit dem damaligen Trainerteam um Jürgen Klopp gilt Mislintat als Entdecker und Einfädler einiger spektakulärer Transfers, die dem BVB erst sportliche Erfolge und später einen dreistelligen Millionenbetrag an Transferüberschüssen einbrachten. Nach einigen Kontroversen mit dem damaligen Cheftrainer Thomas Tuchel hatte Mislintat den BVB dann Richtung FC Arsenal verlassen, später in Stuttgart angeheuert und zuletzt bei Ajax Amsterdam ein vergleichsweise kurzes Intermezzo abgehalten.

"Klubs, die im Herzen sind und wo man geboren ist, wo man gearbeitet hat und auch so eine Wertschätzung erfahren hat, sind immer Arbeitsmöglichkeiten."

Sven Mislintat im Interview mit "Sky"

"Die Verhältnisse zu Borussia Dortmund sind nicht eingerostet", sagte der gebürtige Dortmunder vor wenigen Wochen in einem Interview mit "Sky". "Klubs, die im Herzen sind und wo man geboren ist, wo man gearbeitet hat und auch so eine Wertschätzung erfahren hat, sind immer Arbeitsmöglichkeiten. Da muss man nicht drum herumreden."

Geplant nach Informationen des "Kicker" eine Zusammenarbeit noch in der Endphase dieser Saison, damit Mislintat sofort und sehr konkret in die Personalplanungen für die kommende Spielzeit einsteigen und den Kader mitplanen könnte. In den Wochen nach Ostern könnte demnach eine Entscheidung fallen.

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Kleiner Strategiewechsel mit Mislintat?

Allerdings war der mittlerweile 51-Jährige zuletzt auch nicht unumstritten. Beim Transfer des kroatischen Nationalspielers Borna Sosa von Stuttgart nach Amsterdam im vergangenen Sommer soll es Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Der Deal wurde damals über die Beraterfirma "AKA Global GmbH" abgewickelt, die etwas über drei Prozent der Anteile am Datenanalyse-Unternehmen "Matchmetrics" hält - welche wiederum von Mislintat gegründet wurde und an der er Anteile hat. Mislintat habe seinem damaligen Arbeitgeber die brisante Konstellation aber nicht mitgeteilt.

Ein unlauteres Dreiecksgeschäft stand deshalb im Raum, eine Untersuchung hat den Verdacht der Vorteilsnahme oder ein Fehlverhalten Mislintats bis heute allerdings nicht erhärtet.

Nun könnte sich Mislintat schon bald wieder in der Heimat daran machen, den nächsten Shinji Kagawa, Ousmane Dembele oder Jadon Sancho zum BVB zu lotsen. Nach drei Transferphasen mit dem Schwerpunkt auf erfahrene, deutsche Nationalspieler könnte dann wieder Mislintats internationales Netzwerk wichtiger werden - und damit auch ein kleiner Paradigmenwechsel beim BVB Einzug halten.

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