Mit Bayer 04 Leverkusen lüftet nun auch der letzte Bundesligist das Geheimnis um seine neuen Trikots. Welcher Verein in der kommenden Saison seine Heimspiele in welchen Farben, Mustern und Designs bestreitet, sorgt - wie jedes Jahr um diese Zeit - für Diskussionen unter Fußballfans. Grund genug für einen kleinen modischen Anpfiff.

Anja Delastik
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Anja Delastik dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Sicher, es gibt wichtigere Dinge als Fußballtrikots. Unwichtigere jedoch auch. Denn die Jerseys, in denen die Bundesligisten demnächst ihre Heimspiele bestreiten, sind nicht nur Visitenkarte des Vereins, sondern auch Identifikationsobjekt für Fans - und werden dementsprechend von ihnen analysiert, diskutiert, beurteilt. Also meistens von Menschen, die sich mit der Vereinsgeschichte, Trikot-Tradition, Sponsoren und Ausstattern bestens auskennen. Und diesmal auch von mir.

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Wohlfühlmuster für den Wohlfühlverein

Als vor 18 Jahren "Zuagroaste" und Ex-Vereinsmitglied, wundere ich mich vor allem über den neuen Rauten-Look der Bayern. Dass er der heimischen Allianz Arena nachempfunden sein soll, klingt einleuchtend, macht es jedoch nicht besser. Nur wohliger vielleicht. Denn sowohl Arena, als nun auch Trikot sehen wie eine dicke, gemütliche Steppdecke aus. Sowas kann wirklich nur ein Wohlfühlverein tragen.

In klassischem Rot läuft auch Erstliga-Neueinsteiger Union Berlin auf - und wirkt dabei gleichermaßen unspektakulär wie der ebenfalls in Vereinsrot spielende Mainz 05.

Langweilig kommt auch Bayer 04 Leverkusen daher. Zugunsten 1000-fach dagewesener rot-roter Diagonalstreifen muss die Werkself in dieser Saison weitestgehend auf Schwarz verzichten. Kann man stattdessen nicht endlich mal auf die typischen Jako-Schulterpünktchen verzichten!? Oder bin ich die Einzige, die dabei immer an Babystrampler-Knöpfchen denken muss?

SC Trés Chic, TSG Enigma

Schwarz mit Dunkelblau zu kombinieren, galt unter Stilexperten lange als Faux Pas - bis Sylvester Stallone 2016 einen dunkelblauen Yves-Saint-Laurent-Smoking mit schwarzem Hemd zu den Oscars trug und darin besser aussah als Leonardo DiCaprio und Bradley Cooper zusammen. Will sagen: SC Paderborn, trés chic! Vor allem, da bei den Neuaufsteigern zwar die schwarz-blauen Streifen erhalten bleiben, das komische Fischgrätmuster jedoch verschwunden ist.

Auch die Königsblauen bleiben, nun ja, königsblau. Doch statt des schönen Retro-Trikots mit weißen Bündchen, gibt’s bei den Schalkern diesmal geometrisch gemusterte Ärmel, für die möglicherweise Stoff-Restposten von Achtzigerjahre-Speedos recycled wurden.

"Alles neu, doch unser Blau bleibt", heißt es derweil beim TSG Hoffenheim. Leider auch hier: komische Rauten. Warum? Da das Dach der PreZero-Arena keine Rauten hat und Hanuta kein Sponsor ist, bleibt’s ein Enigma, so rätselhaft wie das "Sie" zwischen Delling und Netzer.

Der VfL und die Neuverfilmung von Matrix

Kommen wir zum abgefahrensten Trikot der Liga, dem des VfL Wolfsburg. War das riesige X auf der Brust bisher noch in dezentem Dunkelgrün auf Schwarz gehalten, leuchtet es jetzt Giftgrün, so als wolle der VfL darin "Matrix" neuverfilmen oder eine neues Dosen-Designidee für "Monster Energy Drink" vorstellen.

Apropos Energy Drink: RB Leipzig sieht in den neuen Leibchen ziemlich ausgepowert aus. Auf den weißen Jerseys befindet sich ein schwitzig-schmutziges, hellgraues Streifenmuster. Nur die roten Sponsoren-Stiere peppen. An gleicher Stelle prangt beim SC Freiburg Bommelhut und "Schwarzwaldmilch"-Schriftzug. Doch davon abgesehen, ist das rot-schwarz längsgestreifte Trikot eher klassisch und gefällig.

Der Anwärter auf die Fashion-Meisterschale

Kommen wir zum Oldschool-Block: Während Hertha BSC mit seinem Remake-Trikot der Champions-League-Saison 1999/2000 gedenkt, orientiert sich Fortuna Düsseldorf sportmodisch an den Achtzigern, rote Schulterpasse und Polohemd-Kragen inklusive - sehr stylish, und damit Anwärter auf die diesjährige Fashion-Meisterschale. Die Herthaner bleiben da modisch zwar abgeschlagen, ein 99-Cent-Plastik-Pokal fürs kultig-trashigste Sponsoren-Logo ist ihnen jedoch sicher.

In Frankfurt und Dortmund feiert man mit Jubiläum-Trikots das 120- und 110-Jährige und bei beiden lautet das Motto: mehr Streifen, weniger Schwarz - kein modisch kluger Spielzug.

Während die Eintracht die letzte Saison im coolen Batman-Look bestritt, kommen diesmal wieder alle Vereinsfarben längsgestreift zum Einsatz. Bei der Borussia muss die schwarzen Schulterpartie schwarz-gelben Streifen weichen. Ich finde: Wenn schon, denn schon, lieber BVB; Hummels hast du schon, nun bring den Hummel-Look der 2000er zurück!

Köln und Augsburg halten den modischen Ball flach

Grün statt Gelb, aber nicht minder unspektakulär geht’s bei Werder Bremen weiter. Die sakralen, weißen Schulterpartien sind verschwunden, wirklich heiß ist der Look jedoch noch immer nicht. Immerhin: "Greenery" war 2017 die Pantone-Farbe des Jahres.

Und wie jedermann dank Haar-Trends wie dem Völler'schen "Vokuhila-Oliba", Kuranyi-Kinnbart, Norbert-Ringels-Löckchen oder Eike Immels Kuschelrock-Frisur weiß: Es dauert, bis Trends auf dem Spielfeld angekommen sind - und wieder verschwunden.

Auch der 1.FC Köln und der FC Augsburg halten den modischen Ball eher flach - ein bisschen spannender als Weiß mit ein wenig Rot bzw. Grün dürfte es ruhig sein, wie bei Borussia Mönchengladbach zum Beispiel. Hier wabern in dieser Saison grün-schwarze Rauchschwaden von der Hüfte nach oben, die der Verein als "durch die Festung Borussia-Park inspiriert" erklärt.

Wie zitierte Karl Lagerfeld Voltaire so gerne? "Alle Dinge, die eine Erklärung nötig haben, taugen nichts." Andererseits: Für Schönspielen gibt es keine Punkte, für Schönaussehen auch nicht.

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