Der Dortmunder Jugendkurs hört nicht auf: Nachdem auch in der Vorbereitung nur über die jungen BVB-Hoffnungsträger gesprochen wurde, hat der Verein gleich den nächsten Youngster verpflichtet.

Christopher Giogios
Eine Kolumne
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Dafür, dass Borussia Dortmunds Transferaktivitäten in diesem Sommer für beendet erklärt wurden, präsentierte der Klub am Mittwoch nun doch noch einen wirklichen Kracher: der 18-jährige Reinier Jesus Carvalho (kurz: Reinier) wird von Real Madrid ausgeliehen. Über die Konditionen ist nicht viel bekannt. Es ist noch unklar, ob der BVB ein Kaufrecht oder gar eine Kaufoption besitzt. Fest steht bislang nur, dass der Brasilianer den Kader des BVB für die nächsten beiden Spielzeiten verstärken wird.

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Von Rio de Janeiro zu den Königlichen nach Madrid

Ein Blick in seine Vita verrät, dass Reinier seine fußballerische Erziehung beim brasilianischen Traditionsverein Flamengo aus Rio de Janeiro genossen hat. Parallel dazu hat er auch die U-Teams der brasilianischen Nationalmannschaft durchlaufen und vor allem in der U17 als Kapitän auf sich aufmerksam gemacht. Mit seinen 18 Jahren hat es zwar bislang noch nicht zu einem Einsatz für die Selecao gereicht, er wurde aber Anfang des Jahres erstmalig in der U23 eingesetzt und traf prompt beim Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele.

Sein Debüt im Vereinsfußball gab er für Flamengo erst vor knapp einem Jahr. Seine erste Saison kann sich aber sehen lassen: Er kam nicht nur auf 14 Einsätze, in denen er 6 Tore schoss, sondern gewann mit seinem Verein die brasilianische Meisterschaft und den wichtigsten südamerikanischen Titel im Vereinsfußball, die Copa Libertadores. Im anschließenden Wettbieten Anfang des Jahres setzten sich schließlich die Königlichen aus Madrid durch, die stolze 30 Millionen Euro für Reinier auf den Tisch gelegt haben sollen. In der spanischen Hauptstadt kam es jedoch lediglich zu Einsätzen für die zweite Mannschaft. Die Corona-Zwangspause sorgte freilich für keine optimalen Ausgangsbedingungen, um sich im europäischen Fußball zu akklimatisieren.

Was ist Reinier für ein Fußballspieler?

Wenn man sich Reinier befasst, hört man von Mitspielern und Trainern häufig Vergleiche zu einer brasilianischen Fußballlegende: Kaka. Damit lässt sich das Profil des offensiven Mittelfeldspielers aber tatsächlich gut beschreiben. An und für sich ist er ein klassischer "Zehner", der aber einen enormen Zug zum Tor und einen guten Abschluss aufweist. Diese Torgefahr wurde auch von Trainer Lucien Favre hervorgehoben, der sich Reinier deshalb nicht nur im zentralen offensiven Mittelfeld, sondern auch als "falsche Neun" vorstellen kann. Sollten sich diese Hoffnungen bewahrheiten, hätte man möglicherweise ein Backup für Erling Haaland. In Anbetracht der immerwährenden Dortmunder Stürmerdiskussion sicherlich eine hoffnungsvolle Alternative. Für sein Alter macht er mit 1,85 Metern auch körperlich einen sehr reifen Eindruck, um in der Spitze gegenhalten zu können. Für seine angestammte Position im offensiven Mittelfeld bringt der Neuzugang ein gutes Auge für offene Räume und die technischen Fähigkeiten für dynamische Vorstöße mit.

Der BVB bleibt seiner Transferphilosophie treu

Mit diesen Attributen passt Reinier natürlich voll ins Dortmunder Konzept: ein junger, aussichtsreicher Spieler, der vielfältig eingesetzt werden kann und den nächsten Schritt in seiner Karriere gehen möchte. In Anbetracht der Konkurrenz in der Dortmunder Offensive wird er eine gewisse Flexibilität sicherlich gebrauchen können. Auf der "Zehn" spielt schließlich nicht nur Kapitän Marco Reus, sondern auch Giovanni Reyna, der im zurückliegenden Trainingslager deutlich gemacht hat, dass mit ihm in der Startelf zu planen ist.

In typischer Dortmunder Manier hat der Verein ohnehin betont, dass man nichts überstürzen wolle. Das gilt für einen Spieler wie Reinier umso mehr, der in Madrid bislang noch keine wirkliche Möglichkeit hatte, sich an den europäischen Fußball zu gewöhnen. Auch persönlich wird der Sprung von Brasilien in die spanische Hauptstadt weniger kontrastreich gewesen sein als in das deutsche Ruhrgebiet. All diese Faktoren wird man beim BVB berücksichtigen müssen, weshalb Michael Zorc bereits ankündigte, dass man Reinier ausreichend Eingewöhnungszeit geben werde.

Ein anderer Name fällt übrigens im Zusammenhang mit dem Transfer auch: Achraf Hakimi. Der marokkanische Außenverteidiger wurde 2018 ebenfalls für zwei Jahre von Real Madrid ausgeliehen, entwickelte sich in Dortmund prächtig weiter und spielt ab der kommenden Saison bei Inter Mailand. Es waren sicherlich auch diese guten Erfahrungen, die die Madrilenen zu einem erneuten Geschäft mit dem BVB bewogen haben. Mit der Verpflichtung von Erling Haaland, Jude Bellingham und eben Reinier Jesus wird deutlich, dass Dortmund mittlerweile die Topadresse der aussichtsreichsten internationalen Talente darstellt. Es bleibt zu hoffen, dass Reinier eine vergleichbare Entwicklung nehmen wird.

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