Nachdem Borussia Dortmund seine Transferaktivitäten für beendet erklärt hat, wird der Mangel an echten Stürmern im Kader kritisiert – mal wieder.

Christopher Giogios
Eine Kolumne
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Borussia Dortmund und seine Stürmerdiskussion – und täglich grüßt das Murmeltier. Nahezu traditionell wird auch im aktuellen Transferfenster wieder angemahnt, dass der BVB mit nur einem Stürmer in die Saison gehen wird: Erling Haaland. Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass diese Diskussion in schöner Regelmäßigkeit geführt wird.

Zwar hatte der BVB im Sturm stets Spieler auf europäischem Spitzenniveau vorzuweisen – schließlich folgte auf Robert Lewandowski (2010-14) etwa Pierre-Emerick Aubameyang (2013-18) und auch Ciro Immobile (2014/15) sollte sich trotz seiner glücklosen Dortmunder Zeit zu einer der besten Spitzen Italiens entwickeln.

Borussia Dortmund: Ohne Stürmer-Backup in die Saison

Allerdings sind die Borussen schon seit Jahren nicht mehr mit einem wirklichen Stürmer-Backup in die Saison gestartet. Die Gründe dafür sind vielfältig: ein Faktor ist, dass sich Alexander Isak, seit 2017 beim Verein, unter keinem Trainer wirklich durchsetzen konnte. Gerade ihn hatte man geholt, um ihn in der zweiten Reihe nach und nach weiterzuentwickeln. Stattdessen hatte er kaum Spielzeit und wurde zunächst nach Holland verliehen und anschließend an Real Sociedad abgegeben.

Hier konnte der erst 20-Jährige erstmalig auf sich aufmerksam machen und schoss in der vergangenen Spielzeit immerhin 16 Tore für die Basken. Allerdings steht der Schwede dem BVB in der kommenden Saison nicht zur Verfügung, lediglich eine Rückkaufoption für 30 Millionen Euro haben die Schwarzgelben – aber erst im Sommer 2021.

Die Zusammenarbeit mit Paco Alcácer hingegen scheiterte aus ähnlichen Gründen wie bei Immobile: Zwar zeigte sich der Spanier zunächst als absoluter Torgarant, dann wurde er aber schnell durch Verletzungen aus der Bahn geworfen und wollte schließlich im vergangenen Winter nur noch weg aus Dortmund.

Mit Erling Haaland hat man im gleichen Winter einen der begehrtesten jungen Spieler Europas verpflichten können. Aber man hatte nach wie vor keinen Ersatz für ihn im Kader, sodass selbst BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zugeben musste, bei der Kaderzusammenstellung vor der vergangenen Saison Fehler gemacht zu haben.

Die letzte Saison hat es gezeigt: der BVB braucht einen Mittelstürmer

Man könnte einwenden, dass Trainer Lucien Favre mit offensiv begnadeten Spielern wie Jadon Sancho, Marco Reus oder Julian Brandt gar nicht darauf angewiesen ist, mit einem klassischen Mittelstürmer im Sturm aufzulaufen. Diese Position könnte etwa auch durch Reus eingenommen werden.

Gerade die letzte Hinrunde hat aber gezeigt, dass dem BVB ein Zielspieler in der Spitze gefehlt hat. Nicht selten kombinierte man sich wie am Schnürchen in das letzte Drittel hinein - um dann keinen wirklichen Abnehmer im Strafraum zu finden.

Erst durch die Ankunft von Haaland wurde deutlich, welche Dimension die Dortmunder durch einen echten "Neuner" dazugewonnen haben. Bei Haaland sieht zumindest alles danach aus, als könne er in die Fußstapfen von Lewandowski und Aubameyang treten - zumal er dem BVB durch sein Spiel aktuell schon wesentlich mehr gibt als Alcácer oder der 2018 zeitweise vom FC Chelsea ausgeliehene Michy Batshuayi.

Gleichwohl wird auch Haaland seine Auszeiten benötigen. Das hat Favre bereits in der Rückrunde mit Verweis auf dessen Alter und Entwicklung betont und auch knallhart durchgezogen – notfalls auch gegen den Willen des extrem motivierten Norwegers. Der BVB hat schließlich nichts davon, Haaland in einem vollgepackten Spielplan zu verheizen.

Der BVB hat ein Ass im Ärmel

Wie an anderer Stelle schon erwähnt, hat der BVB aber noch ein Ass im Ärmel: Youssoufa Moukoko. Ab November könnte das dann 16 Jahre alte Ausnahmetalent für die Profis auflaufen. Angeblich möchte der BVB ihn schon jetzt nach und nach in das Mannschaftstraining einbeziehen.

Das zeigt: Man meint es durchaus ernst damit, ihn als festen Bestandteil des Profikaders einzuplanen. Für einen Teenager mag das unglaublich klingen, aber die aktuell angespannte wirtschaftliche Situation durch Corona sorgt eben für ungewöhnliche Lösungen.

Auf dem Papier hätte der BVB dann wenigstens eine Alternative mehr als in der vergangenen Rückrunde - in der man übrigens mit nur einem Mittelstürmer im Kader starke 43 Tore erzielte. Die Stürmerdiskussion werden wir bei der ersten Torflaute vermutlich trotzdem wieder führen.

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