Corona macht auch vor der Bundesliga nicht halt. Das Revierderby zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund wird vor leeren Rängen stattfinden und auch dem FC Bayern und anderen Mannschaften stehen aller Voraussicht nach Geisterspiele ins Haus. Wie hoch ist eigentlich der wirtschaftliche Schaden für die Vereine und was passiert, wenn sich ein Spieler mit dem Coronavirus infiziert?
Was passiert mit einer Mannschaft, wenn sich ein Spieler mit dem Coronavirus infiziert?
Wie bei anderen Coronafällen auch, müssten wohl sämtliche Kontaktpersonen, also auch Mitspieler, Trainer, Betreuer und so weiter, für 14 Tage in Quarantäne.
In diesem Zeitraum könnte die Mannschaft demnach nicht zu Spielen antreten. Wie die DFL in diesem Fall reagiert, steht noch nicht fest. Denkbar sind folgende Szenarien:
- Verschiebung der Spiele: In dem Fall, dass ein Spiel abgesagt bzw. verschoben werden müsste, hat die DFL beschlossen, dass dies nur "in Bezug auf ganze Spieltage en bloc erfolgen" könne.
- Spielabsage: Das Spiel wird komplett abgesagt und für den Gegner gewertet. Je nach Zeitpunkt der Infektion wäre eine Verlegung auf einen späten Zeitpunkt in der Saison wohl kaum mehr zu stemmen.
Zum Beginn kommender Woche will sich das DFL-Präsidium mit Vertretern aller Klubs der Bundesliga und 2. Liga bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zusammensetzen und den weiteren Saisonverlauf in Hinblick auf die Corona-Situation besprechen.
Wer fällt die Entscheidung über Geisterspiele oder Spielabsagen?
Die Entscheidungshoheit über Geisterspiele oder Spielabsagen liegt bei den örtlichen Gesundheitsbehörden. Wie der DFB auf seiner Seite schreibt, stünden die spielleitenden Stellen der Verbände, die Klubs sowie die Gesundheitsbehörden in ständigem Austausch miteinander.
Wie groß ist der wirtschaftliche Verlust bei Geisterspielen? Welche Vereine leiden besonders?
Bei Geisterspielen brechen den Vereinen die Einnahmen aus den Ticketverkäufen, Catering und Merchandise weg. Wie "Radio Bremen" für Werder vorrechnet, dürften sich die Verluste für die Bremer auf ungefähr 1,5 Millionen Euro pro Spiel belaufen.
Dortmunds Sportchef Michael Zorc spricht von einem Einnahmenausfall bei einem Heimspiel ohne Zuschauer von mindestens drei Millionen Euro.
Besonders betroffen sind dabei natürlich Vereine, die sich nicht auf riesige Einnahmen aus TV-Rechten, Werbung oder Transfers stützen können.
Zu denen gehört der FC Augsburg. Der Tabellen-14. der Bundesliga rechnet pro Geisterspiel wegen des Coronavirus mit gravierenden Mindereinnahmen. "Wir kalkulieren mit einem sehr hohen sechsstelligen Verlust pro Spiel", sagte Geschäftsführer Michael Ströll. Eine Versicherung für solch ausbleibende Zuschauereinnahmen könne man nicht abschließen.
FCA-Manager Stefan Reuter wies am Dienstag in Augsburg ebenfalls auf die schwierige Situation hin. "Das ist natürlich ein Riesenproblem für jeden Verein, weil jedem Verein eine enorme Einnahmequelle verloren geht. Wir müssen mit der Situation umgehen und überlegen, welche Maßnahmen ergriffen werden."
Borussia Mönchengladbach muss das bereits wegen des Sturmtiefs "Sabine" verlegte Derby gegen den 1.FC Köln vor leeren Rängen austragen. "Bei uns wird ein Spiel ungefähr zwei Millionen Euro ausmachen. Ob das jetzt ein, zwei oder drei Spiele betrifft, das kann man nicht kalkulieren. Das Geld ist nicht da", wies auch Borussias Geschäftsführer Stephan Schippers am Dienstag auf eine fehlende Versicherung für diesen Ausnahmefall hin.
Rekordmeister FC Bayern würde durch Geisterspiele jedoch nur einen winzigen Bruchteil seiner Jahreseinnahmen verlieren.
Der prekäreren Lage für kleinere Vereine ist sich auch die DFL bewusst. Man prüfe "die Möglichkeit von Anpassungen des Lizenzierungsverfahrens für die kommende Saison 2020/21, um finanzielle Nachteile infolge von Auswirkungen des Coronavirus entsprechend zu berücksichtigen", heißt es auf der Webseite der DFL.
Zudem könnten eventuell die "Auszahlungszeitpunkte von zentral generierten Einnahmen" angepasst und so die Klubs bei finanziellen Engpässen unterstützt werden.
Wie bekommen Fans ihr Geld zurück?
Fans, die Tagestickets erworben haben, machen sich am besten in den AGB ihrer Klubs schlau, da sich die Handhabung von Verein zu Verein unterscheidet.
Der BVB hat bereits angekündigt, Fans den Kartenpreis für das Spiel gegen Paris und das Revierderby zurückerstatten zu wollen.
Auf der Webseite des Vereins heißt es: "Tickets, die im BVB-Callcenter, Onlineshop oder Direktverkauf gekauft wurden, werden auf das Kundenkonto erstattet. Wer über BVB-Vorverkaufsstellen Tickets erworben hat, bekommt dort den Kartenpreis zurück. Tickets, die beim Gast erworben wurden, werden über den FC Schalke 04 erstattet. Das BVB-Ticketing wird kurzfristig per Email auf alle Kartenkäufer zugehen."
Wie sieht es in den unteren Ligen aus?
Für Mannschaften der 3. Liga wären Geisterspiele vor allem aus finanzieller Sicht ein Desaster. Daher bevorzugt der Ausschuss 3. Liga des DFB Spielverlegungen anstelle von Geisterspielen. Derzeit wird geprüft, inwieweit diese Empfehlung durchsetzbar ist.
Für die Männer-Regionalliga und die Ligen darunter gilt: Die Entscheidungen über Geisterspiele oder Spielabsagen treffen die jeweils zuständigen Gesundheitsbehörden in Absprache mit den einzelnen Landes- und Regionalverbänden.
Könnte es sein, dass die ganze Saison abgebrochen wird?
Mit einem Saisonabbruch will sich die DFL zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beschäftigen. In einer Mitteilung heißt es: "Die laufende Saison 2019/20 muss wie vorgesehen bis zum Sommer 2020 zu Ende gespielt werden, um Auf- und Absteiger sowie die Teilnehmer für die internationalen Wettbewerbe zu ermitteln. Nur so erhalten Clubs und DFL trotz schwieriger Umstände für die kommende Saison Planungssicherheit, zum Beispiel auch mit Blick auf Spielerverträge, die nur für eine Liga Gültigkeit haben."
Gibt es einen Plan, alle Spiele in nächster Zeit ohne Zuschauer stattfinden zu lassen?
Nachdem die Auflagen für Veranstaltungen den örtlichen Gesundheitsbehörden unterstehen, gibt es bislang keine allgemein gültige Regelung für alle Bundesligisten. Ein Umstand, der nicht nur RB-Leipzig-Trainer Julian Nagelsmann sauer aufstößt: "Da darf nicht zwischen Bundesländern mit vielen Infizierten und Bundesländern mit weniger Infizierten unterschieden werden", erklärte Nagelsmann im Vorfeld des Spiels seiner Leipziger gegen Tottenham Hotspur. Ihm sei wichtig, dass "alle Klubs gleich behandelt werden und kein Nachteil für einzelne Vereine entsteht".
Verwendete Quellen:
- dpa
- Pressemitteilung DFL: DFL-Präsidium befasst sich mit dem Coronavirus
- DFB: Auswirkungen des Coronavirus auf den Spielbetrieb
- Radio Bremen: So viel würde ein Geisterspiel Werder und seine Fans kosten
- BVB: Das Derby findet vor leeren Rängen statt
- FC Bayern: Allgemeine Geschäftsbedingungen
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