Der Rücktritt von Lucien Favre versetzt Borussia Mönchengladbach in eine Art Schockstarre. Sportdirektor Max Eberl hat keinen Notfallplan in der Schublade, muss aber dennoch schnell einen Nachfolger präsentieren. Als erster Name fällt der von Jürgen Klopp. Es gibt aber auch andere Optionen.

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Die Bundesliga hat ja schon einiges erlebt in 53 Jahren, einen Abgang wie den von Lucien Favre bei Borussia Mönchengladbach aber in der Art auch noch nicht. Die Umstände der vom Trainer forcierten und durchgedrückten freiwilligen Trennung bleiben kurios.

Der dienstälteste Coach der Liga hat aus freien Stücken sein Amt niedergelegt, er hat die Borussia aus dem Dunkel ans Licht geführt und die erfolgreichste Episode seit über 30 Jahren geschrieben. Er hat aber auch, und das ist die besondere Tragik an der Geschichte, den Verein jetzt genau da wieder hinterlassen, wo er ihn im Winter 2011 vorgefunden hatte: Ganz am Ende der Tabelle.

Von "nachvollziehbar" bis "unwürdig, stillos und feige" bieten die Kommentare in den Medien die ganze Bandbreite an Einschätzungen. Fraglos aber bleibt festzuhalten, dass Favre Borussia Mönchengladbach komplett auf dem falschen Fuß erwischt hat. Es liegt kein Alternativplan in der Schublade von Sportdirektor Max Eberl, der Favre vor wenigen Tagen erst noch als "unrauswerfbar" bezeichnet hatte.

Und auch wenn Eberl den Rücktritt weiterhin nicht akzeptieren will, muss er doch seit Sonntagabend an einem Plan B stricken. Mönchengladbach steht vor dem Heimspiel gegen Augsburg am Mittwoch ohne Trainer da und realistische und auch kurzfristig verfügbare Optionen stehen nicht gerade unbegrenzt zur Verfügung. Zudem hat sich Favre in Mönchengladbach einen Status erarbeitet, der gottgleich war. Es ist eine überdimensioniert große Aufgabe, die auf seinen Nachfolger wartet.

Klopp ein Kandidat?

Aber vielleicht, wenn der erste Schock überwunden ist, träumen die Verantwortlichen ja auch einen großen Traum. Der erste Reflex führt zu Jürgen Klopp. Der war bis zum Sommer das Dortmunder Äquivalent zu Favre, der Über-Trainer, der die Liga kennt, die Sprache spricht, für Erfolg steht und natürlich auf dem Markt wäre.

Klopp nimmt sich nach sieben Jahren als Dortmund-Coach derzeit eine Auszeit. Wann er diese beenden will, ließ er offenbar bewusst stets offen. Bei einigen englischen Topklubs stand er ganz oben auf dem Zettel, in Deutschland scheint nach Dortmund nur ein Wechsel zu den Bayern als einzig logischer Schritt.

Pep Guardiolas Vertrag endet im Sommer 2016, der Spanier hat noch nicht durchblicken lassen, ob er zu einer Verlängerung bereit wäre. Man schlussfolgert nicht zu kühn, wenn man behauptet, dass Guardiolas Zukunft auch die von Klopp unmittelbar beeinflussen dürfte.

Andererseits hat Klopp erst vor einigen Tagen bei einem Auftritt auf der Automobilmesse IAA durchblicken lassen, dass er sich durchaus auch ein Engagement in einem nicht ganz so exponierten Klub vorstellen könnte. "Es muss nicht unbedingt ein Verein sein, der um Titel mitspielt", sagte er da. "Es kann aus meiner Sicht auch ein Herausforderer sein."

Große Namen eher nicht

Es werden neben Klopp auch die üblichen Namen die Runde machen, auch wenn sie noch so absurd daher kommen. Lothar Matthäus wird die Borussia trotz (oder gerade wegen?) dessen Vergangenheit im Klub keinen Einstieg in den deutschen Profifußball genehmigen, ebenso dem einst mit seiner Palastrevolution spektakulär gescheiterten Stefan Effenberg. Auch eine Rückkehr von Felix Magath scheint ausgeschlossen.

Ein Trainer wie Mirko Slomka käme wohl schon eher in Frage. Der kann Erfahrungen als Krisenmanager nachweisen und als Champions-League-Trainer. Sascha Lewandowski vom rheinischen Rivalen Bayer Leverkusen wäre einer gewesen, Lewandowski aber ist seit zwei Wochen vom Markt. Union Berlin hatte schlicht noch früher Bedarf.

Andere, wie Friedhelm Funkel, Holger Stanislawski, Tayfun Korkut, Jens Keller oder Thomas Schaaf haben zwar einen entsprechenden Namen, passen aber nicht so recht ins Beuteschema von Max Eberl. Der hat bei der Vielzahl seiner Spielertransfers immer eigene, eher unkonventionelle Pfade beschritten und es ist anzunehmen, dass er dies auch in diesem Fall tun wird. Denn auch für Eberl, der nun einige Jahre im Geschäft dabei ist, wird diese Entscheidung zu einer Art Königstransfer werden.

Interne Lösung möglich

Vielleicht sollte man sich im deutschsprachigen Ausland umschauen oder in der heimischen 3. Liga. Bei den Stuttgarter Kickers arbeitet mit Horst Steffen ein interessanter, aufstrebender Trainer. Uwe Neuhaus hat Dynamo Dresden an die Spitze der Tabelle geführt. Das Problem: Diese Übungsleiter stehen nicht nur aktuell unter Vertrag, sie haben auch eine Mission bei ihren Klubs zu beenden.

Am Mittwoch gegen Augsburg wird Co-Trainer Frank Geideck die Mannschaft coachen. Und vielleicht bleibt es ja sogar bei einer internen Lösung. Andre Schubert ist seit wenigen Wochen Trainer von Borussias U 23. Der 43-Jährige bringt Erfahrungen im Profi- und Jugendbereich mit und hat vor seinem Engagement in Mönchengladbach ein Jahr für den DFB gearbeitet. Er wäre so etwas wie eine typische Eberl-Lösung: Nicht hoch gehandelt und am Ende doch ganz vorn.

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