Der FC Bayern München hat rund 30 Millionen Euro Ablöse in den Rechtsverteidiger Sacha Boey investiert. Der war jedoch offenbar nicht die erste Wahl. Wird der Rechtsverteidiger trotzdem funktionieren?

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Der FC Bayern musste auf den personellen Engpass reagieren. Aufgrund der Verletzungen von Konrad Laimer sowie Bouna Sarr und der Abwesenheit von Noussair Mazraoui (Afrika-Cup) stand am Samstag beim 3:2 gegen den FC Augsburg kein gelernter Rechtsverteidiger im Kader. Mit der Verpflichtung von Sacha Boey, der nun am Wochenende vom türkischen Top-Verein Galatasaray Istanbul nach München wechselte, will der Verein dem Rechnung tragen.

Sportdirektor Christoph Freund ist davon überzeugt, mit Boey den richtigen Spieler bekommen zu haben. "Sacha ist ein sehr zweikampfstarker Spieler, der sehr intensiv spielt, physisch sehr stark ist, viel unterwegs ist. Er legt in jedem Spiel viele Kilometer zurück. Und ich bin sehr überzeugt, dass er uns mit seiner Art und Weise sehr, sehr guttun wird."

Boey beschreibt sich als "angriffslustigen Spieler"

Der 23-Jährige beschreibt seinen Spielstil folgendermaßen: "Ich bin ein angriffslustiger Spieler. Ich bin schnell und kann genauso gut angreifen wie verteidigen." Der Franzose absolvierte 83 Pflichtspiele für Galatasaray Istanbul und verbuchte vier Tore sowie vier Vorlagen.

In der laufenden Champions-League-Saison stand er in den beiden Spielen gegen den FC Bayern die kompletten 90 Minuten auf dem Platz. "In diesen beiden Spielen ist er uns schon aufgefallen, da hat er zwei sehr gute Spiele gemacht. Wir haben ihn dann auch weiter verfolgt" erzählt Freund.

Allerdings ist Boey, der in München einen Vertrag bis 2028 unterzeichnete, alles andere als ein Schnäppchen. Die Ablöse liegt laut übereinstimmender Medienberichte bei knapp unter 30 Millionen Euro. Dies wäre der teuerste Winter-Transfer, den der FC Bayern jemals getätigt hat.

In der gesamten Bundesliga-Geschichte gab es lediglich zwei teurere Winter-Transfers: Andre Schürrle wurde Anfang 2015 für 32 Millionen Euro vom VfL Wolfsburg verpflichtet, Dominik Szoboszlai im Jahre 2021 für 36 Millionen Euro von RB Leipzig. Ob Boey seine hohe Ablöse wert ist?

Mukiele und Trippier waren die eigentlichen Wunschlösungen

Christian Falk, der als Fußballchef der "Bild" als ein Insider gilt, sagte im "Sport1 Doppelpass" über Boey: "Er ist tatsächlich die C-Lösung." Ursprünglich wollte der FC Bayern nämlich andere Spieler verpflichten: "Bei Nordi Mukiele (von Paris Saint-Germain, Anm.d.Red.) wurde Druck gemacht, mit Kieran Trippier (Newcastle United) waren die Verhandlungen schon sehr weit."

Falk glaubt zu wissen, dass der FC Bayern nur bedingt von Boey überzeugt ist: "Er hat seine Stärken in der Offensive, da allerdings nicht die Durchschlagskraft. Und die defensive Bewertung war nicht so hoch. Darum ist man erst einmal an andere Spieler herangegangen. Aber Bayern hat keine andere Wahl. Daher dieser hohe Preis für einen Spieler, der eigentlich eine Unbekannte ist."

Stefan Effenberg bewertet den Transfer positiver. "Ich finde diese Lösung sehr, sehr gut, weil du einen jungen Spieler bekommst", sagte der frühere Bayern-Spieler im "Doppelpass": "Ich habe die Spiele gegen Galatasaray gesehen, da hat er sehr gut gespielt. Das heißt, er kann auf allerhöchstem Niveau performen. Er wird beim FC Bayern sofort spielen müssen, wird schnell in den Rhythmus kommen müssen. Ich finde diese Verpflichtung gut."

"Vorzeigeprofi und Top-Athlet"

Fatih Demireli, der bei Galatasaray Istanbul als Direktor für den Bereich Entwicklung tätig ist, kennt Boey besonders gut. "Für ihn gibt es keine Grenzen nach oben", sagte er im Interview mit "ran.de" und bezeichnete ihn als "Vorzeigeprofi und Top-Athlet, der nie müde wird. Er hat in der abgelaufenen Champions-League-Gruppenphase die meisten Zweikämpfe gewonnen. Aber auch nach vorne hat er einen guten Drang, er marschiert viel und ist in der Luft sehr stark."

Auch charakterlich gäbe es an Boey nichts auszusetzen: "Er ist ein sehr angenehmer Typ. Er ist kein Lautsprecher, kein Sprücheklopfer, keiner, der jeden Tag sich selbst hören muss", beschreibt ihn Demireli: "Er hatte großen Respekt innerhalb der Mannschaft und bei den Mitarbeitern."

Noch kein Nationalspieler von Frankreich

Im Gegensatz zu nahezu allen anderen Spielern, die der FC Bayern in der Vergangenheit für viel Geld verpflichtet hat, ist Boey (zumindest noch) kein Nationalspieler. Er absolvierte früher nur jeweils ein Spiel für die französische U17-, U18- und U20-Nationalmannschaft.

Da er als Sohn kamerunischer Eltern in Frankreich geboren wurde, hätte er auch für die Nationalmannschaft von Kamerun spielen können, entschied sich bislang aber dagegen. "Kamerun ist mein Herkunftsland, aber ich fühle mich nicht nah genug, um es zu repräsentieren. Ich muss das Land kennen, die Kultur, es geht nicht nur um Fußball", verriet er im Interview mit "sofoot.com".

Sollte er beim FC Bayern funktionieren, dürfte früher oder später das Debüt für die Nationalmannschaft von Frankreich erfolgen.

Fußballkarriere war nicht geplant

Boey galt in seiner Jugendzeit auch als ein talentierter Tennisspieler und nahm an französischen Meisterschaften teil, hatte am Fußball jedoch mehr Spaß. Ausgebildet wurde er in der Nachwuchsabteilung des französischen Profi-Vereins Stade Rennes. An eine Karriere im Profifußball dachte er damals noch nicht zwingend.

"Im Grunde wollte ich kein Fußballer sein", erinnert er sich. "Ich wusste nicht, was ein Trainingszentrum ist, was ein Spielerberater ist, was es bedeutet, Fußballer zu sein. Ich bin da sorglos rangegangen. Aber als ich dann erfuhr, dass man als Profi gut davon leben kann, habe ich mich darauf eingelassen", verriet er lachend.

Nur eine Übergangslösung?

Er wird in München nicht viel Eingewöhnungszeit bekommen. Aufgrund der Personalsituation könnte Boey bereits am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach in der Startelf stehen. Die Frage ist nur, ob er sich dauerhaft durchsetzen kann, wenn später alle Leistungsträger wieder fit sind.

Ansonsten wäre Boey eine sehr teure Übergangslösung.

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