Das erste Saisondrittel der Fußball-Bundesliga ist vorbei. Zeit für eine erste Bilanz der Bayern-Neuzugänge. Bei Upamecano, Sabitzer und Co. ist die Leistung noch ausbaufähig.

Eine Kolumne
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Es war ein ungewöhnlich ruhiger Transfersommer für den FC Bayern im Jahr 2021. Die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie und der ohnehin bereits gut bestückte Bayern-Kader haben dafür gesorgt, dass die Münchner weite Teile der Transferperiode von der Seitenlinie verfolgten.

Investiert wurde trotzdem. Mit Dayot Upamecano (23) stand sehr früh im Jahr ein Neuzugang fest. Mit Marcel Sabitzer (27) kam sehr spät noch einer hinzu. Dazwischen wechselte mit Omar Richards (23) noch ein Überraschungsmann aus der englischen zweiten Liga an die Isar. Hinzu kommt Ersatztorwart Sven Ulreich (33). Das ist im Vergleich zu anderen Jahren nicht sonderlich viel. Blickt man auf das erste Saisondrittel wird zudem deutlich: Alle drei Feldspieler haben noch Luft nach oben.

Dayot Upamecano – der Wechselhafte

Das französische Megatalent hat bisher die größten Spielanteile der Münchner Neuzugänge. Der frühere Leipziger ist nach den Abgängen von Jerome Boateng und David Alabaals neuer Fixpunkt in der Bayern-Viererkette eingeplant gewesen.

In guten Momenten bringt der 23-Jährige alles mit, was ein Innenverteidiger im Jahr 2021 braucht: Schnelligkeit, Robustheit im Zweikampf, gutes Timing beim Herausrücken, Kopfballstärke und ein passables Aufbauspiel. Gewöhnen muss er sich sichtlich an das veränderte Spiel in München mit etwas mehr Risiko durch die hohe Positionierung der Viererkette und viele strikt auf Konter ausgerichtete Gegner.

Upamecano spielte in seinen 15 Pflichtspieleinsätzen meist ordentlich und manchmal, wie beim 5:1 gegen Bayer Leverkusen, sogar richtig gut. Allerdings fielen seine schwächsten Auftritte bei der 1:2-Niederlage gegen Frankfurt in der Liga und beim 0:5 gegen Mönchengladbach im Pokal so stark aus dem Raster, dass insgesamt ein durchwachsenes Bild bleibt.

Vor allem das Desaster gegen Gladbach im Pokal wird auch Upamecano selbst so schnell nicht vergessen. Eigentlich hätte Dino Toppmöller, der den erkrankten Julian Nagelsmann damals an der Seitenlinie vertrat, bereits nach 30 oder 40 Minuten reagieren und Upamecano vom Platz nehmen müssen. Es lief überhaupt nichts. Ballverluste, Stellungsfehler – der 42,5-Millionen-Mann stand sinnbildlich für einen historisch schlechten Abend der Bayern.

Fraglich ist auch, ob der manchmal schüchtern wirkende Abwehrrecke in eine Rolle als Abwehrchef hineinwachsen kann. Er kommuniziert auf dem Platz ordentlich, sucht aber bisher gerade in Stresssituationen nur selten die Verantwortung, das Bayern-Spiel von hinten heraus zu beruhigen und zu ordnen. Weil auch Lucas Hernández und Niklas Süle hier nicht unbedingt herausragen, ist das durchaus ein Schwachpunkt im Münchner Spiel.

Dennoch: Upamecano ist in München ein fester Bestandteil aller zukünftigen Überlegungen. Es ist auch Nagelsmanns Aufgabe, das Spiel des Franzosen von einem hohen Niveau aus weiterzuentwickeln und zu verfeinern. Sorgen machen muss man sich um "den Wechselhaften" also nicht. Auch, wenn Luft nach oben bleibt.

Marcel Sabitzer – noch nicht angekommen

Für viele war der Wechsel des Österreichers zum Ende der Transferperiode im August ziemlich rätselhaft. Sabitzer tauschte die Rolle des unumstrittenen Führungsspielers bei RB Leipzig gegen eine absehbare Aufgabe als Rotationsspieler und Bankwärmer. Wenn in München alle fit sind, ist für Sabitzer mindestens in wichtigen Spielen kein Platz in der Startelf. Zuletzt war er im zentralen Mittelfeld in der Rangordnung sogar noch hinter Corentin Tolisso gerutscht.

Sabitzers größte Stärke ist seine Flexibilität. Er kann als 6er, 8er oder 10er agieren, weil er in engen Räumen gut und handlungsschnell ist. Kurze Dribblings, kleine Steckpässe und ein gutes Gespür für Gefahr in Tornähe zeichnen sein Spiel aus. Er ist allerdings weniger Stratege als Joshua Kimmich und auch weniger wuchtig als Leon Goretzka. Beide haben deutlich die Nase vorn, solange sie fit sind und nicht in Corona-Quarantäne. Sollte einer der Gesetzten ausfallen, muss dank des Sabitzer-Transfers immerhin niemand schlecht schlafen. Das dürfte der Hauptgrund sein, warum der FC Bayern 15 Millionen Euro für Sabitzer in die Hand nahm.

Der 27-Jährige muss seine Rolle finden. Er muss vor allem zeigen, dass er im Alltag wertvoll für Bayern sein kann. In vielen 20-, 30-Minuten-Einsätzen wie in dieser Saison ist das schwer. Meist war das Spiel schon entschieden, wenn er ins Spiel kam. Sabitzer ist ein ziemlich fertiger Spieler. Eine Sonderbehandlung mit gezielten Einsätzen, um sein Potenzial zu entwickeln, wird es für ihn nicht geben. Geduld ist deshalb ratsam.

Ulreich/Richards – die Bankangestellten

Mit Sven Ulreich kam im Sommer ein alter Bekannter aus Hamburg zurück, er darf erneut den Back-up für Manuel Neuer geben. Er ist ein erfahrener Torwart, der gut ins Gefüge passt, solange Alexander Nübel in Monaco Spielpraxis sammelt. Spielen wird er nur, wenn Neuer Pausen benötigt. Das ist in Ordnung.

Für Linksverteidiger Omar Richards ist es dagegen schon ein Riesenerfolg, dass er in seiner ersten Saison in München bereits den ersten Startelf-Einsatz hatte. Beim 4:0 gegen Hoffenheim Ende Oktober durfte er über 90 Minuten ran und machte seine Sache unaufgeregt ordentlich. Die Lernkurve für den Briten, der über die zweite englische Liga bis dato nicht hinauskam, ist riesig. Richards Dribbling ist interessant, sein Kombinationsspiel noch ausbaufähig und sein Timing in der Defensive eher noch ein Schwachpunkt. Er muss in vielen Bereichen wachsen, um häufiger ein Faktor für den FC Bayern zu werden. Eine Enttäuschung ist er trotzdem absolut nicht.

Die Bilanz der Münchner Neuzugänge ist also noch wechselhaft. Das kann im weiteren Saisonverlauf noch besser werden. Vielleicht schon am Freitagabend gegen den FC Augsburg.

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