Lange Zeit gab es in Deutschland auch in der Weihnachtszeit ausschließlich wenig besinnliche Fangesänge zu hören. Mittlerweile laden jedoch viele Klubs in der Adventszeit zum gemeinsamen Singen von Weihnachtsliedern ein. Gestartet hat den Trend ein Klub aus dem Osten.

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"Ihr seid doch verrückt", lässt Borussia Dortmund Ende Oktober über den Account des Vereins in den sozialen Medien verlauten. Gerade hatte der Klub den Ticketverkauf für das jährliche Weihnachtssingen gestartet. Das Konzept: Zusammen mit Sänger und Sängerinnen, darunter auch Stefanie Heinzmann oder Alexander Klaws, treffen sich Fans der Borussia im Stadion, um gemeinsam keine Fangesänge, sondern ganz normale Weihnachtslieder zu singen. Über 70.000 Tickets waren frei verfügbar. Drei Stunden später war alles ausverkauft.

Auch im Stadion des VfB Stuttgart fand am 17. Dezember in diesem Jahr erstmals ein Weihnachtskonzert statt, bei dem 15.000 Zuschauer mit VfB-Größen wie Deniz Undav oder Ex-Nationalspieler Guido Buchwald und Musikern (darunter Vanessa Mai oder The BossHoss) Weihnachtslieder anstimmten. Im kleineren Stadion der Stuttgarter Kickers findet am Wochenende vor Heiligabend noch ein weiteres Weihnachtssingen in Stuttgart statt.

Das gemeinsame Singen im Stadion vor Weihnachten hat sich in den letzten Jahren in Deutschland zu einem Trend entwickelt. Statt den üblichen Fangesängen und manchmal auch Pöbeleien wird es an diesem Tag ganz besinnlich in den Fußballstadien des Landes. Doch woher kommt die Verbindung zwischen Fußballklubs und Weihnachten?

Union-Fans starteten den deutschlandweiten Trend

Der Trendsetter war in diesem Fall der 1. FC Union Berlin – und das schon lange vor der erfolgreichen Zeit als Bundesligist. Das jährliche Weihnachtssingen einen Tag vor Heiligabend gibt es an der Alten Försterei schon seit 2003 und gehört mittlerweile fest zum Terminkalender des Vereins dazu. Auch wenn die Köpenicker zwischenzeitlich nur viertklassig spielten, blieb die besondere Tradition bestehen und wurde mit der Zeit auch über die Grenzen Berlins hinaus bekannt.

Weihnachtssingen Union Berlin
Zum Weihnachtssingen einen Tag vor Heiligabend (hier im Jahr 2023) ist die Alte Försterei in Köpenick bis auf den letzten Platz gefüllt. © IMAGO/Contrast/O.Behrendt

Der FC Union selbst erzählt die Entstehungsgeschichte des Weihnachtssingens auf seiner Website so: Im Jahr 2003 trafen sich 89 Mitglieder des Fanklubs Alt-Unioner erstmals im Stadion zum Singen von Weihnachtsliedern, damals noch in gemütlicher Runde am Mittelkreis und mit Glühwein und Gebäck. Der Verein selbst spielte bei der ersten "halblegalen" Ausgabe noch keine große Rolle.

Kalt und windig sei es gewesen, erzählt der "Erfinder" Torsten Eisenbeiser dem RBB vom ersten Weihnachtssingen. Den Eintritt auf den Rasen fanden sie über ein angelehntes Stadiontor und die Zuschauerränge. "Am 24. Dezember 2003, also einen Tag nach dem ersten Weihnachtssingen, gab es schon den ersten Zeitungsartikel über unser Treffen. Bis zum ersten Spieltag in 2004 war dann eigentlich klar, dass es am 23. Dezember 2004 wieder ein Weihnachtssingen geben wird."

Statt das weihnachtliche Treffen im Stadion zu unterbinden, wurde aus dem Singen am Mittelkreis in den Jahren darauf eine offizielle Veranstaltung. Mit einem lokalen Kinderchor, der beim gemeinsamen Singen unterstützt und dem Verlesen der Weihnachtsgeschichte durch Pfarrer Ulrich Kastner, der seit 2017 mit dabei ist, entwickelte sich das Weihnachtssingen zu einer echten Weihnachtsfeier weiter. Mittlerweile ist es unter den Fans von Union Berlin so beliebt, dass der Verein die Tickets im Vorfeld unter den Mitgliedern verlosen muss.

Seit 2010er Jahren auch in anderen Stadien

Andere Vereine begannen ab den 2010er Jahren, sich die Tradition der Unioner abzugucken und das Weihnachtssingen in die eigenen Stadien zu bringen. 2013 fand im Grünwalder Stadion in München zum ersten Mal ein Weihnachtssingen statt, an dem auch der TSV 1860 München beteiligt ist, auch im neuen Tivoli-Stadion in Aachen gibt es seit 2013 eine ähnliche Veranstaltung. In Köln findet sie unter dem Titel "Losse mer Weihnachtsleeder singen" seit 2015 im Stadion des FC statt.

Aber auch in vielen anderen Fußballstadien, darunter Hannover, Dresden, Nürnberg, Kaiserslautern, Karlsruhe oder Darmstadt finden mittlerweile Weihnachtssingen statt. Teilweise sind sie wie beim 1. FC Union Berlin auch vom Verein selbst organisiert, teilweise stecken Kirchenvereine oder private Veranstalter hinter den Events. Und so gehört das gemeinsame Singen von Weihnachtsliedern im Fußballstadion bei vielen Klubs längst zur Adventszeit dazu wie die Fans zum Fußball.

Verwendete Quellen

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