Die Wechselangebote großer Bundesliga-Mannschaften, wie vom FC Bayern München oder von Borussia Dortmund, sind für junge Spieler oftmals verlockend. Doch nicht immer geben Geld und Karriereaussichten den Ausschlag, dass Jungprofis ihren Heimatverein, der sie so lange gefördert hat, verlassen wollen. Oftmals enden Wechsel auch in einer Sackgasse, wie einige Beispiele belegen. Gut, dass daher nicht jedes Talent der Spur des Geldes folgt.

Eine Kolumne
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Zwei ungewöhnliche Personalien wurden in diesen Tagen öffentlich. Zuerst ließ Timo Werner vermelden, dass er seinen Vertrag bei RB Leipzig vorzeitig um drei weitere Jahre verlängert. Danach wurde bekannt, dass Bayer Leverkusen Kai Havertz behält und dies Bayern München schon vor Wochen mitgeteilt hat.

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Beide Personalien sind deshalb ungewöhnlich, weil die zwei jungen Spieler, der eine 23 und der andere 20 Jahre alt, eben nicht dem ganz großen Geld folgen und sich mit den immer noch üppigen Zahlungen vom bestehenden Arbeitgeber begnügen.

Selbstverständlich ist das nicht. Deshalb ist auch die Rolle der beiden Vereine bemerkenswert.

Um Timo Werner zu halten, musste sich RB Leipzig gewaltig strecken und die ehemals definierte Gehaltsobergrenze auf jetzt (angeblich) sieben Millionen Euro jährlich anheben. In Leverkusen hätte Sportchef Rudi Völler problemlos mit einer hohen zweistelligen Millionenablöse den nächsten Etat bestreiten können - und widersetzte sich der Verlockung.

Lockangebote enden oft in der Sackgasse

Man muss beiden Klubs dankbar sein. Es gibt zu viele Beispiele, dass hoffnungsvolle Talente ihr behutsames Umfeld verließen und in die weite Welte hinauszogen - und dann scheiterten. Jann Fiete Arp erlebt den Karriereknick gerade. Er war als Riesentalent beim HSV gefeiert worden; jetzt darf er beim FC Bayern nicht mal auf der Ersatzbank sitzen.

Nicht einmal der Portugiese Renato Sanches, 2016 noch Europameister in Frankreich, schaffte den Durchbruch; er flüchtete jetzt nach Lille. Bayern München ist eine Lotterie: Man kann noch so viel Talent mitbringen - man braucht halt Glück. Serge Gnabry hat es wohl geschafft - Mario Götze von 2013 bis 2016 eher nicht.

Kai Havertz: Irgendwann soll er 100 Millionen bringen

Man darf Bayern München deshalb keinen Vorwurf machen. Darwinismus gehört zur Klub-DNA, jeder weiß es, und hat den Verein zur Nummer 1 werden lassen. Nur ist ein Jungprofi klug beraten, nicht allein an den Kontostand zu denken, sondern vor allem an die eigene Entwicklung als Spielerpersönlichkeit. Das große Geld kommt schon früh genug.

Vereine wie Bayer Leverkusen, die zwar gut bezahlen, aber halt nicht wie Bayern München oder Borussia Dortmund, können darin ihre Chance sehen: Dass sie Spieler ein Zuhause bieten, wie man es einen Stock höher eher nicht findet. Auch hier folgt die Belohnung noch. Mindestens 100 Mio. Euro soll Kai Havertz irgendwann bringen. Dann lohnt es sich für alle.

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