Bei der Dazn Infinity League trainierte Felix Magath wieder seine Meisterspieler aus Wolfsburg. Wir haben mit ihm gesprochen – unter anderem auch über den neuen Bayern-Trainer Vincent Kompany.

Ein Interview

Im Interview erzählt Felix Magath vom Wiedersehen mit den Wolfsburger Meisterspielern Grafite und Co. bei der Infinity League, zudem schätzt er die Chancen Deutschlands bei der Heim-EM ein und spricht über den neuen Bayern-Trainer Vincent Kompany.

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Felix Magath hat zig Jahre Erfahrung als Spieler und Trainer. © picture alliance/dpa/Frank Hammerschmidt

Herr Magath, wie war es, bei der Infinity League von Dazn wieder als Trainer des VfL Wolfsburg aktiv zu sein?

Felix Magath: Ich bin begeistert, dass ich bei der Infinity League verschiedene ehemalige Spieler wiedergesehen habe. Sie können sich sicher vorstellen, dass man glücklich ist, wenn man drei Spieler aus der Mannschaft wiedersieht, die 2009 die letzte Meisterschaft für den VfL Wolfsburg gefeiert hat. Es ist ja nicht so, als ob wir uns jede Woche sehen würden. Das ist ein seltenes Ereignis. Von daher habe ich mich unheimlich gefreut, die Brasilianer Josué und Grafite zu sehen. Wir hatten ein schönes Abendessen zusammen und haben in alten Zeiten geschwelgt. Andrea Barzagli ist dann noch dazugekommen, da habe ich mich ebenfalls sehr gefreut. Das waren in der Meistersaison drei der wichtigsten Spieler, die Impulse gesetzt haben.

Grafite wurde in der Meistersaison 2008/09 Torschützenkönig der Bundesliga, Sie haben danach den VfL Wolfsburg verlassen. Sind Sie trotzdem in Kontakt geblieben?

Nein, ich bin da anders gestrickt als einige Kollegen. Ich würde sagen, es ist unschön, wenn ein ehemaliger Trainer Kontakt hält zu seinen Spielern, während sie noch aktiv sind. Wenn die Spieler dann ihre Karriere beendet haben, gilt das natürlich nicht mehr. Aber während der aktiven Zeit die Verbindung zu einem Spieler zu halten, den man vorher mal trainiert hat, das halte ich nicht für richtig fair gegenüber dem Trainer-Kollegen.

Magath über Kompany und den FC Bayern

Vincent Kompany wird neuer Trainer des FC Bayern München. Kennen Sie ihn und können Sie ihn einschätzen?

Ich kenne ihn natürlich als Spieler, weil er ein paar Jahre beim HSV gespielt hat und dann zu Manchester City gewechselt ist und dort überragend gespielt hat. Er war ein Weltklassespieler und ist ein intelligenter Mensch. Ich freue mich, dass wieder mal ein ehemaliger Spieler auf Weltklasse-Niveau Trainer in der Bundesliga wird. Das gibt es nicht sehr häufig in der Bundesliga, da haben wir sonst nur Xabi Alonso, der seine Erfahrungen in Leverkusen als Trainer weitergibt. Ich glaube, das ist etwas, was in der Bundesliga fehlt. Wenn jetzt mit Kompany ein Mann dazukommt, der Erfahrung auf höchstem Niveau gesammelt hat, dann ist das für die Bayern-Mannschaft gut, denke ich.

Ist es eine große Hypothek für Vincent Kompany, dass so viele Namen bekannt wurden, mit denen der FC Bayern zuvor verhandelt hat?

Sagen wir mal so: Das hat die ganze Situation etwas kompliziert gemacht. Aber letztendlich wird er daran gemessen werden, was auf dem Platz passiert. Deshalb glaube ich, dass er eine gute Chance haben wird, positiv zu überraschen, wenn er es schafft, seine Vorstellungen bei der Mannschaft umzusetzen.

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Sie haben den FC Bayern von 2004 bis 2007 trainiert. Warum kommt bei dem Verein scheinbar niemals Ruhe rein?

Ich glaube nicht, dass es immer so ist. Aber die Situation beim FC Bayern ist ähnlich wie bei Manchester United. Nach Jahrzehnten hat eine Person aufgehört, die den Klub wesentlich bestimmt hat. Dadurch ist ein Vakuum entstanden. Und die Machtfülle, die diese Person hatte, muss jetzt neu verteilt werden. Das führt zu Unstimmigkeiten, jeder möchte dann gerne ein bisschen Macht.

Aber es ist nicht so leicht, so eine Machtposition bei einem so erfolgreichen Verein auszufüllen. Manchester United kommt nicht mehr auf die Füße, seit Sir Alex Ferguson aufgehört hat. Da hat es der FC Bayern im Vergleich bisher viel besser gemacht. Bis auf diese Saison war der FC Bayern ja immer erfolgreich. Aber ich befürchte, dass es auch die nächste und vielleicht noch die übernächste Saison ein bisschen rumpeln könnte.

"Als Topfavorit würde ich uns nicht sehen."

Felix Magath über die deutschen Chancen bei der EM

Julian Nagelsmann wurde nach seiner Entlassung beim FC Bayern Bundestrainer. Was ist für ihn und die deutsche Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft möglich?

Ich bin überzeugt, dass wir eine gute EM unserer Mannschaft sehen werden. Ich bin überzeugt, dass wir Europameister werden können. Aber als Topfavorit würde ich uns nicht sehen.

Wer sind Ihre Topfavoriten?

Ich setze auf Portugal.

Toni Kroos wird seine lange und erfolgreiche Karriere bei Real Madrid beenden. Wird er dem DFB-Team bei der Europameisterschaft nochmal weiterhelfen können?

Das hat er doch schon. Aus meiner Sicht war es die entscheidende Maßnahme bei den letzten Spielen: Toni Kroos kam, sah und siegte. Er hat sofort die Verantwortung übernommen. Jetzt haben wir wirklich einen Spieler, der die Mannschaft führt. Ich würde sowieso behaupten, dass wir Führungsprobleme haben. Nicht nur im Fußball, sondern auch in der Gesellschaft. Mit dieser Führungspersönlichkeit Toni Kroos haben wir den Umschwung geschafft. Und deshalb bin ich auch sicher, dass wir eine gute Europameisterschaft spielen werden.

Über den Gesprächspartner

  • Felix Magath wurde als Spieler mit dem Hamburger SV dreimal Deutscher Meister, 1980 wurde er mit dem DFB-Team Europameister, 1983 gewann er mit dem HSV den Europapokal der Landesmeister. Magath, mittlerweile 70 Jahre alt, trainierte mehrere Bundesligisten und gewann mit dem FC Bayern zweimal das Double und führte den VfL Wolfsburg 2009 zur Meisterschaft.

Sportvorstand Eberl betont Einigkeit bei Kompany-Entscheidung

Bayern-Sportvorstand Max Eberl hat bei der Vorstellung von Vincent Kompany den Eindruck zu zerstreuen versucht, der neue Trainer sei nur eine Verlegenheitslösung. Natürlich habe sich der FC Bayern das ein oder andere blaue Auge geholt, doch Kompany habe von Anfang an auf seiner Trainerliste gestanden.
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