Claudio Pizarro macht Schluss. Der Peruaner verabschiedet sich im Alter von 41 Jahren von der Fußball-Bühne - mit zahlreichen Titeln und Rekorden, und mit dem Klassenerhalt mit Werder Bremen. Mit Pizarro verliert die Bundesliga aber nicht nur einen hochklassigen Stürmer, sondern auch besonderen Charakter.

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Als Claudio Pizarro 1999 im Alter von 20 Jahren in die Bundesliga kam, war er ein schmächtiger, schüchterner Stürmer, in den Werder Bremen große Hoffnungen setzte. Dass er sich jedoch zum wichtigsten Spieler der Bremer Vereinsgeschichte entwickeln würde, wie der ehemalige Vorstandsvorsitzende Jürgen Born es kürzlich sagte, ahnte noch keiner.

Die Sympathien der Werder-Fans konnte Pizarro jedoch auf Anhieb für sich gewinnen. Er entwickelte sich zu einer wahren Institution der Bundesliga, der bei seinen vier Aufenthalten in Bremen (1999-2001, 2008-2012, 2015-2017, 2018-2020) und zwei Aufenthalten bei Bayern München (2001-2007, 2012-2015) nahezu immer eine gewichtige Rolle spielte. Pizarro erlebte eine Bilderbuchkarriere mit Hunderten Toren und über einem Dutzend Titeln.

Sein Abgang wurde für Werder Bremen zu einem Drahtseilakt. Den Hanseaten drohte nach 40 Jahren der zweite Abstieg in die 2. Bundesliga.

Den direkten Abstieg vermied zunächst am 34. Bundesliga-Spieltag ein famoses 6:1 über Pizarros Ex-Verein 1. FC Köln. Pizarro durfte ab der 87. Minute nochmals mitmischen, ersetzte in seinem 490. und letzten Bundesligaspiel einen anderen Ex-Kölner, den zweifachen Torschützen Yuya Osako.

Bremen stand in der Relegation gegen den Zweitliga-Dritten, den 1. FC Heidenheim. Nach einem 0:0 daheim und einem dramatischen 2:2 in Heidenheim blieb Pizarro zum Ausklang einer großartigen Laufbahn das bittere Ende erspart. Bremen hat die Klasse gehalten. Pizarro aber kam in den beiden entscheidenden Partien nicht mehr zum Einsatz.

Der 41-Jährige spielte schon davor keine große Rolle mehr. Es reichte nur noch zu Kurzeinsätzen. In 18 Bundesligaspielen stand Pizarro nur noch insgesamt 214 von 1.620 möglichen Minuten auf dem Platz.

Seine letzten beiden Tore für Werder schoss Pizarro als Einwechselspieler zum 5:1 und 6:1 beim 6:1 im Pokal-Derby der ersten Hauptrunde bei Atlas Delmenhorst.

Von den Fans in Bremen konnte sich Pizarro nicht gebührend verabschieden. Die Tristesse der leeren Ränge war die Kulisse für einen unverdient traurigen Abgang.

Positive Energie auf und neben dem Rasen

Doch wer Pizarro kennt, weiß, dass der Peruaner keiner ist, der aufgrund der unglücklichen Begleiterscheinungen seines Karriereendes nun Trübsal bläst. Er verdiente sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur aufgrund seiner Tore und Leistungen einen Platz in den Geschichtsbüchern des deutschen Fußballs, es war auch seine positive Ausstrahlung, die ihn zu einem Liebling der Massen machte.

"Fußball verdient Menschen wie Claudio", sagte kürzlich Pep Guardiola angesprochen auf dessen bevorstehendes Karriereende. Unter Guardiola war Pizarro einst bei den Bayern kein Stammspieler, aber eben doch ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft. Er sorgte für gute Laune und positive Energie auf und neben dem Rasen. Und wenn er zum Einsatz kam, konnte Guardiola auf den einen oder anderen Glanzpunkt hoffen.

Aus dem schmächtigen Stürmer, der Ende der 1990er von Allianza Lima an die Weser wechselte, wurde über die Jahre ein Strafraumtrickser, der seinen Körper mit Athletik und Geschick zwischen Ball und Gegenspieler schob, der mit Brachialität in die Kopfbälle ging und der mit dem Gerd-Müller-Torriecher immer wieder richtig stand.

Fehlende Ernsthaftigkeit verhindert den großen Durchbruch

Trotzdem reichte es für Pizarro niemals zum absoluten Durchbruch. Bei den Bayern blieb er zumeist Joker, während seines Intermezzos bei Chelsea (2007-2008) konnte er nur selten brillieren und blieb hinter den Erwartungen zurück. Dass es ihn anschließend direkt wieder nach Bremen zog, verbuchten manche als mentale Schwäche.

Diese Kritik hing ihm während seiner Karriere oftmals an. Ottmar Hitzfeld etwa, der Pizarro 2001 zu den Bayern holte und ihn dort drei Jahre trainierte, gefiel nie die etwas lässige Attitüde des Mittelstürmers. Mit mehr Disziplin und Ernsthaftigkeit hätte er mehr aus sich machen können, glaubt Hitzfeld.

Ein ewiger Lausbub zu sein, kam also nicht bei jedem gut an. Manche sahen es sogar als Fassade, die den wahren Charakter Pizarros nur verschleiern sollte. 2009 war er in die Affäre um die Spielerberatungsagentur "Image" seines Managers Carlos Delgado verwickelt. Die Vorwürfe gegen Delgado lauteten Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Höhe von zehn Millionen Euro.

Pizarro war Hauptaktionär der Agentur, beteuerte aber seine Unschuld. Er überstand die Situation schadlos, während der bereits erwähnte Werder-Chef Jürgen Born aufgrund von Vorgängen im Zuge des Transfers von Delgado-Klient Roberto Silva – dem designierten Pizarro-Nachfolger in Bremen – seinen Hut nehmen musste.

Eine Zukunft als Markenbotschafter

Pizarro versuchte Kritik an seiner Person stets wegzulächeln. Es schien so, als konnte ihm Druck von außen und der allgemeine Stress des Profigeschäfts nie etwas anhaben. Er wirkte unantastbar und zugleich so nahbar für Fans und Mitspieler.

Auch in den letzten Wochen war er trotz seiner Nebenrolle in Werders Mannschaft einer, der versuchte, gute Stimmung zu verbreiten. Manch ein Romantiker wünscht sich wahrscheinlich sogar, dass Pizarro die Schuhe nicht an den Nagel hängt, sondern einfach immer weiter macht.

Aber selbst der immer zu positive Peruaner hat eingesehen, dass es im Alter von 41 Jahren Zeit ist, die Bühne als Spieler zu verlassen und sich neuen Dingen zu widmen. Ein Job als Markenbotschafter des FC Bayern ist im Gespräch. Es gibt wohl keine passendere Rolle für einen, der ohnehin bereits die letzten zwei Jahrzehnte ein inoffizieller Markenbotschafter seiner Klubs war.

Verwendete Quellen:

  • Profil von Claudio Pizarro auf Transfermarkt.de
  • BILD: Darf Werder Pizarro noch kaufen?
  • Spiegel.de: Faustdick hinter den Toren
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