Die Frauen des VfL Wolfsburg verlieren gegen Paris FC und verpassen die Gruppenphase der Champions League. Weder gelingt es den Wölfinnen ein Zeichen für den deutschen Frauenfußball zu setzen, noch die Zweifel an der aktuellen Leistungsstärke zu beseitigen.
Als Schiedsrichterin Tess Olofsson die Partie in Wolfsburg abpfiff, schlugen die Spielerinnen des VfL Wolfsburg die Hände vors Gesicht oder sanken auf den Rasen. Die Wölfinnen hatten soeben im eigenen Stadion das Rückspiel der letzten Qualifikationsrunde zur Champions League gegen Paris FC mit 0:2 verloren und somit nach dem 3:3 im Hinspiel die Qualifikation zur Gruppenphase der Champions League verpasst.
Die Niederlage am Mittwochabend war eine der bittersten für die Frauen des VfL in den letzten Jahren, die die Mannschaft, Trainer Tommy Stroot und alle Verantwortlichen sicherlich noch länger beschäftigen wird. Seit 2012 hatten die Wolfsburgerinnen immer mindestens im Viertelfinale der Champions League gestanden, noch im Juni dieses Jahres mussten sie sich erst im Finale gegen Barcelona knapp mit 2:3 geschlagen geben.
"Wir haben verloren. Es ist schwer, das auf die Schnelle zu analysieren", sagte die sichtlich geschockte und um Worte ringende VfL-Kapitänin
Das frühe Champions-League-Aus schmerzt auf mehreren Ebenen
Als "unverhandelbar" hatte Trainer Stroot die Qualifikation für die Gruppenphase vor den Duellen mit der Französinnen bezeichnet. Doch das Undenkbare passierte, am Mittwochabend sprach Stroot dann von einer "herben Niederlage, die wir einstecken müssen". Dabei schmerzt das frühe Aus in der Königinnenklasse den VfL gleich auf mehreren Ebenen.
Zum einen ist da natürlich der finanzielle Faktor. Dem VfL entgehen 400.000 Euro, die es als Startgeld für die Gruppenphase gegeben hätte. Durch weitere Siege hätte sich diese Summe deutlich erhöhen können, mit der Finalteilnahme in der vergangenen Saison erspielte sich der VfL mehr als eine Million Euro an Prämien.
Deutlich schwerer als die verpassten Einnahmen wiegt aber das verlorene sportliche Prestige. Mit der Einführung der Gruppenphase 2021 wurde die Champions League deutlich aufgewertet, die Spiele finden regelmäßig in den großen Stadien vor vielen Fans statt. Nun bleibt den Wölfinnen auf der größten Bühne des Frauenfußballs in dieser Saison nur die Zuschauerinnenrolle. "Es wird vor allem wehtun, wenn die Spiele laufen", sagte der sportliche Leiter Ralf Kellermann.
"Man kommt nach Wolfsburg, um große Titel zu gewinnen und große Spiele zu spielen, auch große Wettbewerbe zu spielen. Dass man das dieses Jahr nicht geschafft hat, tut einfach unfassbar weh", ärgerte sich Verteidigerin Dominique Janssen, die beim Stand von 0:1 einen Elfmeter verschossen hatte.
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Der VfL verpasst es, ein Zeichen für die Bundesliga zu setzen
Während die Frauen des FC Bayern München als deutsche Meisterinnen für die Gruppenphase gesetzt sind und die Frauen von Eintracht Frankfurt sich mit zwei Siegen gegen Sparta Prag souverän qualifizierten, verpasste der VfL auch die Chance, ein Zeichen für den nach der desaströsen WM angeschlagenen deutschen Frauenfußball und die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga zu setzen. Stattdessen ist Frankreich als einziges Land mit drei Mannschaften in der Gruppenphase vertreten.
Generell werden nach der Niederlage gegen Paris die Diskussionen lauter, wie stark der VfL Wolfsburg aktuell tatsächlich ist. Denn die Mannschaft von Tommy Stroot kassierte in diesem Kalenderjahr gleich mehrere bittere Niederlagen. Im März verloren sie das Bundesliga-Duell beim großen Rivalen in München, was sie die Meisterschaft kostete und somit überhaupt erst in die Situation brachte, sich für die Gruppenphase der Champions League qualifizieren zu müssen.
Wenig später setzte es eine 0:4-Packung in Frankfurt, was die höchste Bundesliga-Niederlage seit sieben Jahren bedeutete. Das Champions-League-Finale verloren die Wölfinnen gegen Barcelona nach einer 2:0-Führung mit 2:3. Der Gewinn des DFB-Pokals konnte darüber nur teilweise hinweg trösten, die Vormachstellung im deutschen Frauenfußball scheint nicht mehr garantiert.
Wolfsburg vor richtungweisenden Spielen
In der neuen Bundesliga-Saison steht der VfL zwar mit zwölf Punkten aus vier Spielen an der Tabellenspitze, tat sich teilweise aber ungewohnt schwer. Während der große Rivale FC Bayern mit den Verpflichtungen von Pernille Harder und Magdalena Eriksson im Sommer ein Zeichen setzte, verstärkte sich Wolfsburg eher in der Breite. Die Mannschaft scheint sich noch nicht gefunden zu haben, vielleicht wirkt auch die WM noch nach, bei der ein großer Teil der VfL-Spielerinnen mit dem DFB-Team ebenfalls Schiffbruch erlitt.
"Wenn man generell gerade unsere Spiele sieht , ist es vielleicht auch einfach zu wenig und ein Stück weit gar nicht unverdient", sagte Stürmerin Popp nach der Niederlage gegen Paris: "Wir müssen daran arbeiten, konstanter in der Defensive zu sein und wieder diese Leichtigkeit zu finden, Richtung Tor zu spielen. Das fehlt momentan ein bisschen, das müssen wir relativ schnell wieder hinkriegen."
Immerhin, und das ist vielleicht das einzig Positive an dem Aus in der Champions League, können sich die Wolfsburgerinnen nun voll und ganz auf die Meisterschaft konzentrieren. Bereits am Sonntag steht das Spitzenspiel gegen den Tabellenzweiten Hoffenheim an, nach der Länderspielpause reist der VfL Anfang November zum FC Bayern. Viel Zeit, das Champions-League-Aus zu verarbeiten, bleibt also nicht.
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