Der FC Bayern München ist im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den SV Werder Bremen zwar der Favorit. Viele Gründe sprechen allerdings dafür, dass die Bremer ein Stolperstein auf dem Weg ins Finale sein könnten.

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Auf den ersten Blick dürfte für den FC Bayern München heute im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den SV Werder Bremen (ab 20:45 Uhr bei uns im Live-Ticker und in der ARD sowie auf Sky) wenig schiefgehen. Die letzten 19 Begegnungen gingen alle zugunsten der Bayern aus. Der letzte Sieg für Werder ereignete sich am 20. September 2008.

Zuletzt allerdings waren die Aufeinandertreffen knappe Angelegenheiten. Die Zeit der Klatschen, wie zum Beispiel das 6:0 im August 2016, ist Vergangenheit.

In der Hinrunde retteten die Bayern in Bremen ein 2:1 mit viel Mühe über die Zeit. Vergangenen Samstag trafen Bayern und Werder erneut aufeinander. Wieder tat sich der Rekordmeister schwer und erzielte den Siegtreffer zum 1:0 erst in der 75. Minute, als Bremen in Unterzahl agierte.

Von einem souveränen Bayern-Sieg ließ sich nicht sprechen. Daher sind sich viele Experten einig: Im Pokal besteht für die Bayern Stolpergefahr.

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Mario Basler: Bremen hat eine gute Chance

Mario Basler, der früher für beide Vereine gespielt hat, sagte im Sport 1 Doppelpass: "Bremen ist zu Hause noch einmal einen Tick stärker wie auswärts. Und Bremen ist natürlich auch eine Pokalmannschaft. Klar, es geht um den Einzug in das Pokalfinale und Bayern wird alles daran setzen. Aber ich kann mir vorstellen, dass Bremen eine gute Chance hat, zu Hause gegen Bayern etwas zu holen."

Auch der frühere Bayern-Spieler und heutige HSV-Präsident Marcell Jansen sagt bei DFB.de: "Bayern ist natürlich der Favorit. Aber wenn Werder die Leistungen aus den letzten Wochen in dieses Spiel transportieren kann, haben die Bremer mit ihren Fans im Rücken die große Chance, es ins Finale zu schaffen."

Ex-Werder-Trainer Thomas Schaaf ist ebenfalls optimistisch und sagt bei Sky: "Wenn wir zu unserem Spiel finden, haben wir eine gute Chance. In einem Spiel ist alles möglich."

Pokal-Macht Bremen: Im Weser-Stadion kaum bezwingbar

Doch was macht Werder so gefährlich? Zunächst einmal die Tatsache, dass Bremen sich zu einem Pokal-Schreck entwickelt hat. Im Februar gewannen sie in Dortmund mit 7:5 im Elfmeterschießen, obwohl sie in der Verlängerung zunächst zurückgelegen waren. Anfang April folgte das souveräne 2:0 bei Schalke 04.

Im eigenen Stadion sind die Bremer sogar die deutschlandweit erfolgreichste Mannschaft im Pokalwettbewerb. Beeindruckend: Werder erreichte bei den vergangenen 37 Pokalspielen im Weser-Stadion stets die nächste Runde – Rekord im DFB-Pokal.

Kohfeldt: Bayern hat mehr zu verlieren

Werder-Trainer Florian Kohfeldt sieht die eigene Mannschaft zudem mental im Vorteil: "Es kann schon ein Vorteil sein, dass wir jetzt mit kurzem zeitlichen Abstand wieder gegen Bayern spielen. Wir spielen zu Hause. Beide Mannschaften haben etwas zu verlieren. Die Bayern vielleicht noch mehr als wir."

Es sind nicht nur Statistiken und Sprüche, die Spieler und Trainer selbstbewusst in das Halbfinale gehen lassen. Es ist vielmehr das Wissen, eine gut zusammengestellte Mannschaft mit einer klaren Philosophie zu haben.

Man könnte auch sagen: Werder fand zurück zu dem Spielstil, mit dem sie in den 1990er-Jahren und Anfang dieses Jahrhunderts zu einer der erfolgreichsten Mannschaften im deutschen Fußball wurden. Ob nun früher unter Otto Rehhagel oder unter Thomas Schaaf: Werder stand immer für einen mutigen Offensivfußball.

Nach der Freistellung von Schaaf im Mai 2013 kam Werder von dieser Philosophie ab. Nachfolger wie Robin Dutt, Viktor Skripnik oder Alexander Nouri erlebten zwar kurzzeitige Hochs, landeten aber früher oder später im Abstiegskampf. Und da galt es eben vorwiegend, hinten wenig zuzulassen.

Bei Werder kommt zuerst die Offensive

Erst mit Florian Kohfeldt kehrte das Angriffs-Spektakel zurück. Seine Devise: "Erst kommt die Offensive, und daraus leiten wir dann das Verteidigen ab." Er sieht es gerne, wenn selbst der Innenverteidiger in der 90. Minute noch nach vorne stürmt und das Tor erzwingen möchte – auch wenn daraus eine Kontergefahr resultiert.

Die Folge: Werder ist der einzige Bundesligist, der in den ersten 29 Ligaspielen jeweils mindestens ein Tor erzielte.

Der Kader von Werder Bremen bietet sich für Offensivfußball an: Stürmer Max Kruse spielt mit zehn Toren und zehn Vorlagen eine der effektivsten Spielzeiten seiner Karriere. Dahinter lauert der 40-jährige Claudio Pizarro auf seine Einsätze, der mit seiner Erfahrung jederzeit für ein Joker-Tor gut ist.

Linksaußen Milot Rashica mag außerhalb von Bremen wenig bekannt sein, ist mit seiner Schnelligkeit und Effektivität aber der Mann der Rückrunde. Acht Tore gelangen ihm in den letzten zwölf Pflichtspielen. An seiner Seite agiert der offensive Mittelfeld-Antreiber Davy Klaassen.

Eggestein-Brüder waren im Visier der Bayern

Und dann wären da noch die Eggestein-Brüder: Der 22-jährige Maximilian Eggestein, der im März erstmals für die deutsche Nationalmannschaft nominiert wurde, zählt mit seiner Ballsicherheit und dem starken Schuss zu den größten Hoffnungen im deutschen Fußball. Und der 20-jährige Johannes Eggestein war früher dreimaliger Torschützenkönig in der Junioren-Bundesliga und ist nun im Profifußball angekommen.

Beide Spieler hätte Bayern gerne verpflichtet. An Johannes war der Rekordmeister laut dem "kicker" bereits zu Jugendzeiten interessiert. Und mit Maximilian hatten sich die Bayern laut einem Bericht des Online-Portals Deichstube erst kürzlich befasst.

Beide entschieden sich allerdings für Werder – und könnten die Bayern nun aus dem Pokal schmeißen.

Verwendete Quellen:

  • Sport1: Check24 Doppelpass mit Stefan Reuter und Manuel Gräfe
  • DFB.de: Jansen: "Halbfinale für den HSV eine schöne Momentaufnahme"
  • Deichstube.de: Auch die Bayern wollten Maxi Eggestein
  • Sky.de: Schaaf über möglichen Finaleinzug Bremens: "Wäre Riesenüberraschung"
  • Kicker (Ausgabe 32) Wir sind ziemliche Sturköpfe
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