Das 1:0 bei Verfolger Russland bringt die österreichische Nationalmannschaft mit anderthalb Beinen zur EM-Endrunde nach Frankreich. Der viel geschmähte Marc Janko erzielte das Tor des Tages, das ÖFB-Präsident Windtner zu einem fulminanten Aussage verleitete.
Die österreichische Nationalmannschaft hat einen Riesenschritt in Richtung Europameisterschaft gemacht. Die Mannschaft von Trainer Marcel Koller siegte im Spitzenspiel der Gruppe G bei Verfolger Russland mit 1:0 (1:0) und hat damit nun vier Spieltage vor Schluss schon satte acht Punkte Vorsprung auf Rang drei. Da sich der Gruppenerste und -zweite direkt für das Endturnier in Frankreich im kommenden Jahr qualifiziert, ist das ÖFB-Team damit so gut wie sicher qualifiziert.
Vor 35.000 Zuschauern in Otkrytije-Arena von Spartak Moskau entschied sich Teamchef Koller für Stefan Ilsanker als Ersatz für den immer noch verletzten
Österreich spielte von der ersten Sekunde an wie in den vorangegangen Partien in der Qualifikationsrunde hochkonzentriert und aus einer kompakten Defensive heraus. Die Russen, bei denen Trainer Fabio Capello nur Spieler aus der heimischen Liga aufgestellt hatte, fanden in den ersten 20 Minuten überhaupt nicht ins Spiel.
Russland zunächst zu einfallslos
Viele leichte Abspielfehler und Missverständnisse prägten das Spiel der Sbornaja, die angesichts des Rückstands auf Österreich und den die zweitplatzierten Schweden unbedingt einen Sieg benötigten. Für die Gäste war es ein Leichtes, die drucklosen Angriffe der Russen vom eigenen Tor wegzuhalten - und im Gegenzug führten einige in Ansätzen vernünftige Attacken der Österreicher zumindest zum Torabschluss.
Aber Zlatko Junuzovics Versuche oder der von Julian Baumgartlinger waren (noch) nicht von Erfolg gekrönt. Nach einer knappen halben Stunde wurde Russland dann entschlossener und konnte besonders über die Flügel ein paar Mal bis vor das Tor der Gäste durchdringen. Aber just in diese kleine Drangphase fiel - etwas überraschend - die Führung für das ÖFB-Team.
Marc Janko trifft per Fallrückzieher
Martin Harnik fädelte die Aktion mit einem überragenden Zuspiel auf Junuzovic ein, der gleich doppelt geblockt wurde. Den zweiten Abpraller nahm aber Mittelstürmer Marc Janko per Fallrückzieher und versenkte den Ball formvollendet (33.).
Der Schock des Rückstands war den Russen sofort anzumerken und keine 120 Sekunden später hätte Österreich schon die Vorentscheidung besorgen können. Nach Junuzovics Pass in die Tiefe tauchte Baumgartlinger völlig frei vor Igor Akinfeev auf. Der Heber des Mainzers verfehlte aber um Zentimeter das Ziel. Von den Russen kam bis zur Pause gar nichts mehr, die Führung für den ÖFB nach 45 Minuten war verdient.
Nach dem Wechsel überraschte Capello mit der Hereinnahme des erst 19-jährigen Offensivjuwels Alexei Mirantschuk für Oleg Iwanow. Mirantschuk war es dann auch, der die erste gute Chance hatte, sein Kopfball aus kurzer Distanz war aber kein Problem für ÖFB-Keeper Robert Almer (55.). Es war der Startschuss für die russische Offensive. Nur zwei Minuten später scheiterte Juri Schirkow an Almer, kurz darauf forderten die Gastgeber einen Elfmeter, als Alex Kokorin im Strafraum zu Fall kam.
Österreich blieb mit seinen Kontern gefährlich, die beste Chance vergab Marcel Sabitzer. Der Noch-Salzburger scheiterte aber aus kurzer Distanz am grandios parierenden Akinfeew. 20 Minuten vor dem Ende brachte Capello mit Alex Kerschakow einen zweiten Angreifer und stellte auf 4-4-2 um. Oleg Schatows Geschoss flog nur knapp vorbei (74.), dann wurde Kokorin im letzten Moment noch geblockt (82.).
Österreich zog sich immer weiter zurück und konnte kaum noch für Entlastung sorgen. Die Russen versuchten es immer häufiger mit hohen Bällen in den Strafraum. Zwei Minuten vor dem Ende köpfte Kokorin eine solche Hereingabe hauchzart an Almers Tor vorbei. Es war die letzte nennenswerte Chance für die Russen.
Die Gastgeber offenbarten erneut ihre große Schwäche bei eigenem Ballbesitz. Zwar konnte Capellos Mannschaft phasenweise ordentlichen Druck aufbauen, wirklich durchdacht und strukturiert waren die Offensivbemühungen der Russen aber nicht.
Historische Niederlage für Russland
So steht für die Sbornaja die erste Niederlage in der Heimat nach 21 Spielen zu Buche - und die erste Niederlage gegen eine österreichische Auswahl nach 54 Jahren. Das ÖFB-Team konnte sich auch im sechsten Gruppenspiel wieder auf seine hervorragende Defensivarbeit verlassen. Lediglich zwei Gegentore sind der Spitzenwert unter allen Teams in der Qualifikation.
"Es ist absolut fantastisch, dass wir hier gewonnen haben", jubelte Teamchef Koller. "Unsere erste Halbzeit war sehr gut, in der zweiten haben es die Jungs ein wenig spannend gemacht. Da war Dauerdruck der Russen. Aber meine Mannschaft hat einmal mehr super dagegen gehalten."
Österreich ist jetzt nur noch einen Schritt entfernt von der ersten selbst erwirkten EM-Teilnahme überhaupt. Beim Doppel-Spieltag im September könnte Rot-Weiß-Rot bereits den Deckel drauf machen. Läuft alles so wie gewünscht, könnte Österreich bereits nach der ersten der beiden Partien gegen Fußballzwerg Moldawien qualifiziert sein - weil parallel die beiden schärfsten Verfolger Russland und Schweden gegeneinander spielen.
Trainer Koller wollte von alldem in den Minuten nach dem Spiel natürlich nichts wissen. Deutlich euphorischer war da schon ÖFB-Präsident Leo Windtner. "Das ist eine Sternstunde des österreichischen Fußballs! Jetzt haben wir den TGV nach Frankreich in Bewegung gesetzt." Jetzt müssen die ÖFB-Stars im Prinzip nur noch Platz nehmen.
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