Wenige Tage vor dem Ende der Transferphase hat sich Bastian Schweinsteiger offenbar noch nicht für einen neuen Verein entschieden. An Angeboten dürfte es ihm nicht mangeln. Aber eine Frage muss er sich selbst beantworten: Was will er als Fußballer noch erreichen?

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Bastian Schweinsteiger hat Größe bewiesen. Wieder einmal. Bei seinem Verein Manchester United wurde er vom neuen Trainer José Mourinho aussortiert – nur ein Jahr nach seinem Wechsel zu den "Red Devils". Noch dazu auf eine Art, die zumindest streitbar war: Schweinsteiger musste seinen Spind in der Kabine räumen, bevor "The Special One" ihm öffentlich einen Wechsel ans Herz legte.

Doch statt die Diva zu geben und sich beleidigt zurückzuziehen, nahm Schweinsteiger die Situation an wie einer, der weiß, dass er keinem mehr etwas beweisen muss. Beim ersten United-Heimspiel der Saison ging er trotz allem ins Stadion und postete auf Twitter ein Selfie, auf dem er nicht besser gelaunt aussehen könnte. Dazu schrieb er: "Erstes Premier-League-Spiel der Saison im Old Trafford! Viel Glück, Jungs!"

Fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt

Der überwiegende Teil der Fans feierte Bastian Schweinsteiger für diese Geste als fairen Sportsmann und Teamplayer. Andere frotzelten und kommentierten, dass sie sich für einen sechsstelligen Wochenlohn nur zu gern auf die Tribüne des Old Trafford setzen würden. Was sie dabei aber übersehen, ist, dass es Schweinsteiger nicht in erster Linie ums Geld gehen dürfte. Schon lange nicht mehr.

Der mittlerweile 32-Jährige hat als Spieler des FC Bayern München so ziemlich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Deutsche Meisterschaften, DFB-Pokal, Champions League. Und bei der Nationalmannschaft hat er sich vor allem im Finale der Weltmeisterschaft 2014 durch seinen heldenhaften Kampf zu einem Spieler profiliert, von dem man noch in Jahrzehnten melancholisch-entrückt erzählen wird.

Bastian Schweinsteiger ist ein großer Fußballer, der kurz vor dem Ende einer großen Karriere steht. Die unwürdige Degradierung durch Mourinho wird voraussichtlich nicht der Schlusspunkt seiner Laufbahn sein. Aber wohin geht die Reise? Eine Entscheidung scheint es noch nicht zu geben – und in ein paar Tagen schließt das Transferfenster.

Wohin wechselt Bastian Schweinsteiger?

Seit bekannt ist, dass er seinen bis 2018 laufenden Vertrag bei Manchester United nicht erfüllen wird, gab es etliche Gerüchte über mögliche Wechsel. Die englische Boulevard-Zeitung "Daily Star" berichtete jüngst, Manchester würde Schweinsteiger schon für rund 2,3 Millionen Euro gehen lassen – ein Ramschpreis im Fußballgeschäft, vor allem in England. Eine Rückkehr in die Bundesliga wurde als Möglichkeit diskutiert – etwa zum FC Schalke 04 –, doch das scheint für den Ur-Bayern Schweinsteiger keine Option zu sein. Auch zu den Münchnern wird er nicht zurückkehren, jedenfalls nicht als Spieler.

Viele Beobachter halten deshalb einen Wechsel in die italienische Serie A für wahrscheinlich. Etwa bei einem der beiden Mailänder Klubs oder bei Juventus könnte Schweinsteiger mit seinen Qualitäten noch immer eine wichtige Rolle spielen. Vor allem der Flirt mit Juventus nahm zuletzt konkretere Formen an. Und trotz einiger Kratzer im Lack und offenkundiger Schäden im Getriebe der Liga, hat der einstige Sehnsuchtsort Italien für Fußballer aus aller Welt noch immer eine gewisse Strahlkraft.

Auch der französische Meister Paris Saint-Germain soll sich nach Schweinsteiger erkundigt haben; zudem wurden in den Medien Celtic Glasgow und die türkischen Großklubs Galatasaray, Fenerbahce und Besiktas in den Topf geworfen. Möglichkeiten, weiterhin in Europa Fußball zu spielen, hat Schweinsteiger also reichlich – selbst, wenn es nur die Hälfte der angeblichen Angebote auch in Wirklichkeit geben sollte. Aber auch andere Kontinente hätten für den 32-Jährigen durchaus ihre Vorzüge.

Fußballstars in China und den USA

Bei der aggressiven Vorgehensweise der Klubs aus der Chinese Super League müsste es mit dem Teufel zugehen, wenn Schweinsteigers Berater Robert Schneider nicht mindestens ein millionenschweres Angebot von dort vorliegen würde. Der Brasilianer Alex Teixeira wechselte im Winter für 50 Millionen Euro von Schachtjor Donezk nach China, sein Landsmann Hulk verließ im Sommer Zenit St. Petersburg für 55,8 Millionen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Geld ist in China dank schwerstreicher Investoren kein Hindernis. Aber dass es Schweinsteiger dorthin ziehen könnte, gilt als unwahrscheinlich: Der chinesische Fußball mag zwar ein Abenteuer sein, er besitzt aber noch zu wenig Prestige.

Um das internationale Ansehen ist es in der US-amerikanischen Major League Soccer etwas besser bestellt. Die MLS scheut seit Jahren keine Kosten und Mühen, um dem Fußball in Amerika neben den Volkssportarten Basketball, Football und Baseball zu größerer Anerkennung zu verhelfen. Highlights ausgesuchter Spiele flimmern heute auch in Deutschland, England und Frankreich über die Fernseher. Viele Profis, die in der Blüte ihres Schaffens in Europa die Knochen hingehalten haben, wechseln gerne in die USA, um dort ihre Karriere ausklingen zu lassen. Das war schon bei Franz Beckenbauer so. Und heute spielen allein bei Los Angeles Galaxy mit Steven Gerrard, Robbie Keane und Ashley Cole drei ehemalige Superstars. Beim New York City FC spielen Andrea Pirlo, Frank Lampard und David Villa; Trainer dort ist Patrick Vieira. Die Liste ließe sich noch ein ganzes Weilchen so fortsetzen.

Eine Frage der Priorität

Bastian Schweinsteiger muss sich entscheiden: Will er in Europa bleiben, eine weitere Topliga kennenlernen und vielleicht sogar noch einmal in der Champions League angreifen? Oder will er in den USA eine ruhige Kugel schieben und das Leben genießen? Eine Option, die auch seiner Ehefrau Ana Ivanovic, ihrerseits Tennisspielerin von Weltklasse-Format, womöglich gefallen würde.

Das Sommer-Transferfenster schließt am 31. August. Spätestens dann wird die Fußballwelt wissen, welche Prioritäten Bastian Schweinsteiger fortan setzt. Mehrere Medien berichteten zuletzt, er habe mit Europa noch nicht abgeschlossen. Vielleicht hofft er ja, als Spieler eines anderen Vereins noch einmal ins Old Trafford zurückzukehren – auf den Rasen, nicht auf die Tribüne. Er hat dort immerhin noch eine Rechnung zu begleichen.

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