Lionel Messi hat angekündigt, dass er zu Inter Miami wechseln wird. Doch wie tickt der MLS-Klub um Mitbesitzer David Beckham? Die Ziele sind groß, Erfolg stellt sich bislang allerdings keiner ein. Das soll Messi nun ändern.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Andreas Reiners sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Lionel Messi nimmt es mit Humor. Was bleibt ihm auch anderes übrig? Der Weltmeister hat sich für einen Wechsel zu Inter Miami in die USA entschieden, und mit der sportlichen Situation des Klubs wird sich der Argentinier bestimmt vorher beschäftigt haben. Um auf Nummer sicher zu gehen, schickte ihm Kumpel Sergio Agüero aber einen Screenshot der Tabelle der Eastern Conference, wie er bei ESPN Argentina verriet. Dazu sagte er Messi: "Deine Mannschaft ist ganz unten. Ihr müsst es auf Platz acht oder neun schaffen." Messis Reaktion auf die Stichelei: "Er hat sich kaputtgelacht. Dann meinte er: 'Wir müssen es in die Playoffs schaffen.'"

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Einfach wird das nicht, denn Messis baldige Ankunft hat seiner künftigen Mannschaft noch keinen Schub verliehen – Inter Miami hat am vergangenen Wochenende beim 1:3 bei New England Revolution die sechste Niederlage in Folge kassiert. Mit nur 15 Punkten aus 17 Spielen ist Inter Tabellenletzter der Eastern Conference. Trotzdem schlug Messi Angebote von Al-Hilal aus Saudi-Arabien und des FC Barcelona aus, um sich dem Klub aus der Major League Soccer (MLS) um Mitbesitzer David Beckham anzuschließen.

Keine großen Namen, keine Erfolge

Die englische Fußball-Legende Beckham ist im Moment das einzig Schillernde an der Franchise, die 2018 als Internacional de Fútbol Miami gegründet wurde, seit 2020 im Ligabetrieb mitmischt und seitdem weder durch große Spielernamen noch durch irgendwelche Erfolge auffällt. Dann schon eher durch die pinken Trikots. Dabei war es das Ziel des Klubs, eine globale Marke zu werden.

Dafür haben Beckham und seine Mitstreiter einen langen Anlauf genommen. Schon bei seinem eigenen Wechsel in die MLS 2007 ließ sich Beckham von der MLS die Option zusichern, für 25 statt der üblichen 150 Millionen Dollar eine Franchise gründen zu können. Nach dem Ende seiner Karriere als Spieler 2013 fanden dann erste Gespräche statt, grünes Licht gab es aber erst 2018. Zunächst waren neben Beckham der bolivianische Unternehmer Marcelo Claure, Musik- und Fernsehproduzent Simon Fuller, die Bauunternehmer Jorge und José Mas sowie der japanische Medienmogul Masayoshi Son Teilhaber des Vereins. Die Gebrüder Mas sowie Beckham übernahmen den Klub 2021 schließlich vollständig. Doch trotz der langen Anlaufzeit und Beckham als Galionsfigur läuft längst nicht alles glatt – und das nicht nur aus sportlicher Sicht.

Namensstreit mit Inter Mailand

So schwelt seit Jahren ein Namensstreit mit dem italienischen Traditionsverein Inter Mailand. Bislang bekam der Champions-League-Finalist vor Gericht in erster Instanz Recht, allerdings ist der Streit gerichtlich noch nicht final geklärt. Gut möglich, dass Beckham den Namen seines Klubs in absehbarer Zeit ändern muss. Hinzu kommt, dass Miami länger als erwartet im Übergangsstadion DRV PNK Stadium in Fort Lauderdale spielen muss, der Schnitt liegt dort bei knapp 17.000 Zuschauern. Der Bau des neuen Miami Freedom Park, der neben dem Stadion auch Restaurants, Hotels und Geschäfte umfasst und eine Milliarde Dollar kosten soll, hatte sich verzögert. Zur Saison 2025 will Inter umziehen.

Es gibt aufgrund der jungen Geschichte und der Infrastruktur auch kritische Stimmen, was den Wechsel Messis angeht. "Es wäre schön", sagte Ersatzkeeper Nick Marsman bei ESPN. "Ich denke aber, unser Verein ist einfach noch nicht so weit. Wir haben ein provisorisches Stadion und die Leute können einfach auf das Spielfeld laufen. Es gibt zum Beispiel keine Zäune. Es gibt keine Sicherheitsvorkehrungen, wenn wir vom Trainingsgelände zum Stadion gehen", sagte Marsman. Und fügte hinzu: "Aber ich hoffe, dass er kommt."

Es wäre der erste richtig große Coup in der noch jungen, aber blassen Geschichte des Teams. Während man mit dem Slogan "Libertad. Unidad. Fortuna." ("Freiheit. Einheit. Glück.") die lateinamerikanische Bevölkerung rund um Miami ansprechen will und unter anderem mit diesen Verbindungen wohl auch Messi überzeugen konnte, ist er der erste echte Superstar. Zwar fallen die Namen großer Fußballer in Verbindung mit Inter Miami seit Jahren regelmäßig, doch letzten Endes waren Messis Landsmann Gonzalo Higuain und der Franzose Blaise Matuidi die beiden einzigen Topstars, die tatsächlich in Miami spielten. Beide haben nach der vergangenen Saison ihre Karrieren beendet.

"Inter hat mir die Liebe zum Fußball zurückgegeben"

"Ich habe in diesem Verein wunderbare Menschen kennengelernt", sagte Higuain nach seinem letzten Spiel. "Meine Zeit hier war eine der schönsten Jahre meiner Karriere und hat mir die Liebe zum Fußball zurückgegeben, die ich verloren hatte. Ich war sehr glücklich in diesem Verein und bin allen bei Inter Miami sehr dankbar."

Bekannte Spieler sucht man in dem aktuellen Kader, der laut transfermarkt.de mit einem Marktwert von insgesamt 34,1 Millionen Euro auf Platz 24 von 29 Teams rangiert, vergeblich. Die wertvollsten Spieler sind Stürmer Josef Martinez und Verteidiger Kamal Miller mit einem Marktwert von jeweils vier Millionen Euro. Doch natürlich wird das Messi-Beben Folgen haben.

So brachte der Sender TyC Sports zwei weitere große Namen ins Spiel: Sergio Busquets, Ikone des FC Barcelona und ablösefrei verfügbar, und Messis uruguayischen Angriffskumpel Luis Suarez, derzeit bei Gremio Porto Alegre in Brasilien. Auch Messis Nationalmannschafts-Kollege Angel Di Maria soll nach seinem Aus bei Juventus Turin eine Option sein. Klar ist: Weitere Stars können dank Messi einfacher angelockt werden, und mehr Qualität ist dringend nötig. Als neuer Trainer ist der ehemalige argentinische Nationaltrainer Gerardo Martino im Gespräch. Er würde Javier Morales, ebenfalls Argentinier, beerben. Der 43-Jährige hat nach der Trennung Miamis von Phil Neville Anfang Juni interimsweise übernommen.

Ex-Trainer Neville: Miami will angemacht werden

Neville wiederum hatte im Februar bei "The Athletic" auf den Punkt gebracht, wo Inter hinwill. "Diese Stadt will keine Mittelmäßigkeit. Sie will keinen Durchschnitt", sagte Neville. "Unser Trikot ist anders. Wir müssen mutig genug sein, um anders zu sein. Dieser Club ist weit entfernt von der Arbeiterklasse. Er muss ein bisschen Glitzer und Glamour haben. Er muss eher auf den Mond als auf die Sterne zielen. Das liegt an dem Ort, an dem wir sind. Diese Stadt will angemacht werden. Sie wollen South Beach."

Erfolg stellt sich aber weiterhin keiner ein. In den ersten beiden Saisons verpasste das Team die Playoffs, in der vergangenen Saison schied man in der ersten Runde aus. Als aktuell Letzter in der Eastern Conference liegt Inter sieben Punkte hinter Platz neun, der den Playoff-Einzug ermöglichen würde. Mit Messis Liga-Debüt wird nach einem offiziellen Wechsel, der ab dem 5. Juli möglich ist, auch wegen einer zwischenzeitlichen Pause erst am 21. August gerechnet. Da die MLS nach dem Kalenderjahr spielt, blieben Messi noch zwölf Spiele, um sportliche Wunder zu bewirken.

Instagram-Zahlen explodieren

Einen Vorgeschmack auf einen möglichen Messi-Schub gab es auf Instagram. Bevor der 35-Jährige seinen Wechsel zu Inter Miami verkündete, hatte der Klub eine Million Follower. Seitdem explodiert der Zuspruch geradezu. Am vergangenen Donnerstag kletterte die Zahl der Follower auf fünf Millionen, am Freitag waren es 6,5 Millionen, inzwischen sind es fast acht Millionen – Tendenz weiter steigend. Damit hat Inter mehr Zuspruch als jeder andere Klub aus NFL, MLB, NHL und MLS. Fehlt jetzt nur noch der sportliche Erfolg.

Verwendete Quellen:

  • transfermarkt.de: Major Leauge Soccer
  • theathletic.de: Phil Neville über die Arbeit für David Beckham, Messi nach Miami, Auf-/Abstieg in der MLS und mehr
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