Erling Haaland schoss Manchester City zu drei großen Titeln. Dem Weltverband Fifa reichte das Triple nicht. Kann man die Fifa-Wahl noch ernstnehmen?

Eine Kolumne
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Irgendwann muss man aufhören, den Fußballweltverband Fifa und dessen Präsidenten Gianni Infantino ernstzunehmen. Montagabend kam ein weiterer Eklat dazu: Lionel Messi wurde in London zum weltbesten Fifa-Fußballer gekürt - und nicht Erling Haaland, der Manchester City 2023 zu drei großen Titeln, Champions League inklusive, geschossen hatte. Wie blöd kann man sein?

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Die Fifa wird auf die Wähler verweisen, auf Trainer, Spieler, Journalisten. Man kann aber auch zurückfragen: Warum stand Messi überhaupt zur Wahl? Entscheidend war der Zeitraum vom 19. Dezember 2022 bis 20. August 2023 - da war die Weltmeisterschaft 2022 in Katar samt Argentiniens WM-Sieg längst vorbei und Messi antriebslos neben Kylian Mbappe bei Paris Saint-Germain beschäftigt.

Messi war ein großer Fußballer

Zuletzt drehte Messi in der MLS seine Kringel, sein Klub Inter Miami verpasste die Play-offs und wurde Vorletzter. Das kann man ihm nicht vorwerfen; er soll ja die Vermarktung ankurbeln. Aber Weltfußballer des Jahres? Als das Wahlergebnis bei der Zeremonie in London bekannt wurde, schwieg der Saal peinlich berührt. Das ist wohl das Problem. Keiner fragte: Habt Ihr noch alle Tassen im Schrank?

Es ist ja keine Frage, dass Messi ein großer Fußballer war. Die Betonung liegt auf: war. Dafür bekam er den Ballon d'Or von 2009 bis 2012 sowie 2015 und 2019, 2021 und 2023, dazu die vielen Fifa-Awards. Aber er ist jetzt Profi im Vorruhestand. Er selbst reiste nicht zur Ehrung an, weil der Menschenverstand Erling Haaland die Ehrung zugestand. Aber beim Norweger reichte der Fifa das Triple mit ManCity nicht.

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Es ist ein Irrtum zu glauben, dass nur der erfolgreichste Fußballer gewählt werden soll. Der Superlativ "beste" kann aber umgekehrt nicht bedeuten, dass nur derjenige mit der besten Ballbehandlung ausgezeichnet werden sollte. (Man würde dann ganz sicher Kandidaten in der 2. oder 3. Liga finden.) Der "beste Fußballer" heißt auch: Wie hat er das Spiel im Allgemeinen und das seiner Mannschaft im Besonderen auf höchster Stufe geprägt?

Und hier kommt Haaland ins Spiel. Er bringt als Stürmertyp nicht nur außerordentliche Qualitäten aufs Feld, die es in dieser Kombination (Tempo-Durchschlagskraft-Treffsicherheit) selten gibt. Man darf nicht vergessen: Obwohl Manchester City über die Jahre eine Milliarde Euro in den Kader investiert hatte, sprang kein Europapokal heraus. Erst Haalands Verpflichtung brachte den Durchbruch.

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FIFA hätte Einfluss nehmen können und sollen

Deswegen wurde Trainer Pep Guardiola aus voller Überzeugung zum weltbesten Trainer gewählt. Er suchte und fand die notwendigen Puzzlestücke, um die Champions League zu gewinnen. Erling Haaland war nicht nur das letzte, sondern das entscheidende Puzzlestück. Alle meinten: Er passt nicht zur Pep-Spielweise. Tat er am Ende doch. Und das lag entscheidend an Haaland selbst.

Er ballert die Premier League in Grund und Boden, veredelt sein Team in der Champions League und geht dann, wenn die persönlichen Ehren verteilt werden, leer aus, weil die verdiente Popularität eines Argentiniers die Faktenlage vernebelt? Ja, gewählt haben Fachleute. Aber die Fifa sieht sich als Hüter des Spiels. Sie hätte hier Einfluss nehmen können und sollen. Im Sinne des Spiels.

Über den Autor

  • Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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