Das 3:3 gegen die Ukraine war für die deutsche Nationalmannschaft ein Alarmsignal. Die DFB-Elf ist trotz des vielen Ballbesitz nicht dazu in der Lage, ein Spiel wirklich zu kontrollieren. Bundestrainer Hansi Flick führt das auf ein Kopfproblem zurück.
Morgen in einem Jahr beginnt die Europameisterschaft in Deutschland. Die DFB-Elf wird das Eröffnungsspiel in München bestreiten und soll eine Euphorie wecken, die an das Sommer-Märchen von der Heim-WM 2006 erinnert.
Das 3:3 gegen die Ukraine lieferte jedoch den Beweis dafür, wie weit die Mannschaft davon noch entfernt ist. Nach einer frühen 1:0-Führung gab die DFB-Elf das Spiel aus der Hand, lag zwischenzeitlich mit 1:3 zurück und vermieste den anfangs so gut gelaunten Fans die Stimmung. Die Gegentreffer wurden mit Pfiffen quittiert.
Schlimmer noch: Statt die Nationalmannschaft anzufeuern, feierten die Fans im Bremer Weserstadion lieber ihre Bundesligamannschaft und sangen: "Hier regiert der SVW." Ein klares Zeichen dafür, dass von einer EM-Euphorie noch nichts zu spüren ist.
Füllkrug fragte sich: "Was geht hier gerade ab?"
Lokalmatador
Dabei ist die Ursache des Problems offensichtlich. Deutschland tut sich schwer gegen Mannschaften, die tief verteidigen und auf Konter lauern. Gegen die Ukraine hatte die DFB-Elf 69 Prozent Ballbesitz und ein Torschussverhältnis von 16:5. Gebracht hat es wenig!
Ein Spiegelbild von der WM-Pleite gegen Japan
Der Spielverlauf erinnerte fast ein wenig an das erste WM-Gruppenspiel gegen Japan. Damals hatte Deutschland sogar 74 Prozent Ballbesitz und ging ebenfalls mit 1:0 in Führung, verlor aber aufgrund eines schwachen Defensivverhaltens mit 1:2.
Ähnlich problematisch war das nun gegen die Ukraine: Deutschland erwies sich als konter- und fehleranfällig. Die aus Nico Schlotterbeck, Antonio Rüdiger und
Die Bilanz spricht für sich: Deutschland hat nur drei der letzten neun Länderspiele gewonnen – und zwar gegen die Fußball-Zwerge Peru, Costa Rica und Oman. Selbst Nationen wie Ungarn, Japan und jetzt die Ukraine konnte die DFB-Elf nicht besiegen.
Henrichs will "nicht alles schlecht reden"
Kann sich Deutschland gegen viele Durschnittsteams, die einfach nur tief stehen und auf Fehler lauern, nicht mehr durchsetzen? "Wir sollten nicht alles schlecht reden", sagte der Außenverteidiger
Genau das scheint der DFB-Elf allerdings schwerzufallen. "Oft kommt das Gefühl auf, dass wir trotz sehr viel Ballbesitz das Spiel nicht kontrollieren", stellte Füllkrug fest. "Das sind kleine Unaufmerksamkeiten, die wir dann haben – unglückliche Situationen, in denen wir wachsamer sein müssen. Vielleicht müssen wir besser kommunizieren, sodass alles klar ist."
Ist also alles eine Frage der Abstimmung? Das Experiment von
Bundestrainer Hansi Flick weiß, dass die DFB-Elf noch längst nicht turnierreif ist, und deutete auf ein Kopfproblem hin: "Was ich im Training sehe, ist auf sehr hohem Niveau. Aber die Mannschaft verliert relativ schnell das Vertrauen in ihre Qualität, da müssen wir dran arbeiten, das am besten mit Siegen Stück für Stück wieder erspielen." Die nächsten Länderspiele gegen Polen am Freitag und Kolumbien am kommenden Dienstag bieten die Möglichkeit dazu.
Flick hofft auf Parallele zu 2006
Positiv ist immerhin, dass Deutschland trotz der drei Gegentore und der Pfiffe ins Spiel zurückfand. Vor allem der eingewechselte Kai Havertz sorgte für offensive Impulse, traf zum 2:3 und holte dann den Elfmeter zum 3:3 (Torschütze Joshua Kimmich) heraus. Ob solche Erlebnisse der Mannschaft im Hinblick auf die EM Mut machen?
Oder anders gefragt: Kann die deutsche Nationalmannschaft in den kommenden zwölf Monaten einen Entwicklungsprozess einleiten, um die Nation bei der EM doch noch zu begeistern?
Ein Beispiel aus dem März 2006 macht Flick Hoffnung: "Da hat man 1:4 in Italien verloren, es war eine wahnsinnig negative Stimmung. Trotzdem ist es (bei der WM drei Monate später, Anm.d.Red.) ein Sommermärchen geworden. Wir sind zeitlich noch etwas weiter davon entfernt, und wir wissen, dass eine Menge Arbeit vor uns liegt. Da bin ich auch überzeugt von der Mannschaft."
Der Auftritt gegen die Ukraine lässt allerdings die Frage offen, ob die Mannschaft derzeit von sich selber überzeugt ist.
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