Joachim Löw ist nach der Nullnummer gegen Frankreich zufrieden. Die Leistung der Nationalmannschaft gegen den neuen Weltmeister bestätigt den Bundestrainer in seiner Haltung, dass der Neustart mit bekanntem Personal gelingen kann. Das Interview mit Löw nach dem Spiel.
Die DFB-Elf hat nach dem blamablen Vorrunden-Aus bei der WM in Russland einiges gutzumachen. Gegen den neuen Weltmeister Frankreich reicht es im ersten Spiel nach dem Debakel allerdings nur zu einem torlosen Remis. Doch das beunruhigt Bundestrainer
Wie bewerten Sie die Leistung gegen den neuen Weltmeister?
Joachim Löw: Es war ein Spiel, das sehr von taktischen Elementen geprägt war. Es war uns bewusst, dass das Spiel unter besonderen Vorzeichen steht nach dieser enttäuschenden WM, und dass die Mannschaft wieder eine andere Einstellung, ein anderes Gesicht, ein anderes Verhalten zeigen musste. Das hat die Mannschaft getan.
Ich denke, wir waren im ganzen Spiel sehr gut organisiert. Wir sind nie in Kontersituationen gelaufen. Jeder einzelne Spieler ist zum jetzigen Zeitpunkt der Saison an die Grenze gegangen, hat die Zweikämpfe angenommen. Diese Tugenden waren zu erkennen.
Wäre nicht sogar ein Sieg verdient gewesen?
Wir hatten in der zweiten Halbzeit zwei, drei sehr, sehr gute Möglichkeiten, in Führung zu gehen. Viel mehr Möglichkeiten bekommt man gegen den aktuellen Weltmeister selten. Ich bin insgesamt absolut zufrieden, mit der Laufbereitschaft, mit der Kampfbereitschaft.
Sie haben
Das war für mich schon ein Gedanke nach der WM, weil wir im taktischen Bereich Maßnahmen ergreifen mussten, die Veränderungen mit sich bringen. Joshua Kimmich hat das in seiner Jugend schon gespielt. Jetzt hatten wir Zeit, das zu testen. Er war sehr präsent und sehr zweikampfstark. Er war viel am Ball und hat das gut gelöst. Es war sicherlich eine gute Lösung.
In der Viererkette spielten vier Innenverteidiger wie bei der WM 2014. Ist das eine Dauerlösung?
Anpassung und Flexibilität sind wichtig. Immer wird das nicht die richtige Lösung sein, weil es auch Mannschaften gibt, die mehr hinten drinstehen. Aber wir wussten, dass Frankreich mit Mbappé und später Dembélé über außen kommt und offensive Außenverteidiger und damit eine enorme Kraft nach vorne hat.
Daher war es heute das Richtige, mit einer stabilen Viererkette zu spielen. Immer oder dauerhaft wird das nicht der Fall sein.
Haben Sie heute schon die Eckpfeiler einer neuen taktischen Ausrichtung gezeigt?
Variabilität ist wichtig. Die haben wir auch schon vor der WM gehabt. Wir haben im Spiel gesehen, dass wir trotzdem viel Ballbesitz haben. Es war uns ja auch klar, dass wir viel am Ball sein werden, weil Frankreich sich nicht locken lässt.
Heute mussten wir die richtige Mischung finden. Wir durften uns nicht entblößen und in Konter laufen, was uns gegen Mexiko passiert ist. Das haben wir geschafft. Es wird auch Gegner geben, die weniger Klasse als Frankreich haben, da werden wir zwangsläufig in der gegnerischen Hälfte spielen.
Der Empfang der Fans war positiv. Wie haben Sie die Stimmung empfunden?
Das Publikum war sehr gut und hat uns von Anfang an unterstützt, trotz dieser WM. Das ist natürlich erfreulich. Aber ich habe schon gesagt, dass wir nach einem Spiel nicht alles einfach wieder vergessen. Natürlich müssen wir gute Ergebnisse erzielen.
Sie haben die Ex-Weltmeister in die Pflicht genommen. Fühlen Sie sich in Ihrer Treue bestätigt?
Ich habe schon gesagt, dass der Einbau von jungen Spielern auch ein Prozess ist. Das wollte ich nicht von heute auf morgen. Man hat gesehen, dass Verteidiger wie Mats Hummels, Jérôme Boateng oder auch ein Toni Kroos extrem wichtig sind. Es ist wichtig, solche Spieler in der Mannschaft zu haben, die mit ihrer Klasse dagegen halten können. Aber natürlich muss man nach und nach die Jungen forcieren, aber da haben wir auch Gelegenheit zu.
Welches Gefühl überwiegt bei Ihnen? Erleichterung? Genugtuung?
Wir haben ja unsere Analyse gemacht, und das Wichtige ist, dass man mit sich selber auch mal hart ins Gericht geht, wenn sowas passiert. Das ist auch der richtige Ansatz.
Ich bin heute zufrieden mit der Leistung der Mannschaft. Das ist aber auch meine Erwartung an die Mannschaft, diese Bereitschaft zu sehen, dass sich alle Spieler reinhauen, mal unabhängig vom Ergebnis, mal ein anderes Gesicht, ein anderes Auftreten zeigen. Deswegen bin ich zufrieden. Mit dem Ergebnis und dem Spiel kann ich sehr gut leben.
Aber hat nicht das Tempo nach vorne gefehlt?
Wir hatten in manchen Phasen auch viel Tempo. Timo Werner, Marco Reus und Thomas Müller haben das gut gemacht. Sie mussten auch in der Defensive arbeiten. Die Franzosen hatten eine wahnsinnige Wucht nach vorne. Wenn man vorne wartet, geht das in die Hose.
Welche personellen Veränderungen planen Sie für das Peru-Spiel am Sonntag?
Jetzt habe ich mir keine Gedanken gemacht über das Spiel am Sonntag. Aber es ist schon sehr wahrscheinlich, dass der eine oder andere Junge von Anfang an die Möglichkeit bekommt. (mgb/dpa)
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