• Bundestrainer Hansi Flick nominierte heute seinen ersten Kader.
  • Mit seinen Nominierungen hält der neue Bundestrainer alte Versprechen.
  • Gleich drei Neulinge sind ein Novum in der Geschichte der Nationalmannschaft.
Eine Analyse

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Die Messlatte hatte Hansi Flick selbst ganz nach oben gelegt. "Es ist wichtig, dass die besten Spieler Deutschlands auch für Deutschland spielen", sagte der neue Bundestrainer bei seiner ersten Pressekonferenz vor wenigen Wochen und kündigte an: "Die besten Spieler werden eingeladen. Wenn sie Top-Leistung abrufen, dann sind sie Teil dieser Mannschaft."

Flick geht eine heikle Mission an, mit unterschiedlichen Aufgabenfeldern: Er muss die Mannschaft nach Jahren des Zögerns und Zauderns wieder inhaltlich entwickeln, einen ebenso stringenten wie erfolgversprechenden Stil kreieren, die wichtigste Mannschaft des Landes zurück in die Weltspitze führen, bei der WM im kommenden und spätestens bei der Heim-EM in drei Jahren reüssieren - und seine Truppe endlich wieder mit ihren Fans versöhnen.

Nun hat Hansi Flick zum ersten Mal in verantwortlicher Position Spieler zur Nationalmannschaft eingeladen - und sich dabei an seine eigenen Vorgaben gehalten: Flick versucht einen sauberen Schnitt, so gut das eben unter den aktuellen Umständen - früher Zeitpunkt der Saison, Corona-bedingte Absagen - möglich ist.

Die drei Neuen überzeugten mit Leistung

Gleich drei Neulinge berief der Bundestrainer am späten Freitagnachmittag in das Aufgebot für die drei WM-Qualifikationsspiele gegen Liechtenstein, Armenien und Island - so viele wie kein anderer Bundestrainer oder Teamchef vor ihm. David Raum, Nico Schlotterbeck und Karim Adeymi dürfen auf ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft hoffen, ein 23-Jähriger, ein 21-Jähriger und ein 19-Jähriger. Das Trio wurde wenige Wochen vor dem EM-Desaster der "Großen" Europameister mit der U21, und das alleine ist schon ein klarer Fingerzeig.

Wobei Flick nicht nur nach Jugendlichkeit sortierte, sondern eben auch nach Leistung. Linksverteidiger Raum war in der letzten Saison mit 15 Torvorlagen einer der Garanten für den Aufstieg von Greuther Fürth in die Bundesliga. Schlotterbeck gilt nicht nur als eines der größten deutschen Talente in der Innenverteidigung, sondern ist schon jetzt in bestechender Frühform. Zuletzt legte der Freiburger unter anderem Dortmunds Erling Haaland an die Kette.

Adeyemi schaffte am Mittwoch mit Red Bull Salzburg den Sprung in die Champions-League-Gruppenphase und steht nach acht Pflichtspielen in dieser Saison schon bei sieben Treffern. Neben dem Trio sind dazu auch Ridle Baku und Florian Wirtz von der erfolgreichen U21-Mannschaft mit dabei. Flick wählte bewusst den größtmöglichen Kader und stockte auf 26 Spieler auf, um sich von den Neuen ein genaues Bild machen zu können.

"Der erste Kontakt ist etwas ganz Besonderes"

"Wir haben drei Spiele in wenigen Tagen. Deshalb wollen wir den einen oder anderen Spieler auch sehen", sagte Flick am Freitag. "Darunter auch einige, die vorher noch nicht dabei waren. Das freut mich umso mehr, weil der erste Kontakt immer etwas ganz Besonderes ist."

Während bei den Torhütern und in der Abwehr mit Ausnahme von Schlotterbeck das erwartbare Personal nominiert wurde, geht Flick im Mittelfeld und Angriff unter Umständen neue Wege. Zwar bleibt der Bayern-Block mit nun acht Akteuren der mit Abstand größte, aber Teenager wie Adeyemi, Wirtz und der ebenfalls 18-jährige Jamal Musiala geben der Mannschaft gerade in der Offensive schon eine andere, frischere Note.

Mit dem Abschied von Toni Kroos hat sich auch eine der letzten Konstanten des letzten Jahrzehnts aus der Nationalmannschaft verabschiedet und zugleich einer der verbliebenen Weltmeister von 2014. Nun sind nur noch Manuel Neuer und Thomas Müller übrig. Der eigentlich ebenfalls eingeplante Mats Hummels verpasst die ersten Länderspiele unter Flick wegen der Nachwehen einer Verletzung. Allerspätestens jetzt ist die Goldene Generation passé, soll sich unter der Anleitung der erfahrenen Spieler wie Neuer, Müller, aber auch BVB-Kapitän und Rückkehrer Marco Reus eine neue Riege bilden.

Ter Stegen bleibt gesetzt - Götze muss noch warten

Ganz wichtig war es Flick zu betonen, wie eng und intensiv die Kommunikation mit den jeweiligen Klubtrainern der Spieler gewesen sei. "Mir ist der Austausch mit den Trainern der Spieler auch wichtig, weil sie jeden Tag mit ihnen zusammen arbeiten. Diese Gespräche haben mir sehr viel bedeutet." Zudem zeigte Flick, anders als sein Vorgänger Joachim Löw, schon in den ersten Pflichtspielen und an den Bundesliga-Wochenenden viel Präsenz in den Stadien.

Insgesamt haben Flick und sein fast komplett erneuertes Trainerteam einen spannenden Kader berufen, der Fantasie und auch ein wenig Vorfreude weckt auf die anstehenden Spiele. Und der auf dem Papier eine gute Mischung aus alten Leitwölfen, jungen Sternchen und einer ordentlich gefüllten Riege aus ambitionierten Spielern mit Führungsanspruch wie Joshua Kimmich, Leon Goretzka oder Ilkay Gündogan darstellt.

Es bleiben, neben der Frage der neuen Hierarchie innerhalb der Mannschaft, noch einige kleinere Personalfragen: Marc-Andre ter Stegen dürfte wieder zurück sein, sobald der Keeper vom FC Barcelona wieder voll im Training steht. Mario Götze nominierte Flick nicht, obwohl der bei PSV Eindhoven langsam wieder an seine alte Form anknüpft und auf alle Fälle für die Zukunft wieder eine Option darstellen sollte. Äußern wollte sich der Bundestrainer dazu allerdings nicht - er wurde schließlich nicht gefragt: Flick trug seine Ansichten lediglich im Beisein von DFB-Mediendirektor Jens Grittner vor. Quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Verwendete Quellen:

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