Der Mensch an sich mag Änderungen ja nicht besonders. Das kann einem aber auch Angst machen, wenn plötzlich alles, was vorher so einwandfrei funktioniert hat, über den Haufen geworfen wird. Der neue Trainer des FC Bayern scheint das zu wissen. Pep Guardiola ändert zwar Dinge, allerdings tut er das sehr subtil und auf seine unaufgeregte, "heilsbringende" Pep-Guardiola-Art, sodass der Gegenwind bisher ausbleibt. Dabei war der Spanier, was Neuerungen betrifft, schon ziemlich fleißig - und das in ganz unterschiedlichen Aspekten des täglichen Bayern-Lebens.
Das Training
Hier ist ein Akribiker am Werk.
Jedes Trainingsspiel - und sei der Gegner noch so larifari - wird außerdem auf Video aufgenommen und bis ins kleinste Detail analysiert. Dafür hat der FC Bayern Lars Kornetka vom FC Schalke 04 losgeeist. Der 35-Jährige gilt als absolute Koryphäe auf dem Gebiet der Videoanalyse.
Die Trainingsbedingungen
Während die Änderungen im Training bisher eigentlich nur die Spieler betreffen, könnte ein anderes Vorhaben so manchem Fan etwas sauer aufstoßen. Denn der FC Bayern plant, auf den Wunsch von Guardiola hin, das Trainingsgelände an der Säbener Straße für die Öffentlichkeit blickdicht zu machen. "Wir sind wohl überhaupt der letzte große Klub in Europa, der noch öffentliche Trainingseinheiten abhalten lässt. Ich kenne das von Chelsea: Da fährst du erst einmal zwei Kilometer, und dann kommt da ein Zaun, der nicht einmal eine Maus durchlässt", gibt Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz-Rummenigge zu Protokoll, als er in der Pressekonferenz auf diesen Plan angesprochen wird. Und schiebt dann gleich hinterher, dass es sich ohnehin nur um den Einser-Platz handle, "damit die Mannschaft zum Beispiel Standardsituationen in Ruhe einüben kann".
Auch beim Rasen hat Guardiola ganz spezielle Vorstellungen. Schon zwei Monate bevor der FC Bayern in das Trainingslager nach Riva aufgebrochen war, hatte "Pep" zweimal in der Woche einen Bayern-Mitarbeiter zum Gardasee geschickt um den Rasen zu überprüfen. Auf einem weiteren Kunstrasenplatz ließ er kurzerhand echten Rollrasen verlegen, da ihm die Verletzungsgefahr ansonsten zu hoch war, schreibt die "tz". Blöd nur, dass Guardiola nach der Verlegung der Rasen plötzlich zu weich war. Ein Training des FC Bayern wird darauf nicht stattfinden.
Essen und Regeneration
Auch bei der Ernährung seiner Spieler versteht Guardiola keinen Spaß. Der Trainer will auf jeden Fall verhindern, dass sich seine Spieler falsch ernähren. In der Kabine bekommt jeder Spieler einen Bananen-Milchshake. Sobald das Trainingslager abgeschlossen ist und der FC Bayern wieder in München auf dem Platz steht, will Guardiola außerdem, dass die Mannschaft Frühstück und Mittagessen gemeinsam einnimmt. Unterstützung bekommt er dabei von DFB-Ernährungsberaterin Mona Nemmer, die im Auftrag des Spaniers Menüs für die Profis entworfen hat, die bereits jetzt in Kooperation mit dem Hotelkoch in Riva serviert werden.
Die Amateure
Guardiola verfolgt einen integrativen Ansatz. Noch nie hat ein Trainer derartig viele Amateurspieler mit ins Trainingslager genommen wie der Spanier. Fast 30 Akteure stehen in Riva zweimal täglich auf dem Platz. "Die Jugendlichen haben eine Leidenschaft und ich habe es vorgezogen, alle mitzunehmen", erklärt Guardiola in der Pressekonferenz. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass er sie alle in den Profikader aufnehmen wird: "Während der Saison liebe ich breite Kader nicht so sehr." Dennoch, Guardiola wird die Amateurspieler auf jeden Fall im Auge behalten. Das hat ihn wohl auch die Erfahrung beim FC Barcelona gelehrt, wo sehr viel Wert auf Jugendarbeit und Eigengewächse gelegt wird. Die jungen Spieler sollen mit dem neuen System aufwachsen.
Die Taktik
Über die Taktik wird wohl am meisten diskutiert - und das, obwohl Guardiola noch in seiner Antrittspressekonferenz den Journalisten die Worte "Das System ist egal" diktiert hat. Das Testspiel in Brescia hat bereits einen kleinen Vorgeschmack auf die neue Spielweise des FC Bayern geliefert. Die Doppel-Sechs mit Bastian Schweinsteiger und Javi Martínez gehört wohl endgültig der Vergangenheit an. Stattdessen präferiert Guardiola eine offensivere Ausrichtung. Ob er mit einem 4-1-4-1-System spielen oder doch auf eine Dreierkette setzen wird, steht dabei noch lange nicht fest. Er könne sich beide Varianten vorstellen, erklärt der neue Bayern-Trainer.
Sicher ist nur, so manch ein Spieler wird sich auf ungewohnten Positionen wiederfinden. Prominentestes Beispiel bisher: Franck Ribéry. "Er hat immer Außenstürmer gespielt, und die Freundschaftsspiele zeigen mir jetzt, ob Spieler auch auf anderen Positionen spielen können", sagt Guardiola. Bei Ribéry heißt das eventuell im Sturm. Und Mario Gomez wird umso glücklicher sein, dass sein Wechsel zum AC Florenz geklappt hat und er sich nun nicht auch noch mit dem Franzosen um einen Stammplatz streiten muss.
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