• Auch Hansi Flick, wäre er in entsprechender Position gewesen, hätte die Fußball-WM 2022 nicht nach Katar vergeben.
  • Deutlicher als jeder DFB-Funktionär zuvor prangert der Bundestrainer die im Gastgeberland herrschenden Zustände an.
  • Zugleich erklärt er, warum er mit dem Titel des Bundestrainers nichts anfangen kann.

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Zwei Monate vor Beginn der umstrittenen Fußball-WM in Katar (20. November bis 18. Dezember) hat Bundestrainer Hansi Flick in bisher einmaliger Schärfe die Vergabe des Turniers an das Emirat verurteilt. Die Frage nach der Richtigkeit des WM-Zuschlags für Katar "hätte schon viel früher beantwortet werden müssen - und zwar mit einem Nein!", sagte Flick in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag-Ausgabe).

An seiner Unterstützung für Kritik an den Bedingungen im Land der WM-Gastgeber und der Entscheidung des Weltverbandes FIFA für die Ausrichtung des Turniers in dem Wüstenstaat ließ der 57-Jährige keinerlei Zweifel bestehen: "Dass in Katar beim Thema Menschenrechte, beim Thema Nachhaltigkeit vieles nicht stimmt, ist ja offensichtlich."

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Hansi Flick spricht nie zuvor gehörten Klartext

So eindeutig wie nun Flick hat sich in den jahrelangen Debatten um die WM-Endrunde am Golf beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) noch kein Mitglied gegenüber den Gastgebern positioniert. Geschäftsführer Oliver Bierhoff verpackte in der Frage "Wie konnte die FIFA die WM in dieses Land vergeben?" seine Skepsis, und Verbandschef Bernd Neuendorf bezeichnete vor seiner für Oktober mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser geplanten Katar-Reise das Vergabe-Prozedere als "fragwürdig".

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Auch Flick hatte sich bis zu Wochenbeginn erst an die Thematik herangetastet und erst noch im August bedauert, "dass dieses Turnier keine WM für die Fans wird". Er habe viele Bekannte, sagte Flick vor Monatsfrist zur Begründung seiner Haltung, "die gerne nach Katar fliegen würden, es aber aus vielerlei Gründen unterlassen". Sie könnten sich die massiven Preise nicht leisten, die Situation etwa für Homosexuelle sei inakzeptabel, es gebe Menschenrechtsverletzungen, weil Minderheiten ausgegrenzt würden.

Seine klaren Aussagen bezüglich der Situation in Katar dürften Flicks Glaubwürdigkeit zusätzlich stärken. Ohnehin aber will der Nachfolger von Weltmeister-Macher Joachim Löw nicht in den Verdacht einer Selbstinszenierung kommen: "Ich bin", erinnerte der gebürtige Heidelberger in dem SZ-Interview, "auch als Cheftrainer bei Bayern München gut damit gefahren, mich so zu geben, wie ich bin."

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"Bundestrainer!" Flick hat mit seinem Titel ein Problem

Entsprechend empfindet der ehemalige Profi seinen offiziellen Titel "Bundestrainer" auch als unangenehm. "Ich mag das Wort nicht so sehr", meinte Flick: "Das klingt so groß, als käme da wer weiß wer..." Er wolle "einfach Hansi Flick" genannt werden. "Ich bin nicht der Chef, der sagt: Hier, arbeitet mal schön für mich, und am Ende greife ich alles Lob ab. Das wäre mir zu billig."

Er wird keineswegs als "Nachfolger" von Joachim Löw wahrgenommen. Bei aller Dankbarkeit und Lob setzt er sich auch mit Humor von seinem Vorgänger ab: Man werde ihn nicht am Strand joggen sehen, "das kann mir nicht passieren. Ich bin lieber im Fitnessraum".

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Sportlich legte sich der DFB-Cheftrainer für die WM schon vor den Nations-League-Spielen am Freitag (20:45 Uhr/ZDF) in Leipzig gegen Ungarn und drei Tage später (Montag/20:45 Uhr/ZDF) in London gegen England auf die Nutzung der erstmaligen Möglichkeit zur Nominierung von 26 statt wie bisher nur 23 Spielern fest. "Ich werde davon Gebrauch machen. Wir haben bei der Frauen-EM erlebt, wie schnell es zu Corona-Ausfällen kommen kann. Da ist man froh, wenn der Kader breiter ist." (SID/hau)

Neuendorf: Umsetzung der Menschenrechte in Katar "hakt"

DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat auf einem Kongress zum Thema Menschenrechte das WM-Gastgeberland Katar kritisiert und die FIFA in die Pflicht genommen. Katar habe zwar einige Dinge zur Verbesserung der Menschenrechte verbessert, allerdings hake es noch in der Umsetzung. Noch deutlicher wurde der 61-Jährige in Richtung des Fußball-Weltverbands. Die FIFA müsse ihre eigenen Grundsätze ernst nehmen und danach auch leben.
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