• Die Schweiz hat nach der 0:1-Niederlage gegen Brasilien das Weiterkommen ins Achtelfinale weiter in der eigenen Hand.
  • Torwart Yann Sommer lobt die Defensivleistung seiner Mannschaft, fordert aber eine Steigerung der Offensive.
  • Im dritten Vorrundenspiel gegen Serbien könnte ähnlich wie bei der WM 2018 ein politischer Konflikt eine Rolle spielen.

Mehr News zur Fußball-WM

Der Punktgewinn war zum Greifen nahe. Nur sieben Minuten der offiziellen Spielzeit haben gefehlt, um dem großen WM-Favoriten Brasilien ein Unentschieden abzuluchsen. Doch mit einem schnellen Kurzpassspiel wurde die kompakte Verteidigung auseinandergespielt, sodass der brasilianische Mittelfeldspieler Casemiro mit einem Traumschuss zum 1:0 vollenden konnte.

"Es war ein super Goal, ich denke, ich kann da nicht viel anders verteidigen", sagte der Verteidiger Manuel Akanji. "Aber wir müssten cleverer sein und das 0:0 über die Zeit bringen."

Statistisch war die Schweiz nicht so unterlegen, wie es vielfach ausgesehen hat. Die Mannschaft hatte immerhin 46 Prozent Ballbesitz. Auch die Passquote von 84 Prozent war fast so hoch wie der Wert der Brasilianer mit 88 Prozent. Der große Unterschied war allerdings: Die Schweiz bekam keinen Ball auf das gegnerische Tor.

Daher musste auch der Schweizer Verteidiger Silvan Widmer zugeben, dass der Qualitätsunterschied erkennbar war. "Man hat gesehen, dass sie spielerisch bessere Einzelspieler haben, aber als Mannschaft waren wir ebenbürtig. Wir haben versucht, außen die Spieler wie Vinicius zu doppeln. Das haben wir gut gemacht. "

Rieder ersetzte den verletzten Xherdan Shaqiri

Ein besonderes Lob richtet Widmer an die Außenbahnspieler: "Mit Vargas und Rieder haben zwei sehr Junge aufopferungsvoll gekämpft und das Herz auf dem Platz gelassen. Sie haben uns außen sehr gut unterstützt."

Der 20-jährige Fabian Rieder sprang für den am Oberschenkel verletzten Xherdan Shaqiri ein und absolvierte dadurch sein zweites Länderspiel. "Ich war ziemlich nervös, das hat man bei ein, zwei Aktionen auch gemerkt. Aber ich habe alles gegeben", sagte er später. Granit Xhaka bescheinigte dem Youngster eine "insgesamt gute Leistung."

Lob für die Defensive, Kritik für die Offensive

Der ARD-Experte und ehemalige deutsche Nationalspieler Bastian Schweinsteiger zollte der Schweiz viel Respekt für die Defensivarbeit, sah darin allerdings auch ein Problem: "Sie haben es defensiv gut gemacht. Aber es kostet viel Kraft, wenn man die Brasilianer immer wieder anlaufen muss. Deshalb sind sie auch fast gar nicht nach vorne gekommen. Sie mussten enorm viel verteidigen. Und hatten eigentlich keine richtige Torchance."

Torwart Yann Sommer stimmt dieser These zu. "Wir haben gut verteidigt, waren kompakt und haben nicht viel zugelassen. Aber im Ballbesitz haben wir den Ball zu schnell wieder verloren. Wir konnten für keine Entlastung sorgen. Dann ist es schwer."

Die Schweiz hat bei den ersten beiden WM-Spielen zwar nicht geglänzt, aber auch nicht enttäuscht. Beim 1:0 gegen Kamerun hatte sie sich nach einer schwachen 1. Halbzeit gesteigert und wurden mit dem Siegtreffer durch Breel Embolo belohnt. Brasilien hingegen war als WM-Favorit ohnehin nicht der Maßstab.

Schweiz darf gegen Serbien nicht verlieren

Doch das Wichtigste ist: Die Schweiz hat das Weiterkommen ins Achtelfinale weiter in der eigenen Hand. Gewinnt die Schweiz das letzte Gruppenspiel am Freitagabend (20:00 Uhr) gegen Serbien, steht sie im Achtelfinale.

Selbst ein Unentschieden würde genügen, sofern Kamerun nicht im Parallelspiel gegen die bereits qualifizierten Brasilianer mit zwei Toren Differenz gewinnt. Gewinnt Kamerun mit einem Tor Differenz, müsste Schweiz bei einem eigenen Unentschieden zwei Tore mehr schießen als Kamerun.

Heißt also: Die Schweiz muss offensiver auftreten als gegen Brasilien. "Das wird natürlich ein ganz anderes Spiel. Aber es wird ein sehr heißes Spiel, denn es geht um viel, es geht ums Weiterkommen für beide", sagt Sommer.

Die große Hoffnung ist, dass Shaqiri dann wieder einsatzbereit sein wird. "Er hat diese Genialität und kann für Überraschungsmomente sorgen, das hat uns heute gefehlt", sagt Trainer Murat Yakin.

Ein Spiel mit Vorgeschichte: Serben fühlten sich von Shaqiri und Xhaka provoziert

Das Spiel gegen Serbien hat eine Vorgeschichte. Bei der Weltmeisterschaft 2018 trafen die beiden Nationen bereits im zweiten Gruppenspiel aufeinander. Shaqiri und Xhaka sorgten mit ihren beiden Toren für den 2:1-Triumph und jubelten anschließend mit ineinander verschlungenen Händen, bildeten also die Silhouette des albanischen Doppelkopf-Adlers. Beide haben kosovo-albanische Wurzeln.

Dies wurde wegen des Serbien-Kosovo-Konflikts vielfach als Provokation aufgenommen. Der politische Hintergrund: Serbien erkennt den Kosovo nicht als Staat an und will seine frühere Provinz zurückhaben.

Serbien-Flagge heizt den Konflikt an

In den vergangenen Tagen kochte das Thema auch bei der Fußball-WM wieder hoch. Nach dem 0:2 gegen Brasilien tauchte ein Foto aus der Kabine der Serben in den sozialen Netzwerken auf. Darauf war eine Fahne zu sehen, die die Umrisse des Kosovo in den serbischen Farben mit der Botschaft "Niemals aufgeben" zeigt.

Der Fußballverband des Kosovo hat bereits Beschwerde bei der FIFA eingelegt. Ob der Konflikt Einfluss auf das Fußballspiel haben wird? "Es wird auf jeden Fall hitzig", sagt Sommer. "Aber wir konzentrieren uns auf uns, wir konzentrieren uns auf den Fußball."

Aus gutem Grund: In diesen 90 Minuten wird sich entscheiden, ob die WM für die Schweiz weitergeht oder nicht.

Quellen:
  • sportschau.de: Serbien empört den Kosovo mit Fahnenbild - FIFA ermittelt
  • srf.ch: Kämpferisch gut, spielerisch zu mutlos
  • football.ch: Der Klasse Brasiliens über weite Strecken entgegen gehalten
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.