Platz vier am Tourmalet, erneut stark bei einer weiteren Kletterei in den Pyrenäen: Deutschland hat in Emanuel Buchmann wieder einen Klassement-Fahrer der Extraklasse. Die deutsche Hoffnung auf einen Sieg bei der Tour de France lebt.

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Emanuel Buchmann war spät dran. Bei seiner furiosen Klettershow in den Pyrenäen vermochten ihn Geraint Thomas und Co. nicht zu stoppen, erst die Dopingkontrolle im Ziel brachte den Radrennfahrer in Verzug.

"Es war ein richtig geiles Wochenende. Wir sind in einer super Ausgangslage. Ich bin positiv überrascht von mir", befand Buchmann, der Radsport-Deutschland mit zwei vierten Plätzen am Tourmalet und in Foix Prat d'Albis vom ganz großen Wurf beim größten und bedeutendsten Radrennen der Welt träumen lässt.

"Es lief wieder sehr gut. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden", fügte der entkräftete und völlig durchnässte Buchmann nach seiner nächsten Berg-Gala am Sonntag hinzu. Erst nach der Dopingprobe durfte der 26 Jahre alte Ravensburger den Berg wieder hinunterfahren und zu seinem Mannschaftsbus im Tal von Foix.

Emanuel Buchmann aktuell stärkster deutsche Radfahrer

Mit Emanuel Buchmann hat Deutschland bei der 106. Tour de France plötzlich wieder einen starken Rundfahrer. Das erste Gesamtpodest seit Andreas Klöden 2006 wirkt mehr als realistisch. Dennoch bleibt Buchmann bescheiden.

"Die Top 10 sind immer noch das Ziel. Es wäre schön, wenn es mehr wird", sagte der aktuelle Gesamtsechste, der aber schon ein ordentliches Polster zwischen sich und die Verfolger ab Platz sieben gelegt hat.

Im Gelben Trikot, also an Position eins der Gesamtwertung, bleibt auch nach den schweren Pyrenäen-Teilstücken weiter Frankreichs Publikumsliebling Julian Alaphilippe, der am Sonntag aber auf Buchmann und weitere Top-Fahrer fast eine Minute Zeit verlor.

Ullrich: "Buchmann hat das Zeug zu einem echten Champion"

Buchmanns Team-Kollegen vom oberbayerischen Rennstall Bora-hansgrohe trauen dem Deutschen sogar mehr als Platz sechs zu. Weit mehr. "Er hat bewiesen, auf was für einem Niveau er ist. Mit ihm kann man definitiv die Tour gewinnen. Ich denke, er ist der nächste ganz große deutsche Star", lobte Gregor Mühlberger.

Marcus Burghardt sagte: "Wenn er das halten kann, kann er auf das Podium oder unter die ersten Fünf fahren." Und auch der einzige deutsche Tour-de-France-Sieger Jan Ullrich traut Buchmann den großen Wurf zu.

"Er fährt mit Courage und taktisch sehr diszipliniert. Es kommen noch sehr schwere Etappen. Dass er sich jedoch so im Kreis der Favoriten hält und auch beim Zeitfahren seine Klasse beweist, zeigt, dass er das Zeug zu einem echten Champion hat", schwärmte Ullrich gegenüber der "Bild am Sonntag".

Tour de France: Buchmann fährt bei zwei Bergetappen auf den vierten Platz

Am Sonntag hatten die Favoriten auf der 15. Etappe eine Gruppe ziehen lassen, der neben einigen starken Bergfahrern auch der Deutsche Simon Geschke angehörte. Der 33-Jährige fuhr mit Tagessieger Simon Yates aus Großbritannien bis in den Schlussanstieg, wurde dann aber abgehängt - im Gegensatz zu Buchmann.

"Ich habe die ersten Etappen Kraft gespart, nie etwas verschwendet, bin top in Form, und es läuft halt super", erklärte der Ravensburger seinen Erfolg, der mühelos mit der Weltelite auf den 2.115 Meter hohen Tourmalet hochgefahren war und etwa einen Kilometer vor Schluss selbst eine Attacke gesetzt hatte.

"Das war schon ein sehr gutes Gefühl", sagte Buchmann zu seinem famosen Ritt durch die Pyrenäen, der an Ullrich vor mehr als 20 Jahren erinnerte. Doch Vergleiche mit dem früheren Telekom-Star lehnt Buchmann ab. "Ich will in keine Fußstapfen treten", sagt er.

Die Freundin als Buchmanns Geheimrezept

Doch wer ist Buchmann überhaupt, den alle nur "Emu" nennen? Wo kommt er plötzlich her? Und wieso ist er so gut? Buchmann gab sein Tour-Debüt im Alter von 22 Jahren. Kurz zuvor hatte er völlig überraschend den deutschen Meistertitel geholt. Bei seinem Team Bora-hansgrohe wurde er behutsam aufgebaut. Nun kämpft er um das Gelbe Trikot. Auch der Hilfe seiner Freundin sei Dank.

Claudia Eder ist nämlich Ernährungswissenschaftlerin und war früher selbst im Bora-Team angestellt. Mit ihr als Ratgeberin hat der 26-Jährige keine Probleme mit seinem Gewicht. 62 Kilogramm bringt Buchmann bei 1,81 Metern auf die Waage - perfekt für das Hochgebirge. Früher sollen Fehler bei der Ernährung bessere Platzierungen verhindert haben. Doch das war einmal.

Buchmanns Traum vom Tour-Sieg

"Als ich Profi wurde, hätte ich nie damit gerechnet, dass ich bei der Tour vorne mitfahren kann", sagte Buchmann der "Bild" weiter. Doch genau dies ist eingetreten. Buchmann zählt zu den besten Fahrern bei der Tour.

Um sich seinen Traum vom Tour-Sieg zu erfüllen, muss der 26-Jährige aber in den sechs verbleibenden Rennen mehr als zwei Minuten Rückstand wettmachen. Schwierig, aber möglich.

So nah dran wie Buchmann war schon lange kein deutscher Radrennprofi mehr. Weiter geht es für die deutsche Hoffnung am Dienstag in Nîmes.

Verwendete Quellen:

  • bild.de: "Er hat das Zeug zum Champion"
  • Deutsche Presse Agentur
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