Früher spielte Markus Kuhn selbst in der NFL, heute begleitet er den American Football als TV-Experte für RTL. Im Interview mit unserer Redaktion verrät der frühere Spieler der New York Giants, was man über den bevorstehenden Super Bowl zwischen den Kansas City Chiefs und den San Francisco 49ers wissen sollte.
Herr Kuhn, warum zieht der Super Bowl die ganze Welt in den Bann?
Markus Kuhn: Der Super Bowl ist das größte Sportereignis der Welt. Das ist einfach ein cooles Ereignis. Es geht nicht nur um den Sport, sondern auch um das ganze Drumherum. Alle Stars und Sternchen wollen beim Super Bowl im Stadion sein. Und das sage ich nicht nur, weil ich in einer Football-Bubble lebe. American Football wächst in der ganzen Welt. Der NFL ist es gelungen, den Sport immer größer zu machen. In Amerika wurden alleine die Championship-Games (die Halbfinals, Anm. d. Red.) von 50 Millionen Menschen verfolgt. Auch in Deutschland waren die Einschaltquoten sehr gut. Und ich glaube, dass der Sport international noch weiter wächst.
Mahomes "bester Spielmacher der gesamten NFL"
Im Super Bowl treffen nun die Kansas City Chiefs und die San Francisco 49ers aufeinander. Was muss man als Laie über diese beiden Teams wissen?
Die Kansas City Chiefs haben mit Patrick Mahomes den besten Quarterback, also den besten Spielmacher, der gesamten NFL. Er stand mit seinem Team nun bereits zum sechsten Mal im Halbfinale. Das ist verrückt. Zweimal hat er den Super Bowl bereits gewonnen. Er könnte sich ein ähnliches Vermächtnis wie
Auf der anderen Seite stehen die San Francisco 49ers. Das ist ein echtes Traditionsteam, das den Super Bowl schon einige Male gewonnen hat, zuletzt allerdings in der Saison 1994. Aber sie standen in den vergangenen beiden Spielzeiten bereits im Halbfinale. Anfang 2020 erreichten sie den Super Bowl, verloren aber gegen die Kansas City Chiefs. Der bevorstehende Super Bowl ist also ein Rematch. Die 49ers sind sehr motiviert, diesmal zu gewinnen.
Über Patrick Mahomes haben Sie gerade gesprochen. Der Quarterback der San Francisco 49ers hingegen ist Brock Purdy, der beim NFL-Draft 2022, also der Talentziehung im American Football, erst an Position 262 und somit als letzter Spieler ausgewählt wurde. Wie ist es zu erklären, dass er nun als Spielmacher im Super Bowl steht?
Er wurde auf jeden Fall unterschätzt. Niemand hätte erwartet, dass er so stark sein würde. Er hat am College zwar bereits gut gespielt. Allerdings war er bei keinem allzu großen College. Seine Gegenspieler waren nicht so stark. Daher war es für viele Teams schwer einzuschätzen, wie gut er wirklich ist. Nun hatte er aber das Glück, bei einem guten Team mit einem guten Offensiv-System unterzukommen. Er hat sehr gute Mitspieler, ist aber auch dazu in der Lage, die Mannschaft selbst zu tragen. Das haben wir erst im Championship Game gesehen, als die 49ers gegen die Detroit Lions einen klaren Rückstand aufgeholt und letztendlich gewonnen haben.
Travis Kelce im Fokus
Selbst wer nicht allzu sehr an der NFL interessiert ist, hat in der jüngeren Vergangenheit sehr viel von
Travis Kelce ist aktuell der beste Tight End der Liga, sogar einer der besten Tight Ends aller Zeiten. Geht es um das Passempfangen, gab es auf seiner Position vermutlich nie einen besseren Spieler. Er hat in den Playoffs mittlerweile mehr Pässe gefangen als Jerry Rice, der als die Receiver-Legende schlechthin gilt. Auf dem Feld läuft es bei ihm richtig gut – und abseits des Feldes mit Taylor Swift offenbar auch.
Als ehemaliger Defense-Spieler dürften Sie vor allem auf die Verteidigung schauen. Welche Mannschaft hat die bessere Defense?
Die Defense der Kansas City Chiefs ist schon verdammt stark in diesem Jahr. Sie haben sehr viel Talent in der Verteidigung und zudem einen sehr erfahrenen Defensive Coordinator. Daher sehe ich die Chiefs hier leicht im Vorteil.
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Kein sicherer Sieg für Kansas City
Die Chiefs haben also den besten Quarterback der Liga, den besten Passempfänger aller Zeiten und die etwas bessere Verteidigung. Das dürfte bedeuten, dass Sie auf einen Sieg von Kansas City tippen …
Nein. Es ist zwar grundsätzlich mutig, in einem Playoff-Spiel gegen Patrick Mahomes zu tippen. Aber ich habe vor Ort gesehen, wie den 49ers im Halbfinale gegen die Lions der Comeback-Sieg gelungen ist. Die Chiefs hingegen haben ihr Halbfinale gegen die Baltimore Ravens relativ souverän gewonnen, aber sie hatten auch einen guten Gameplan. Schaltest du deren Quarterback Lamar Jackson aus, hast du die ganze Offense ausgeschaltet. Das funktioniert gegen die 49ers nicht, weil Purdy Mitspieler wie Deebo Samuel oder Christian McCaffrey hat, die ebenfalls für die entscheidenden Aktionen sorgen können. Daher glaube ich, dass die 49ers gewinnen.
Es ist immer noch eine absolute Seltenheit, dass Spieler von Deutschland aus den Sprung in die NFL schaffen. Warum ist das so schwierig?
Ich denke, dass man ganz unten im Nachwuchsbereich anfangen muss. Man müsste die Talente in Deutschland noch viel besser fördern. Letztendlich aber führt kein Weg daran vorbei, dass man auch als deutscher Spieler das amerikanische System durchläuft, wenn man in die NFL gelangen möchte. Ob nun Jakob Johnson, Sebastian Vollmer oder auch ich: Wir alle haben an einem US-College gespielt, bevor wir den Sprung in die NFL geschafft haben. Das ist unbedingt notwendig, um in der Liga einigermaßen erfolgreich zu sein.
Über den Gesprächspartner:
- Markus Kuhn (Jahrgang 1986) spielte in der German Football League (GFL) für die Weinheim Longhorns und in den USA an der North Carolina State University, ehe er in die NFL zu den New York Giants wechselte und dort von 2012 bis 2015 spielte. Im Dezember 2014 gelang ihm als erster deutscher Spieler ein Touchdown in der NFL. 2016 stand er noch kurzzeitig bei den New England Patriots unter Vertrag, ehe er seine Karriere beendete. Heute arbeitet er als TV-Experte für RTL und ist zudem für die NFL, deren Spielergewerkschaft und die New England Patriots im Bereich Internationalisierung tätig.
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